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Shitstorm: United zerrt Passagier aus überbuchtem Flug

Die US-Fluggesellschaft United Airlines hat einen Passagier gewaltsam aus der Kabine entfernen lassen, weil das Flugzeug überbucht war. Der Vorstandsvorsitzende von United, Oscar Munoz, entschuldigte sich für den Vorfall vom Sonntag. „Das ist ein Vorfall, der uns bei United alle ärgert“, sagte er laut Mitteilung vom Montag. Das Unternehmen werde sich an den betroffenen Passagier wenden.

Videos von dem Vorfall wurden im Internet millionenfach geklickt und zeigten, wie Sicherheitspersonal einen Mann über den Boden des Kabinengangs zum vorderen Ausgang des Flugzeuges zieht. Unklar ist, ob dieser dabei bei Bewusstsein war. Zudem blutete er im Gesicht, offenbar aus Nase und Mund.

United-Crew wollte mitfliegen

Die Fluggesellschaft hatte den Flug von Chicago nach Louisville (Kentucky) überbucht und bat Passagiere, den Flieger wieder zu verlassen, wie unter anderem die Zeitung „Chicago Tribune“ berichtete. Einer der Gründe war demnach, dass eine United-Crew dringend an Bord sollte, weil sie für einen Flug am nächsten Morgen in Louisville eintreffen musste.

Vier Freiwilligen, die eine Nacht länger in Chicago bleiben würden, habe die Fluggesellschaft eine kostenlose Hotelübernachtung sowie 400 Dollar Prämie geboten. Später habe United das Prämienangebot sogar auf 800 Dollar verdoppelt. Da sich aber keiner gemeldet habe, seien Passagiere per Zufall von einem Computer ausgewählt worden.

Videos gehen viral

Der dann gewaltsam hinausgezogene Passagier ging nicht auf das Angebot ein, mit der Begründung, er sei Arzt und müsse am nächsten Tag Termine mit Patienten in Louisville einhalten. Die Crew rief daraufhin die Flughafenpolizei (Department of Aviation Police). Er habe sich gewehrt und geschrien, jedoch ohne Erfolg. Im Video ist zu sehen, wie das Sicherheitspersonal nach dem Mann greift und ihn offenbar dabei auch schlägt.

@united @CNN @FoxNews @WHAS11 Man forcibly removed from plane somehow gets back on still bloody from being removed pic.twitter.com/njS3nC0pDl

Tyler Bridges (@Tyler_Bridges) 10. April 2017

Wie aus anderen Videos hervorgeht kehrte der Mann aber später zurück. Er lief benommen und sichtlich verwirrt durch die Gänge des Flugzeuges und sagte mehrmals „Ich muss nach Hause“. In einem späteren Video ist zudem zu sehen, wie er sich an einem Vorhang festklammert und mit blutverschmiertem Mund „Tötet mich einfach“ stammelt.

Kommunikator des Jahres sorgt für Shitstorm

Für Kopfschütteln sorgte vor allem die Kommunikationsstrategie von United. Die Fluglinie gab kurz nach Veröffentlichung der Videos ein Statement ab, wonach die Reaktion des Passagiers der Fluglinie „keine andere Wahl gelassen hat“. Ähnlich formulierte es United-CEO Munoz in einer Mail an seine Mitarbeiter, laut der die Crew „keine andere Wahl hatten, als die Sicherheitsleute zu rufen und den Kunden vom Flug entfernen zu lassen“. Kurioserweise gewann Munoz erst kürzlich eine Auszeichnung als „Kommunikator des Jahres“ vom Branchenmagazin PR Week USA.

Neben den Hashtags Bumpgate, flythefriendlyskies (das Motto der Fluglinie) und United dominierten auf Twitter zudem die zahlreichen Videos, Fotos und Erzählungen der anderen Passagiere auf dem betroffenen Flug. Zudem wurde Reddit mit einer wahren Flut an Anti-United-Postings überzogen. Allein auf der Startseite waren rund die Hälfte aller Postings mit United-Bezug, auf dem Subreddit „r/videos“ bezogen sich die ersten 50 Videos allesamt auf negative Erfahrungen mit United Airlines. Zudem lehnte der Latenight-Moderator Jimmy Kimmel United Airlines öffentlich als Werbekunden ab.

Beamter beurlaubt

Die zuständige Behörde beurlaubte inzwischen bis zur Klärung der Vorfälle den Sicherheitsbeamten, der den Mann vor den Augen laufender Handykameras von seinem Sitz und durch den Kabinengang gezogen hatte. „Der Vorfall auf dem United-Flug 3411 war nicht im Einklang mit unserem standardmäßigen Prozedere“, hieß es in einem Statement der Flugsicherheitsbehörde in Chicago. Die Behörde sei mit den Handlungen nicht einverstanden.

Das Überbuchen von Inlandsflügen ist in den USA üblich. Die Fluggesellschaften rechnen auf vielgebuchten Strecken damit, dass pro Flug einige Passagiere nicht erscheinen und nehmen mehr Buchungen an, als Sitzplätze zur Verfügung stehen. Dennoch ist das „unfreiwillige Entfernen“ eher rar. Bei mehr als 613.000 geboardeten Fluggästen wurden lediglich 552 das „Boarding verweigert“. Das entspricht einem Anteil von 0,09 Prozent der Fluggäste. In den meisten Fällen nehmen sie die Angebote der Fluglinien an, die oft Gutscheine für Rabatte oder Freiflüge ausgeben. Lediglich bei 46 davon habe es sich um „unfreiwillige“ Fälle gehandelt.

Das zufällige Auswählen von Fluggästen, die das Flugzeug verlassen müssen, ist nicht unüblich. Dabei handelt es sich um das letzte Mittel der Fluglinie, die den Passagieren dann eine von den US-Behörden festgelegte Summe als Entschädigung bezahlen müssen, üblicherweise das Vielfache des Flugpreises.

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