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Vertragsänderungen

Servicepauschalen "kartellrechtlich bedenklich"

Nicht Smartphone, Tablet oder billigeres Roaming – der wahre Sommertrend der Telekom-Branche heißt Servicepauschale. Nach A1, UPC, Tele2 hat auch der kleine Mobilfunker Drei angekündigt, bei Neuanmeldungen und Vertragsverlängerungen 20 Euro pro Jahr zusätzlich zu verrechnen. Drei bietet im Gegenzug etwa eine kostenlose Technik-Hotline und keine Gebühren für das Sperren der SIM-Karte. Auch die anderen Unternehmen versprechen mehr Leistungen für ihre Servicepauschalen: A1 rechtfertigt die 15 Euro Zusatzkosten für seine Aon-Kunden (seit 1. Mai) mit Zusatzdiensten wie mehr Online-Speicherplatz, UPC und Tele2 bieten ab 1. August für zusätzliche 15 Euro etwa mehr Mailbox-Volumen. Auch auf Orange- und T-Mobile-Kunden könnten Servicepauschalen zukommen, beide Firmen überlegen derzeit eine Einführung.

“Eine Verbesserung des zu erbringenden Service ist keine festzustellen”, beschwert sich etwa Tele2-Kunde Peter F. “Was Tele2 jetzt als Verbesserung anpreist, hilft Tele2 vielleicht, ihren Verpflichtungen nachzukommen, nicht aber mir als Kunde.”

“Nicht konsumentenfreundlich”

Auch beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) sieht man die Vertragsänderungen kritisch. “Die Servicepauschalen sind nicht konsumentenfreundlich, weil die Tarife dadurch intransparent werden”, sagt VKI-Rechtsexperte Peter Kolba zur futurezone. Die Tarife der Anbieter seien dann nicht mehr vergleichbar, denn als Konsument müsse man ab jetzt immer ein Zwölftel der Servicepauschale zur Monatsgebühr dazurechnen, um wirklich zu wissen, wieviel man pro Monat zahlt. “Zivilrechtlich sind die Servicepauschalen nicht verboten”, so Kolba. Der VKI werde die Bewerbung der Preise aber genau beobachten, sollte diese irreführend sein, werde man klagen.

Überraschend ist der Zeitpunkt der Einführung für Kolba nicht. “Solche Änderungen kommen immer in der Urlaubszeit”, so der Rechtsexperte. Denn dann wären viele bereits im Ausland oder zumindest mit dem Kopf schon woanders.

Widerspruchsrecht
Kolba rät Bestandskunden, Rechnungen genau nach Ankündigungen zur Einführung der Servicepauschale durchzulesen. Wer die Preiserhöhung nicht akzeptieren wolle, hätte zwei Möglichkeiten: ein Monat Kündigungsfrist oder Widerspruchsrecht. Per eingeschriebenem Brief kann man der Servicepauschale widersprechen, der Anbieter kann den Kunden dann kündigen. Aber: Sollten sehr viele widersprechen, werden es sich die Mobilfunk- und Internetanbieter zweimal überlegen, massenweise zu kündigen, so Kolba.

Generell erlaubt das Telekom-Gesetz eine einseitige Preiserhöhung. Der Kunde bekommt in diesem Fall ein Monat Kündigunsgzeit eingeräumt - eine Möglichkeit, zu einem konkurrierenden Anbieter zu wechseln. “Die Einführung zusätzlicher jährlicher Grundentgelte ist rechtlich möglich. Aus Sicht der RTR ist diese Entwicklung aber unerfreulich, da die Teilnehmer dadurch mit immer komplexeren Tarifmodellen konfrontiert werden”, heißt es seitens der Rundfunk & Telekom-Regulierungs GmbH gegenüber futurezone. “Da der Betreiber immer vorab informieren und auch über die Handlungsmöglichkeiten des Kunden belehren muss, gilt: Immer alle Informationen, insbesondere auf der (Online-)Rechnung, aufmerksam lesen.”

“Kartellrechtlich bedenklich”

Für den einzelnen Konsumenten bedeuten sie ein bis zwei Euro zusätzliche Belastung pro Monat - die nicht unwesentlich ist. “Als Pensionsbezieher bleibt mir nur noch auf folgende Tatsache hinzuweisen: Die monatliche Gebührenerhöhung von 1,25 Euro entspricht der monatlichen Pensionserhöhung für 2011”, so Tele2-Kunde Peter F.. Die Branche hingegen macht mit den Kleinbeträgen in Summe mindestens 200 Millionen Euro Zusatzeinnahmen, wie

undOrf.atvorrechnen.

Für den VKI ist die fast zeitgleiche Einführung der Servicepauschalen bei vielen großen Telekomanbietern auch “kartellrechtlich bedenklich”. Bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sind die Servicepauschalen bereits am Tisch. Wie BWB-Sprecher Stefan Keznickl gegenüber futurezone sagte, seien bis dato “zwei, drei Meldungen von Privatpersonen” eingegangen. “Das befindet sich in einem ganz frühen Stadium, und wir schauen uns jetzt an, ob da was dran ist”, so Keznickl.

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Jakob Steinschaden

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