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World Press Freedom Index

Reporter ohne Grenzen beklagt abnehmende Pressefreiheit

In dem am Donnerstag erschienenen Ranking der Reporter ohne Grenzen (ROG/RSF) stürzten nicht nur Konfliktstaaten wie die Ukraine (129. Platz) oder Russland (152) ab, sondern auch EU-Staaten wie Italien und Luxemburg. Österreich verbesserte sich um fünf Plätze auf Rang sieben.

Vor zwei Jahren nannte die Organisation wirtschaftlichen Druck auf Qualitätsmedien, die zu marktorientierte Presseförderung und politische Einflussnahme auf den öffentlichen Rundfunk als Grund für die niedrigere Einstufung Österreichs. Der Aufschwung im vergangenen Jahr wurde nicht näher kommentiert.

Angeführt wird das Pressefreiheits-Ranking auch heuer wieder von nordischen und Benelux-Staaten. Den ersten Platz konnte Finnland halten, es folgen Norwegen und Dänemark.

Anklagen gegen Whistleblower

Maßnahmen im Anti-Terror-Kampf führten in vielen Ländern des Westens zur Reduktion der Pressefreiheit. Unter dem Titel "'Demokratien' beuten Terrorismus aus" kritisiert ROG unter anderem die USA (49), Frankreich (38) und Großbritannien (34). Als deutliches Beispiel wird der "New York Times"-Journalist James Risen erwähnt, dem nach eigenen Angaben mit Inhaftierung gedroht wurde, wenn er nicht unter Eid seinen Informanten verraten würde. Insgesamt acht sogenannte Whistleblower, darunter auch Chelsea (früher: Bradley) Manning, wurden unter US-Präsident Barack Obama wegen Spionage angeklagt.

Massenüberwachung

In Europa sind Frankreich und Großbritannien laut ROG "die Schlimmsten" in Bezug auf Massenüberwachung. Ein im vergangenen Jahr erlassenes Gesetz reduziere den rechtlichen Schutz von Journalisten in Frankreich und erlaube die Zensierung von Webseiten ohne richterlichen Beschluss, heißt es in dem Bericht. Auch in Großbritannien hatte die Möglichkeit der Überwachung Missbrauch zur Folge. Demnach holte im vergangenen Jahr die britische Polizei detaillierte Daten zu Telefonabrechnungen von 1.700 Mitarbeitern des Medienkonzerns News UK ein.

In der Europäischen Union sieht ROG vor allem die im Zuge der Finanzkrise erstarkten Populisten als Gefahr für die Pressefreiheit. Ungarns (65) rechtskonservativer Regierungschef Viktor Orban setzte unter anderem durch die Einführung einer Werbesteuer seine "Jagd auf die unabhängigen Medien" fort. Eine Internetsteuer konnte gerade noch abgewendet werden.

Frankreichs rechtsextreme Front National (FN) verbietet bestimmten Journalisten, an ihren Veranstaltungen teilzunehmen. Ähnlich verhält sich Beppe Grillos populistische Fünf Sterne-Bewegung in Italien.

Italien (73) gehört neben Griechenland (91), Bulgarien (106) und Luxemburg (19) auch zu den EU-Sorgenkindern von ROG. Schuld an dem Absturz des österreichischen Nachbarlands von 24 Plätzen auf Rang 73 ist dem Bericht zufolge die Bedrohung durch die Mafia. Zwölf Journalisten befinden sich derzeit unter Polizeischutz.

Einfluss von Regierungen auf Medien "Realität"

Scharfe Kritik üben ROG dabei an dem Regelwerk der EU. Der Einfluss von Regierungen auf Medien sei in vielen EU-Mitgliedstaaten "Realität". Die EU entwickelte jedoch keine Mechanismen, die eine Abnahme der medialen Vielfalt verhindern würde, wie es unter anderem in Ungarn der Fall sei. Auch gebe es keine Richtlinie zu der Verteilung von nationalen Presseförderungen oder zur Sicherstellung der politischen Unabhängigkeit staatlicher Medien.

"Schwarze Löcher"

International haben bewaffnete Konflikte im vergangenen Jahr auch Journalisten erneut vor große Herausforderungen gestellt. Die sunnitische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien (177) und im Irak (156) strafen "feindliche" Reporter mit dem Tod. Die dort herrschende Gefahr mache eine unabhängige Vor-Ort-Berichterstattung fast unmöglich, Propaganda und "schwarze Löcher" wären die Folge, heißt es in dem Bericht weiter.

Harte Kritik gab es auch an dem Umgang der Polizei mit Journalisten bei Demonstrationen und umgekehrt. Dabei nennt ROG unter anderem den Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas bei Demonstrationen ein Jahr nach den Gezipark-Protesten in der Türkei (149) und das Vorgehen gegen Journalisten Muslimbrudernahen-Medien in Ägypten (158). In den USA wurden die Festnahmen im Zuge der Anti-Rassismus-Proteste beanstandet.

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