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2 Min 2 Mio: Nicht mehr als ein "Starmania" für Start-ups

Die zweite Staffel der Start-up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ ist vorbei. Und es ist gut so. Die Sendung war ein Erfolg, quotentechnisch betrachtet – Marktanteil bis zu 7 Prozent. Die Idee ist gut, die Sendung ist wichtig, bei der Umsetzung gibt es allerdings noch viel Luft nach oben.

Es ist gut, dass es die Show gibt, weil damit Awareness für das Thema Start-ups, Unternehmertum im digitalen Zeitalter und Gründerzeit geschaffen wird. Aber Events wie das anstehende Pioneers-Festival im Mai, die Crowdfunding-Plattform conda.at, oder dass Speed Invest 58 Millionen in heimische Start-ups investiert sind nachhaltiger und fairer.

Casting-Show

Ich habe in den vergangenen Wochen viele Start-ups getroffen, die nie und nimmer an dieser Show teilnehmen würden, was ich nachvollziehen kann. Ähnlich wie bei Musikshows nach dem Vorbild „Starmania“, „The Voice“ oder „DSDS“ geht es der TV-Station in erster Linie darum, eine Sendung für den Abend zu gestalten, wirklich einen Musikstar zu finden – das kann sich ergeben, muss sich aber nicht. So ist es bei „2 Minuten 2 Millionen“ – es gibt einige Start-ups, die in der Sendung erfolgreich waren, die wären/sind aber auch ohne Show erfolgreich. So wie es tausende Musiker gibt, die ohne Casting-Show die Hitparaden erobern. Darum: Gute Start-ups brauchen keine Start-up-Show! Die, die ins TV-Studio kommen, kennen die Investoren ohnehin schon.

Beispiel Speedinvest, der Venture Capital Fonds wurde bei der Show von Marie-Hélène Ametsreiter vertreten – Speedinvest nimmt pro Jahr mehr als 1000 Start-ups unter die Lupe, man kann davon ausgehen, dass die wissen, was sie erwartet. Die wirklich spannenden Start-ups kennen AWS (Austria Wirtschafts Service GmbH) oder die FFG (Forschungsförderungsgesellschaft). Viele Start-ups würde es ohne AWS und FFG gar nicht geben, weil sie von diesen Institutionen zu allererst mit Fördermitteln ausgestattet werden.

Die Mischung

Problem der Sendung ist die Mischung, bzw. die Mischung ist das eigentliche Problem der Macher. Denn im TV braucht man bunte Bilder, muss man die verschiedensten TV-Zielgruppen bedienen und Themen beleuchten, damit Männer, Frauen und Kinder gleichermaßen die Sendung sehen. Daher kommt es eben vor, dass sich ein Party-Zubehör-Online-Shop präsentieren darf, ein Tiersitter-Service Cnuddl, das nicht nur schnell kopiert werden kann, sondern dessen Geschäftsmodell auf äußerst wackeligen Beinen steht. Aber: Tiere kommen in der Sendung gut an. Auch Kinder – daher gab es das Jausenbox-Start-up HoppeBox und das Laufrad-Roller-Startup Scoot & Ride (übrigens ein Spitzenprodukt).

Realitätsfremd

Was am meisten verwundert ist, wie realtitätsfremd manche Start-up-Gründer mitunter sind. Bei der letzten Sendung stellte sich das Start-up „TaskWunder“ vor. 1000 Euro Umsatz macht das Unternehmen pro Monat und bewertete sich selbst mit 1,5 Millionen Euro. Da schüttelten nicht nur die Jury-Mitglieder den Kopf.

Mit der Bewertung ihrer Unternehmen hatten viele der Start-ups ihre Probleme – offensichtlich sind viele von einem „Whatsapp-wurde-von-Facebook-auch-um-Milliarden-gekauft-Virus“ infiziert. Bereits erwähnte Tiersitter-Plattform Cnuddl ist der Meinung, eine Million wert zu sein. Schönstes Beispiel war allerdings der BioImplant-Gründer Wolfgang Pirker, der in der ersten Sendung sein anatomisches, nicht-chirurgisches Zahnimplantat vorstellte. Abgesehen von seiner pampigen Art bleibt er der Jury und den Sehern wohl auch deshalb in Erinnerung, weil er für 5 Prozent seines Unternehmens 1 Million Euro wollte – sprich sein Unternehmen mit 20 Millionen Euro bewertete.

Wo bleiben disruptive Ideen?

Dennoch gab es bei „2 Minuten 2 Millionen“ auch gute Ideen, ob Möbel aus Karton, ein Frühgeburten-Simulator, das Fahrrad-Sicherheitssystem SenLight, die Häuser zum Mitnehmen von McCube, der Anti-Hangover-Drink Kaahee oder der Wuggl, ein Handy-Aufsatz, mit dem man in Kombination mit einer App das Gewicht von Schweinen feststellen kann. Es stellten sich einige spannende Start-ups vor, aber was ich vermisse sind disruptive Ideen, Produkte und Start-ups, mit denen die echten Probleme der Welt gelöst werden. Die wird es auch in einer dritten Staffel nicht geben, denn ein disruptives Start-up meidet das Format einer Casting-Show.

Ein Rasierklingen-Lieferservice (das sich übrigens auch mit 10 Millionen Euro bewertete?!) ist keine disruptive Idee. Schade um die drei Minuten, die es Zeit hatte, die Idee zu präsentieren. Verschenkte, vergeudete Zeit. Der Begriff „Rasierklinge“ kann durch einen x-beliebigen Begriff ausgetauscht werden – Zahnbürste, Windeln, Waschpulver oder schwarze Socken. Letzteres Abo-Service gibt’s schon seit 1999.

Querdenker

Was ich interessant fand, waren die drei Folgen „Querdenker“, die nach den ersten drei „2Minuten 2Millionen“-Staffeln gesendet wurden. Da waren spannendere Start-ups dabei als in der eigentlichen Start-up-Show. Was dort gestört hat, war, dass man erahnen konnte, welcher Mentoren-Schützling weiter kommen wird, weil gewisse Mentoren nicht bei einer Show mitmachen würden, bei der sie als Verlierer vom Bildschirmplatz gehen könnten.

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