
Warum der Skandal um das Flüchtlingskostüm keiner ist
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Die Empörung war groß. Für 24 bis 36 Euro verkaufte ein britischer Anbieter auf Amazon Kinderkostüme, die Flüchtlinge aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs darstellen sollen. Bei einigen Versionen ist sogar eine Gasmaske inbegriffen. Auf Facebook, Twitter und Co. verbreitete sich am Wochenende ein Screenshot mitsamt Link zum Artikel - binnen kürzester Zeit wurden Dutzende negative Bewertungen hinterlassen.
Harte Kritik von Nutzern und Caritas
Empörung, die gerechtfertigt schien. Die Bilder des Faschingskostüms zeigen ein Mädchen mit einem ärmlichen Kleid in beige und braun. Ein Bub trägt auf dem Bild eine braune Pluderhose und Schiebermütze. Beide halten zwei kleine Koffer in der Hand. Viele User bezeichneten das Angebot als „menschenverachtend und geschmacklos“.

© Amazon
Britische Tradition
Doch wie Spiegel Online berichtet, steckt hinter dem vermeintlichen Skandal eine harmlose Erklärung. Das Flüchtlingskostüm wurde vom britischen Händler „Fancy Me“ angeboten, dem nach eigenen Angaben „größten britischen Online-Shop für Kostüme“. Dabei beschränkt man sich nicht nur auf die üblichen Anlässe, wie Halloween und Fasching, sondern bietet diese auch für Theatervorstellungen an Schulen sowie das Nachspielen von historischen Ereignissen an. In Großbritannien wird das Thema des zweiten Weltkriegs des öfteren auf anschauliche Art und Weise behandelt.
Darauf weist auch ein Amazon-Kunde in den Bewertungen des mittlerweile entfernten Artikels hin. "Der Ursprung dieser Kostüme ist England, wo es auch die meisten Abnehmer dafür gibt. In England gibt es sehr viele Tage in Grundschulen, die sich um historische Ereignisse drehen, zu denen sich dann die Kids passend kleiden sollen, um Geschichte besser erfahren zu können, dazu gehört auch tatsächlich ein "2. Weltkrieg Tag". Eltern sind diesbezüglich dankbar, dass sie dann solche Kostüme für die Kids einfach bestellen können."
Derartige Veranstaltungen gehören offenbar mittlerweile zum Unterricht an britischen Schulen dazu. So werden Schulausflüge angeboten, in denen die Kinder die Rolle von Evakuierten nachspielen und erfahren, wie das Leben in einem Luftschutzbunker im zweiten Weltkrieg ablief. Dazu verkleiden sich die Kinder auch meist typisch für diese Zeit. Mittlerweile gibt es sogar eigene Agenturen, die derartige Workshops mit Verkleidungen veranstalten. Die Original-Beschreibung des Kostümes von Fancy Me bestätigt, dass die umstrittenen Flüchtlingskostüme für derartige Anlässe gedacht sind. Hier ist auch von "Evakuierten" statt "Flüchtlingen" die Rede.
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