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Kommentar

Drei-Orange-Deal: Der gefährliche Verhinderer

Österreich ist ein kleines Land, aber war als Testmarkt für den Mobilfunk stets interessant. Doch seit Jahren passieren Fehlentscheidungen. Die Größte: Es passiert praktisch nichts. Etwa beim neuen Mobilfunkstandard LTE, der theoretisch Download-Geschwindigkeiten von über 100 Mbit/s möglich macht. Zwar gibt es schon die ersten Netze bei A1, T-Mobile und auch Drei, doch von der Flächendeckung sind wir weit entfernt. Weil es die Regulierungsbehörde seit zwei Jahren nicht schafft, eine Frequenzversteigerung hinzukriegen.

Bitte warten
Die österreichischen Provider nutzen LTE derzeit im 2,6-GHz-Bereich. Die Versteigerung der Frequenzen im 800-MHz-Bereich soll erst 2013 erfolgen. Dabei war Telekom-Regulator Georg Serentschy im März noch überzeugt, dass die Neuausschreibung der österreichischen Mobilfunk-Frequenzen wie geplant im September über die Bühne gehen könne und er in der Ausschreibung sowohl Vorkehrungen für ein Drei- als auch für ein Vier-Bieter-Szenario treffen werde.

Stillstand
Im September ist nichts passiert. Es wird bis Ende des Jahres nichts passieren, sondern frühestens im Sommer 2013. Aber wenn sogar Regulator Serentschy diesen Zeitplan als „sehr sportlich" bezeichnet, kann man davon ausgehen, dass 2013 nichts passieren wird. Denn sportlich war man in der RTR in den vergangenen Jahren nicht wirklich.

Das sind im Vergleich nicht nur viele der andere EU-Staaten gewesen, sondern selbst die USA. In dem Land, in dem vor einem Jahrzehnt noch der Pager als das Non-plus-Ultra betrachtet wurde, ist man mit LTE mittlerweile weiter als in Europa und vor allem in Österreich.

Und die Situation in unserem Land wird noch schlimmer. Weil eine Bundeswettbewerbsbehörde glaubt, mehr Ahnung vom Mobilfunk zu haben, als wirkliche Experten. Es geht um den Orange-Drei-Deal.

Drei sind genug
Seit Jahren schon versichern die CEOs heimischer Handy-Betreiber, dass drei Mobilfunker in Österreich ausreichen würden. Nun ist es so weit, und plötzlich legt sich eine Behörde quer. Obwohl die EU den Deal – mit Bedingungen – abgesegnet hat. Obwohl das Kartellgericht grünes Licht gegeben hat. Obwohl die Linzer Wirtschaftsjuristin Christine Zulehner von der Johannes Kepler Universität Linz in einem Wirtschaftswissenschaftlichen Gutachten zum Schluss kommt, dass der Zusammenschluss von Telekom Austria/Yesss! wettbewerbsökonomisch zu befürworten sei.

Ungewöhnlich
Der Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde, Theodor Thanner, ist gegen den A1-Yesss!-Deal. Der Jurist, der u.a. in der Strasser-Ära Leiter der Rechtssektion im Bundesministerium für Inneres war, misstraut einem Gutachten hochkarätiger Experten, die vom Kartellgericht in Auftrag gegeben wurde. Die BWB spricht sich gegen die Übernahme aus und meinte sogar, sie sei bedroht worden. Von wem, wollte die Behörde allerdings nicht sagen. Der, der es behauptet hat, BWB-Sprecher Stefan Keznickl, konnte heute leider wegen Erkrankung nicht befragt werden.

Nicht im Sinne der Konsumenten
Warum die BWB dagegen ist, darüber lässt sich nur mutmaßen. Ist es ein Rekurs aus Eitelkeit, weil alle anderen Behörden anders entschieden haben? Oder tun die BWB und Thanner A1 einen Gefallen, weil er A1 in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation den Yesss!-Kauf ersparen will. Das Schlimme an der Bundeswettbewerbsbehörde ist, dass sie in der Causa der Mobilfunkehe so tut, als sei sie auf der Seite der Konsumenten. Wer aber ein bisschen eine Ahnung von Mobilfunk hat, weiß, dass dieser Rekurs Österreich einen nachhaltigen Schaden einbringen wird.

Vergangene Glanzzeiten
Vor gar nicht langer Zeit zählte Österreich zu den mobilen Vorzeigeländern. Nicht nur in Europa, weltweit. Wir waren eines der ersten Länder, in denen der damals neue Mobilfunkstandard UMTS, auch als 3G bezeichnet, eingeführt wurde. In Österreich wurden so innovative Produkte wie Handy-Parken oder das Handy-Ticket für Öffis angeboten. Dienste, für das der Betreiber A1 sogar internationale Auszeichnungen beim Handy-Kongress erhielt.

Neben den Ländern in Nordeuropa gab es nirgendwo sonst als in Österreich so viele angemeldete Handy-Kunden. Verantwortlich dafür war natürlich auch, dass man hierzulande besonders günstig telefonierte, um die Tarife wurden wir von Handy-Kunden in anderen Ländern beneidet. Doch das war einmal.

Keine Innovationen
Natürlich telefoniert man nach wie vor in Österreich so günstig, wie fast nirgendwo sonst auf dieser Welt, doch die Innovationen bleiben aus. Weil Österreich auf dem mobilen Abstellgleis gelandet ist. Und selbst Hersteller machen einen Bogen um Österreich, wenn es darum geht, neue Geräte auf den Markt zu bringen. Zählten wir einst zu jenen Ländern, in denen Mobiltelefone und später Smartphones gleich beim Marktstart erhältlich waren, müssen die Österreicher wochen-, meist monatelang warten. Das ist unter anderem bei Apple der Fall oder mittlerweile auch bei Nokia. Deren Windows-Phone kommt irgendwann Anfang 2013.

Jobs in Gefahr
Tatsache ist, dass Orange nicht weiterbestehen kann, weil Orange Frankreich die Österreich-Tochter nicht mehr weiter finanzieren will. Legt sich die BWB weiter gegen den A1-Yesss-Deal quer, wird der gesamte Orange-Drei-Verkauf gefährdet. Dadurch sind nicht nur hunderte Jobs in Gefahr, sondern auch der Wirtschafts- und Innovationsstandort Österreich. Denn durch diesen Rekurs verzögert sich die Versteigerung der digitalen Dividende noch weiter. Durch diese Verzögerung gerät auch der Breitbandausbau ins Stocken, was wiederum Österreich als Technologiestandort uninteressanter macht.

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