Kirchenstaat

Neues Vatileaks: Hackerangriff und Misswirtschaft

Der Computer des obersten vatikanischen Wirtschaftsprüfers Libero Milone soll Ziel eines Hackerangriffs gewesen sein. Zugleich veröffentlichen zwei italienische Journalisten diese Woche Bücher zum heiklen Thema der Geldverschwendungen und Misswirtschaft im Vatikan. Papst Franziskus dürfte sich nun mit einem neuen Skandal auseinandersetzen zu müssen.

Die Ermittlungen der vatikanischen Gendarmerie laufen bereits auf Hochtouren - noch vor Veröffentlichung der neuen Dokumente. Verdächtige gibt es laut italienischen Medienberichten innerhalb der Kurie. Die Ernennung Milones zum obersten Wirtschaftsprüfer ist Teil der von Papst Franziskus eingeleiteten Kurien-Reform. Er soll die Finanzen sämtlicher Dienststellen im Kirchenstaat überprüfen. Der Angriff auf Milones Computer erfolgte wenige Tage vor der Erscheinung zweier heikler Sachbücher, die bisher unveröffentlichte Dokumente über die vatikanischen Finanzen enthalten. Der Verfasser eines der Bücher ist der bekannte italienische Investigativjournalist Gianluigi Nuzzi.

In der Affäre um geheime Dokumente über Finanzmissstände im Vatikan, die Journalisten zugeschanzt worden seien, sind im Vatikan zwei Personen festgenommen worden. Dabei handelt es sich um den spanischen Prälaten Lucio Angel Vallejo Balda und um die 2013 von Papst ernannte Vatikanberaterin Francesca Chaouqui.

Kreuzweg

"Via Crucis" heißt Nuzzis neues Werk, das am Mittwoch vom Verlag Chiarelettere in Italien veröffentlicht wird und am selben Tag in mehreren Sprachen erscheint, darunter auch auf Deutsch im Salzburger Ecowin-Verlag. "Alles muss ans Licht - Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes", lautet der Titel im deutschsprachigen Raum. Die Veröffentlichung des Buches wird mit großer Spannung erwartet, denn Nuzzi ist für seine brisanten Werke über Intrigen und Machenschaften im Vatikan bekannt.

2009 veröffentlichte Nuzzi "Die Vatikan AG", ein Sachbuch über die Ströme von Schmiergeldern, die durch die Vatikanbank IOR geschleust wurden. 2012 brachte er "Seine Heiligkeit" auf den Markt, das eine zentrale Rolle in der sogenannten Vatileaks-Affäre um die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente vom Schreibtisch Benedikts XVI. spielte. Spekulationen, wonach der ehemalige Kammerdiener Benedikts XVI., Paolo Gabriele, einer von Nuzzis Informanten gewesen sein soll, lässt der Journalist bis heute unkommentiert. Gabriele wurde damals wegen der Vorfälle zu 18 Monaten Haft verurteilt, allerdings kurz vor Weihnachten 2012 von Benedikt XVI. begnadigt.

Prasserei

"Ich hatte Zugang zu Tausenden von Dokumenten. Sie zeugen von einer unglaublichen Geldverschwendung durch die Kirchenführung. Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, diejenigen aufzuspüren und anzuklagen, die sich der Revolution von Papst Franziskus widersetzen", schrieb Nuzzi im Vorfeld der Präsentation seines neuen Werkes.

Der argentinische Papst bemühe sich um Transparenz und Kontrolle nicht offizieller Bilanzen, aus denen laut Nuzzi intransparente Operationen seitens der Vatikan-Verwalter klar hervorgingen. Diese Lage habe unter anderem Benedikt XVI. zum Rücktritt bewogen, behauptet Nuzzi.

Götzendienst

Veröffentlicht wird am Mittwoch auch das Werk "Avarizia" (Geiz) von Emiliano Fittipaldi, einem Journalisten des renommierten italienischen Nachrichtenmagazins "L'Espresso". Das Buch enthält Originaldokumente zum Thema Reichtum, Skandale und Geheimnisse im Pontifikat Franziskus'. Fittipaldi sammelte dank vertraulicher Quellen eine große Menge von Dokumenten zur Wirtschaftslage des Vatikans, unter anderem Bilanzen und Finanzberichte. Das Buch sei eine Fotografie des "Finanzimperiums" der Kirche in einer Zeit, in der Franziskus mit scharfen Widerständen bei seinen Bemühungen um eine einfachere und menschennähere Kirche konfrontiert sei.

Unermüdlich warnt der argentinische Papst vor der zerstörerischen Kraft des Geldes. Die Fixierung auf Reichtum bezeichnet er als "Götzendienst". Dabei kämpft er immer wieder gegen die "falsche Kultur", die nur Geldgier verbreite. Unter seinem Pontifikat ist eine tief greifende Umstrukturierung der skandalumwitterten Vatikan-Bank IOR in die Wege geleitet worden. Doch Franziskus' Bemühungen stoßen offenkundig auf immer stärkere Widerstände.

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