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Future of Television

Second Screen: Mehr als Schauspieler googeln

Wie Bluefin Labs festgestellt haben, wurden in den USA im Jahr 2011 189 Millionen Social-Media-Kommentare zu TV-Sendungen abgegeben. Im Jahr 2012 waren es bereits 874 Millionen Kommentare, was einer Steigerung von 363 Prozent entspricht. Anfang Juli etwa wurden während des Herren-Finales in Wimbeldon zu Spitzenzeiten 2000 Tweets pro Minute gezählt und rund um das Champions-League-Finale wurden insgesamt sogar 4,8 Millionen Tweets gesendet. Beim Schlusspfiff wurden 117.601 Tweets pro Minute registriert.

Second Screen Nutzung
Eine breit angelegte Studie von Tomorrow Focus Media zeigt, dass ein Bildschirm allein nicht mehr ausreicht. Rund die Hälfte der Befragten nutzt bereits täglich einen weiteren Screen während des Fernsehkonsums.

Diejenigen, deren Nutzung des Second Screen sich direkt auf die gesehene Sendung bezieht, interessieren sich vor allem für Informationen über die aktuelle Sendung oder die mitwirkenden Schauspieler. Sie suchen nach Antworten auf Fragen, etwa parallel zur Millionenshow, oder informieren sich über gerade gesehene Produkte. Außerdem zeigt sich, dass sich die Second-Screen-Nutzer von speziellen TV-Apps exklusive Informationen, Social-Media-Integration, Live-Quizzes und Wettbewerbe erwarten.

Automatische Inhaltserkennung
Ausgereifte Second-Screen-Anwendungen bieten weit mehr als nur die Einbindung von Twitter-Kommentaren und Informationen zu den Schauspielern. Mithilfe von Automated Content Recognition (ACR) wird das Tonsignal beim Zuschauer mit den Satellitensignalen abgeglichen. So weiß die App welche Sendung gerade gesehen wird und mit welcher Verzögerung das TV-Signal im Wohnzimmer ankommt. Dies ermöglicht die sekundengenaue Einblendung von Inhalten, die exakt mit dem Fernsehprogramm abgestimmt sind.

Interaktives Fernseherlebnis
Bei Casting- oder Game-Shows etwa, könnte diese Synchronisierung ein völlig neues Fernseherlebnis bieten. Das Voting bei Casting-Shows wäre nicht mehr ausschließlich per Telefon oder SMS möglich, sondern auch über die Second-Screen-App. Gameshows zum Beispiel könnten zu interaktiven Sendungen werden, bei denen das Publikum zu Hause vor den Bildschirmen mitratet. Die App könnte zeigen, wie viele Seher die Frage richtig beantwortet haben und unter den Teilnehmern Preise verlosen. Zusätzlich würden weiterführende Informationen zu den gestellten Fragen abrufbar sein. Bei Diskussionssendungen könnte die Interaktion via Second Screen zu einem Rückkanal für den Moderator werden. Umfragen und Abstimmungen, die am Second Screen durchgeführt werden, ließen sich in die Diskussionsrunde einbauen.

Weiterführende Features
Zur HBO-Serie "Game of Thrones" werden auf der Xbox via SmartGlass begleitende Hintergrundinformationen angezeigt. Wenn in der Serie ein Szenen- und Schauplatzwechsel stattfindet, werden parallel dazu der neue Standort und die Akteure am Second Screen visualisiert. Auch ohne Xbox SmartGlass bietet die begleitende Webseite ausführliche Erklärungen zu den dutzenden Handlungssträngen von "Game of Thrones".

Ähnliche Features werden begleitend zu den populären AMC-Serien "The Killing", "Breaking Bad" und "The Walking Dead" angeboten. Mit der Story-Sync-App oder auf der Website von AMC können Tatortfotos, Obduktionsberichte und Skizzen, die in der Serie nur kurz zu sehen sind, abgerufen werden. Zudem bietet die "Story-Sync-App" Quizze, Umfragen und die Möglichkeit Aussagen sowie Handlungen der Darsteller zu bewerten. Der US-Sender Showtime stellt ähnliche Apps zur TV-Serie "Dexter" bereit.

Statistiken bei Sportübertragungen
Bei Sportübertragungen bieten Second-Screen-Apps jede Menge Spielereien. Das Warten auf die Einblendung der Statistiken hätte durch derartige Anwendungen ein Ende, da sie direkt am Tablet oder Smartphone abrufbar sind. Außerdem könnten Zeitlupenwiederholungen heikler Spielsituationen am Second Screen gezeigt werden. Graphisch aufbereitete Informationen und Daten, die live aktualisiert werden, wären ein interessanter Mehrwert für die Fernsehzuschauer von Sportübertragungen.

Second Screen App zur Nationalratswahl
Die App des ORF zur Ski-WM in Schladming ging genau in diese Richtung. Mit mehr als 220.000 Downloads und über 22 Millionen Seitenaufrufen war die App ein voller Erfolg. Nach den positiven Erfahrungen mit der Ski-WM-App soll rechtzeitig zur Nationalratswahl im Herbst eine Second-Screen-Anwendung für Smartphones und Tablets erscheinen. Darauf sollen etwa Bezirksergebnisse und Details abrufbar sein, die am Mainscreen nicht dargestellt werden können.

Werbung am Second Screen
Im deutschsprachigen Raum ist der Markt für Second-Screen-Anwendungen noch kaum vorhanden. Das könnte sich aber bald ändern. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass der Second Screen zu werbelastig wird. Denn die Second-Screen-Apps sind nicht nur für die TV-Sender ein zukunftsweisender Schlüssel, um junges Publikum an sich zu binden, sie bieten auch neue Möglichkeiten für Werbung und sind ein zusätzlicher Kanal, um Werbebotschaften zu übermitteln.

Durch die Synchronisierung der App mit dem aktuellen Fernsehprogramm lässt sich punktgenaue Werbung auf den Second Screen schalten. Während ein Werbeblock läuft, können am Second Screen zusätzliche Informationen und ein Link zu den aktuellen Angeboten der eben gezeigten Produkte aufscheinen. Wenn etwa die Kandidatinnen von "Germany`s Next Topmodel" die Kollektion eines Modehauses vorführen, könnten am zweiten Bildschirm die Kleider zu sehen sein, die dann per Mausklick auch gekauft werden können.

Die App von wywy experimentiert in Deutschland bereits mit neuen Werbemodellen am Second Screen. Wer dort bei einer Sendung eincheckt, kommentiert oder weiterempfiehlt erhält Bonuspunkte. Diese Bonuspunkte können dann bei verschiedenen Online-Versandhäusern gegen Gutscheine getauscht werden. So will man einerseits den Nutzern das Interagieren schmackhaft machen und andererseits Werbekunden anlocken.

Personalisierte Werbung
Wer eine Second-Screen-App nutzt, Sendungen kommentiert, Serien bookmarked und sich an Ausstrahlungstermine für TV-Shows erinnern lässt, hinterlässt zwangsweise Spuren im Datendschungel, sodass sich ein Benutzerprofil erstellt lässt. Für Werbekunden ergibt sich auf diese Weise die Möglichkeit, zielgruppenspezifische Werbung zu schalten und eine breite Streuung zu vermeiden.

Wenn aber der Second Screen von Werbung überschwemmt wird und sich die Nutzer dadurch belästigt fühlen, besteht die Gefahr, dass der zweite Bildschirm schnell wieder zur Seite gelegt wird. Es muss ein Mittelweg gefunden werden, der den Usern gewisse Vorteile, wie etwa extra Rabatte oder exklusive Informationen bietet, damit alle von der Second-Screen-Nutzung profitieren können.

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Florian Christof

FlorianChristof

Großteils bin ich mit Produkttests beschäftigt - Smartphones, Elektroautos, Kopfhörer und alles was mit Strom betrieben wird.

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