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Online-Einfluss: Haben Sie genug Klout dafür?

Zugang zur Business Lounge von Cathay Pacific Airways am Flughafen in San Francisco? Rabatt im Online-Shop Little Black Bag? Einen attraktiven Flirt-Partner bei Tawkify.com? Oder ein Zimmer-Uprade im The Palms Hotel in Las Vegas? Wer davon etwas haben will, tut gut daran, einen hohen Klout-Score zu haben. Ja, richtig gelesen: Der Web-Dienst Klout spielt Rating-Agentur für Social-Media-Nutzer und beziffert deren Einfluss mit einem Wert zwischen 1 und 100. Mit einem Score von 40 etwa darf man in die Lounge am SFO.

Klout-Punkte, 2008 von Joe Fernandez und Binh Tran in San Francisco erfunden, kann man allerdings nicht kaufen oder erben, sondern muss man sich ertwittern - eine “Demokratisierung des Einflusses”, wie die Betreiber versprechen. Denn der Web-Dienst greift die öffentlichen Profile des Kurznachrichten-Dienstes ab und errechnet aus Follower-Zahl, Erwähnungen und Retweets den Einflussgrad des Nutzers - übrigens auch ohne Zustimmung der Mitglieder. Denn wer sich zum ersten Mal bei Klout anmeldet, wird bemerken, dass über ihn schon vorsorglich ein Profil angelegt wurde. Etwa auch für Justin Bieber (Klout-Score 100), Barack Obama (94), Armin Wolf (63), Sascha Lobo (58) oder AnonAustria (55).

Weitere Vernetzung mit Social-Media-Diensten
Wer nicht sofort entrüstet den Löschbefehl an contact@klout.com schickt, dem versucht der Web-Dienst mit verspielten Tricks (a.k.a. Gamification) noch mehr Social Media aus der Nase zu ziehen. Kleine Belohnungen in Form von +K-Punkten (mit ihnen kann man andere Nutzer aufwerten) gibt es etwa für die Verknüpfung weiterer Profile wie Facebook, Google+, Foursquare, Instagram, LinkedIn, YouTube oder Flickr. Blogger werden mit der Anbindung an Wordpress, Tumblr oder eben Blogger gelockt, Klicktivisten zum Liken von Wohltaten (z.B. die UNICEF-Facebook-Seite) gebracht, und sowieso jeder soll seine Online-Kontakte ebenfalls zum Mitmachen einladen.

Während viele Nutzer bei Klout irgendwo zwischen 40 und 50 Punkten herumdümpeln, bildet sich an der Spitze eine Art “digitale Aristrokatie” heraus, wie sie

nennt. Silicon-Valley-Blogger wie Pete Cashmore (88), Robert Scoble (83) oder MG Siegler (74) lassen Machthaber wie Rupert Murdoch (71), Mark Zuckerberg (60) oder den Kreml (53) teilweise weit hinter sich. Die Klout-Anführer kann man aber getrost als Pseudo-Elite einordnen: Denn die Hälfte der laut Time Magazine einflussreichsten Menschen der Welt hat nicht einmal einen Klout-Score - keine Spur von Angela Merkel, Apple-CEO Tim Cook, Amazon-Chef Jeff Bezos oder Google-CEO Larry Page.

Schlechte Bewertung
Klout ist weit davon entfernt, echte Machtzentren und Einflusssphären identizifieren, geschweige denn richtig einstufen zu können. Außerdem hapert es im Detail: Twittert man im Urlaub einmal nicht, sinkt der Klout-Score, während Spambots mit vielen Retweets ihre Bewertung ständig steigern können. Deswegen verlassen sich die Betreiber nicht auf ihre kaum nachvollziehbaren Algorithmen und lassen Nutzer ihre Twitter-Kontakte bewerten, welcher von zwei gezeigten Kontakten einflussreicher ist.

Um Genauigkeit dürfte es den Betreibern - PeerIndex oder Twitter Grader beackern übrigens das gleiche Feld - allerdings ohnehin nicht wirklich gehen. Vielmehr stellen sie sich als neue Marketing-Kanäle zur Verfügung, über die Firmen die Nutzer mit speziellen Angeboten umschmeicheln können (z.B. Visitenkarten, Rabatt auf Unterhaltungselektronik, Tickets, etc.).

(Noch) kein Faktor im Job
In der Arbeitswelt, so befürchten viele, könnte Klout künftig ausschlaggebend für Jobs sein. Die Geschichte des Marketing-Spezialisten Sam Fiorella, der wegen Unkenntnis seines niedrigen Scores einen Posten nicht bekam, wird zur Warnung bereits eifrig zitiert.

Dass zumindest in Österreich nicht so heiß gegessen wie gekocht wird, zeigt die erste Reaktion eines österreichischen Personalberaters: “Es ist Schwachsinn, wenn man das verwendet. Man muss eine Person als Ganzes sehen”, sagt Judith Novak von Anova Human Ressources Consulting in Wien. “Das in einer Personalentscheidung einzusetzen, würde ich auf keinen Fall empfehlen.” Weiters sei es problematisch, sich auf Fremdbewertungen einer Person einzulassen, schließlich wäre die Berechnung des Klout-Scores nicht transparent. “Es ist wichtig, mit Menschen respektvoll umzugehen.”

Generell würde die Online-Reputation für Jobs, in denen eine Person sehr öffentlich auftritt, natürlich schon berücksichtigt werden. “Zu beurteilen, wie jemand auf einer Online-Plattform agiert, ist an sich in Ordnung”, sagt Novak. “Aber man muss das in einen Kontext stellen und sich auch das Alter, die Ausbildung, die Branche, den aktuellen Job etc. ansehen.”

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Jakob Steinschaden

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