Die Hacker von Anonymous haben die ungarische Verfassung nach eigenem Gutdünken "ergänzt"
Die Hacker von Anonymous haben die ungarische Verfassung nach eigenem Gutdünken "ergänzt"
© APA/HELMUT FOHRINGER

Anonymität

Auskünfte über deutsche Online-Rüpel nicht erzwingbar

Internetdienste müssen die Daten anonymer Nutzer nur bei Ermittlungen von Behörden oder zur Durchsetzung von Urheberrechten preisgeben. Eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten reicht dafür nicht aus, wie am Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied. In dem konkreten Fall scheiterte ein Arzt aus Baden-Württemberg mit der Forderung, Namen und Anschrift des Verfassers einer abträglichen Bewertung im Bewertungsportal Sanego zu bekommen. Der VI. Zivilsenat des Gerichts bekräftigte damit den Schutz der Anonymität im Internet. Die Anonymität dürfe nach den Bestimmungen des Telemediengesetzes (TMG) nur in wenigen Ausnahmen aufgehoben werden, begründete der Vorsitzende Richter Gregor Galke die Entscheidung des VI. Zivilsenats. Dazu gehören Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und der Schutz von Urheberrechten. „Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ist nicht genannt“, betonte Galke.

Die Entscheidung bedeutet, dass Privatleute bei abträglichen Behauptungen in Internet-Portalen keinen Anspruch darauf haben, von den Webseiten-BetreibernName und Adresse eines anonymen Verfassers zu bekommen. Mit diesen Daten könnten Betroffene zum Beispiel Schadenersatz bei einer Rufschädigung verlangen. Bei Straftaten können sie jedoch weiterhin eine Strafanzeige bei der Polizei stellen. Ermittelt dann ein Staatsanwalt und erwirkt eine richterliche Anordnung, müssen Internet-Dienste den Behörden die Daten eines anonymen Nutzers vorlegen. Daneben kann auch weiter ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden, damit der Internet-Anbieter die strittige Äußerung aus dem Netz nimmt.

Meinungsfreiheit geht vor

Mit der Entscheidung werde „der Schutz des Einzelnen gestärkt, im Internet seine Meinung kundzutun“, sagte der Mainzer Rechtsanwalt Jens Gmerek. Gmerek hatte das Unternehmen Sanego aus Dreieich bei Frankfurt während des Verfahrens vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht vertreten. „Die Betroffenen sind ja nicht schutzlos“, sagte Gmerek der Nachrichtenagentur dpa. „Wir haben jetzt nur die Hürde, dass sie bei strafrechtlich relevanten Äußerungen den Staatsanwalt einschalten müssen.“ Anders als bei der mündlichen Verhandlung am 3. Juni war der schwäbische Arzt diesmal nicht nach Karlsruhe gekommen. Seitens der Kanzlei, die den Kläger vor dem BGH vertrat, sagte Rechtsanwalt Jochen Höger, mit der Entscheidung werde „dem Betroffenen die Möglichkeit genommen, sich gegen nachweisliche Falschbehauptungen in solchen Foren zu wehren“.

Der klagende Arzt hatte erst vom Landgericht, dann auch vom Oberlandesgericht Stuttgart in allen Punkten Recht bekommen. Das Bewertungsportal Sanego mit Sitz in Dreieich bei Frankfurt folgte der Anordnung, die falschen Behauptungen über den Arzt aus dem Netz zu nehmen. Gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung legte Sanego aber Revision ein. Der BGH hob nun das Urteil des OLG Stuttgart vom 26. Juni vergangenen Jahres auf. Untere Instanten hatten zuvor unterschiedlich geurteilt: Das OLG Dresden hatte einen Auskunftsanspruch bestätigt, das OLG Hamm hatte dies jedoch verneint. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warnte vor unfairen Bewertungen im Schutz der Anonymität. „Bewertungsportale dürfen nicht zum Pranger werden“, erklärte der SPD-Politiker am Dienstag. Zwar seien solche Angebote für viele Verbraucher wichtig. Maas sieht aber die Betreiber in der Pflicht, abträgliche Bewertungen von Nutzern zu entfernen. „Verleumdungen müssen gelöscht werden. Wer andere beleidigt, muss strafrechtlich verfolgt werden“, erklärte der Minister.

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