Großbritannien

Twittern aus dem Gerichtssaal erlaubt

Das britische Justizsystem galt bisher nicht gerade als innovativ: Richter tragen seit Jahrhunderten bei den Verhandlungen Pferdehaarperücken und Journalisten war es bisher nicht erlaubt, Mobiltelefone, Kameras und Aufzeichnungsgeräte zu benutzen. Daran wird sich auch weiterhin nichts ändern - aber Twittern, das Verfassen von Kurzmitteilungen über das Internet, diese Errungenschaft moderner Kommunikationstechnologie, sollen Gerichtsreporter offenbar zumindest in Einzelfällen nutzen dürfen.
Denn der Richter des Obersten Gerichts von England und Wales, Igor Judge, befand am Montag, es sei unwahrscheinlich, dass der Gebrauch von unauffälligen, tragbaren und faktisch geräuschlosen Geräten zum Verfassen von Kurzmeldungen die Rechtsprechung behinderten.
Judge schien damit eine Entscheidung von Bezirksrichter Howard Riddle im Fall von Wikileaks-Gründer Julian Assange vom vergangenen Dienstag zu stützen: Riddle ließ nämlich zur allgemeinen Überraschung bei der Anhörung über den schwedischen Auslieferungsantrag Assange das Verfassen von Twitter-Meldungen erstmals ausdrücklich zu.
Medienexperten werteten dies umgehend als einen Meilenstein für die Pressefreiheit, nur um zwei Tage später mitzuerleben, wie ein anderer Richter bei der zweiten Gerichtsverhandlung mit Assange das Twittern wieder für unzulässig erklärte.

Umschwung
Judges jüngstes Machtwort könnte nun einen Paradigmenwechsel in britischen Gerichtssälen einläuten.
Judge erklärte nun, der Gebrauch von "Mobiltelefonen, kleinen Laptops oder ähnlicher Geräte mit der alleinigen Absicht, aktuelle Kurzmitteilungen über die Abläufe im Gerichtssaal zu verfassen", sei gesetzlich nicht verboten. Jedoch müssten Nutzer, die einen Einsatz von Kommunikationsgeräten erwögen, zunächst eine richterliche Erlaubnis einholen, schränkte Judge ein. Diese könne bei Strafprozessen verweigert werden, wenn ein Risiko bestehe, dass veröffentlichte Informationen Zeugen oder Geschworene beeinflussen könnten. Eine abschließende Festlegung der Regeln soll laut Judge nach internen Beratungen bekanntgegeben werden.

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(apa/dapd)

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