Ladekabel ade: Strom wird künftig gebeamt
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Stellen Sie sich einfach vor, Sie wollen ihr Smartphone, ihr Tablet oder ihre Digicam laden und benötigen kein Ladekabel mehr. Drahtlostechnologien wie der Mobilfunk, WLAN, Bluetooth oder NFC haben unser Leben schon gehörig beschleunigt und komfortabler gemacht. Selbst im Heimkino werden Klänge drahtlos übertragen. Einzig das Stromkabel ist uns noch geblieben. Dabei gibt es seit Jahren schon Technologien, mit denen Geräte wie Smartphones, Tablets oder Kameras drahtlos geladen werden können. Sogar Elektroautos könnten drahtlos aufgeladen werden.
eCoupled war der Anfang
2007 zeigte das US-Unternehmen Fulton Innovation auf der damaligen Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas erstmals seine Technologie eCoupled. Mit eCoupled konnte Energie drahtlos über sehr kurze Distanzen bis zu 2,5 Zentimeter übertragen werden. Drei Jahre später wurde die Technologie zwar unter dem Namen Qi marktreif, da sich die Industrie aber nicht an einen globalen Ladestandard einigen konnte, war der Erfolg überschaubar.
Qi wurde zum Standard des „Wireless Power Consortium“ (WPC), dem mittlerweile 180 Konzerne angehören, von Blackberry über Microsoft, Motorola, Samsung, Sony, Toyota bis hin zu Ikea.
Dass sich das WPC noch nicht durchsetzen konnte, hat vor allem einen Grund: Qi ist nicht die einzige Methode, mit der Geräte drahtlos geladen werden können. Die Power Matters Alliance“ (PMA) setzt ebenfalls auf die Induktionsmethode, das Bostoner Unternehmen WiTricity hat die Technologie „Rezence“ entwickelt. Rezence basiert auf Magnetismus, in der Ladestation ist eine Magnetspule eingebaut, die den Strom in die Spirale in einem entsprechenden Endgerät überträgt. Rezence ist auch die Technologie, auf die die „Alliance for Wireless Power“ (A4WP) setzt.
Kooperation statt Konkurrenz
Bei der diesjährigen CES haben nun zwei der drei Konkurrenten, die „Alliance for Wireless Power“ und die „Power Matters Alliance“ ein gemeinsames Konsortium gegründet (der Name steht noch nicht fest), um einen weltweiten Standard voranzutreiben und sich gemeinsam zu unterstützen. Beide Technologien sollen sich künftig „verstehen“ und kompatibel sein. Problematisch bei diesem neuen Konsortium ist, dass - abgesehen davon, dass es von diesen beiden noch kaum marktreife Produkte am Markt gibt – dahinter der US-Konzern Qualcomm steht. Der hat größtes Interesse, seinen Standard zum globalen Standard zu machen. Dann würde nämlich Qualcomm hohe Lizenzgebühren kassieren, so ein Hersteller, der die Technologie implementiert.
Offener Standard gefordert
„Unser Ziel ist, dass Qi ein globaler, offener Standard wird und von allen Herstellern genutzt wird“, erklärt der Sprecher des verbliebenen Konkurrenten, WPC, Paul Tyson im futurezone-Gespräch. „Unsere Produkte - wir haben bereits mehr als 600 Qi-zertifizierte Produkte im Handel - funktionieren schon und werden auch in Zukunft funktionieren.“ Motorolas Nexus 6 beherrscht den Qi-Standard, das Lumia 735 von Nokia, es gibt Handy- und Tablet-Hüllen, in denen der Drahtlos-Lademechanismus eingebaut ist, Ladepads, die sich in Bürotische und Arbeitsflächen in der Küche integrieren lassen, Drahtlosladegeräte für daheim und fürs Auto und dergleichen. „Die Produkte sind da, aber die Konsumenten wissen darüber noch zu wenig“, so Tyson.
Fakt ist, dass der Zusammenschluss der beiden Konsortien das Thema Drahtlos-Laden ankurbeln wird. Möglich ist auch, dass es im Laufe des Jahres gar nur noch ein Konsortium geben wird, die einfach das Thema „Drahtlos-Energie“ forcieren wird. Qualcomm-Manager Mark Hunsicker hat bei der CES betont, dass es bereits gemeinsame Gespräche gibt. Technisch wäre der Zusammenschluss möglich, die offene Frage ist, wie es mit der Offenheit des Standards ist. Denn die Konkurrenz schläft nicht, im vergangenen Jahr hat sich das Start-up Energous zu Wort gemeldet. Das hat die Radio-Frequenz-Technologie WattUp entwickelt, mit der Geräte sogar über eine Distanz von bis zu fünf Metern geladen werden können.
Bei der drahtlosen Energieübertragung (Wireless Power) wird Energie draht- und berührungslos von einem Gerät auf ein anderes übertragen und damit betrieben. Zwei Ansätze sind am verbreitetsten, die induktive und die magnetische Energieübertragung.
Induktion
Qi basiert auf Induktion, also auf einer Technologie, die man von Zahnbürsten oder Herden kennt. Bei der induktiven Energieübertragung wird in einer Spule im Sender durch Wechselstrom ein magnetisches Wechselfeld erzeugt. Der Empfänger, also das Gerät, hat ebenfalls eine Spule eingebaut, in der ein magnetisches Wechselfeld entsteht und Spannung entsteht, sobald man den Sender an einen Stromstecker ansteckt. Bei Qi wird zwischen niederer, mittlerer und starker Spannung unterschieden. Eine niedere Spannung benötigen Smartphones, eine hohe diverse Küchengeräte, wie ein Mixer.
Magnetisierung
Auf die sogenannte resonante magnetische Kopplung setzt die Rezence-Technologie der „Alliance for Wireless Power“. Bei dieser Methode wird ein Magnetfeld erzeugt, um Energie zu übertragen. Strom wird in einem Resonanzkreis induziert, wodurch ein Magnetfeld erzeugt wird, um Energie übertragen zu können. Rezence soll weniger störanfällig sein als die Induktion und auch weitere Lade-Reichweiten ermöglichen. WattUp von Energous wiederum basiert auf einer Technologie, die auf Radio-Frequenzen basiert und mit Wifi verglichen werden kann.
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