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MakeLoveNotPorn.tv revolutioniert Sexvideos

Porno-Videos, die ohne gängige (Frauen erniedrigende) Klischees auskommen? Online-Clips, die nicht durch grenzwertige Werbung, sondern Nutzergebühren finanziert werden? Ein Erotik-Portal, das die Darsteller zu 50 Prozent an den Einnahmen beteiligt? Weil man sich so etwas von etablierten Porno-Seiten wie YouPorn nicht erwarten könne, hat die britische Werbefachfrau und Internet-Unternehmerin Cindy Gallop (52) nichts anderes als die Revolution der Online-Pornobranche angesagt.

Der Hebel dazu: Ihr neues Portal MakeLoveNotPorn.tv, das das bisher bekannte Konzept von Sex-Videos sprichwörtlich auf den Kopf stellt. Die futurezone konnte sich den Web-Dienst, der derzeit noch in einer geschlossenen Beta-Phase steht, bereits von innen ansehen.

Sex wie im echten Leben
Die aktuell 13 Videos des Video-Portals bieten zwar explizite Sexszenen - doch sie zeigen den Geschlechtsakt so, wie Sex im echten Leben eben aussieht. Da ist etwa das Pornodarsteller-Pärchen Danny Wylde und Lily LaBeau, die sich beim privaten Sex gefilmt haben und dabei ohne bekannte Klischees auskommen.

Andere Darsteller bleiben anonym (die Gesichter werden nicht gefilmt) und versuchen, verschiedenste Sexualpraktiken authentisch darzustellen. Die derzeit 19.000 Betatester müssen 5 Dollar pro Video zahlen - der Clip kann dann drei Wochen lang so oft wie gewünscht abgespielt werden. Die Macher des Videos erhalten 50 Prozent dieser Einnahmen.

Gallop geht mit dem Video-Portal ein schwieriges Problem an. “Online-Pornos haben die Sexerziehung ersetzt”,

bereits auf der Netzpoltik-Konferenz re:publica im Mai 2012. Die falsche Darstellung von menschlicher Sexualität in diesen Videos hätte nicht nur fatale Auswirkungen auf die Jugend, sondern auch auf das Sexleben älterer. Männer könnten oft nur mehr beim Masturbieren einen Orgasmus haben. Ihr eigenes Liebesleben (Gallop spricht sehr offenherzig über ihre Bettgeschichten) hätte sie gelehrt, das Handlungsbedarf bestehe, weil viele jüngere Männer nur mehr versuchen würden, Pornostars nachzuahmen.

Mit MakeLoveNotPorn.tv will Gallop “realworldsex” im Internet anbieten, der sich nicht in gängige Kategorien einteilen lässt, sondern lieber mit Schlagwörtern wie “joyful”, “quickie”, “experimental” oder gar “wowiezowie” getaggt wird.

Videomacher an Einnahmen beteiligt
“Wir wollen Realword-Sex sozial akzeptiert machen, was sicher ein sehr großes Ziel ist”, sagt Gallop. Schon vor dem Start hätte sie hart kämpfen müssen. Weil PayPal nicht mit Firmen aus der Sex-Branche kooperiere, hätte man auf den Bezahl-Dienst Dwolla ausweichen müssen, und auch das Überzeugen von Investoren wäre sehr schwer gewesen.

“Wir versuchen, ein neues Geschäftsmodell, bei dem die Einnahmen geteilt werden und die Videomacher umso mehr verdienen, umso öfter ihr Content angesehen wird”, sagt Gallop. Und mit einem Augenzwinkern im Nachsatz: “Wer nichts zahlen will, der muss nur selbst Videos beisteuern und kann das damit verdiente Geld in die Freischaltung anderer Videos investieren.”

Wer selbst Videos hochladen will, muss verschiedene Richtlinien einhalten (Mindestalter 18 Jahre, keine Gewaltdarstellung, etc.) und die Freischaltung des Videos durch die Portal-Betreiber abwarten. Sollten illegale Inhalte wie Kinderpornografie hochgeladen werden, schaltet MakeLoveNotPorn.tv umgehend seine Rechtsabteilung ein.

4chan-Gründer als Berater
Heute kann sich Gallop auf interessante Berater stützen: Neben dem Psychologen Dan Ariely, Yahoo!-Designer Charlie Reeves und Jincey Lumpkin, die Macherin der Lesbenvideo-Seite JuicyPinkBox.com steht ihr niemand anderer als 4chan-Gründer Christopher “moot” Poole zur Seite. “Der Zustand der heutigen Pornografie ist schrecklich und mlnpTV wird ihn reparieren”, sagt Poole - also jener junge New Yorker, auf dessen Webseite regelmäßig sehr explizite Pornofotos gepostet und oft von den Administratoren wieder gelöscht werden müssen.

Wer sich für MakeLoveNotPorn.tv interessiert, kann sich für einen Beta-Invite hier anmelden.

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Jakob Steinschaden

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