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BKA-Verwirrspiel um Kill-Switch-Pläne

Der geplante "Kill-Switch" dementiert, herrscht im Bundeskanzleramt Uneinigkeit darüber, ob am Projekt Aus-Schalter gearbeitet wird.

Während Roland Ledinger, Leiter IKT Strategie des Bundes im Bundeskanzleramt, meint: "Der Aspekt, geplante Einschränkungen vorzunehmen, ist hier wohl nur ein äußerstes - um nicht zu sagen das letzte - Mittel und nicht die zentrale Maßnahme gegen Cyberattacken. Wir - das GovCERT im Bundeskanzleramt - sind natürlich primär bemüht gemeinsam mit CERT Vorsorge für eine reibungslose Funktionalität im Netz zu sorgen", will Faymann-Sprecher Leo Szemeliker von einem Kill-Switch gar nichts wissen: "Es wird in Österreich keineswegs an einer zentralen Internetabschaltung oder einem einfachen Kill-Switch gearbeitet. Die Aufgabe des GovCERTs und des nationalen CERTs ist, die Internet-Infrastruktur zu schützen und die Aufrechterhaltung des Betriebes zu gewährleisten. Im Falle einer nationalen Katastrophe nimmt das Bundeskanzleramt im Rahmen der Koordinationskompetenz seine Aufgaben im Bereich der strategischen Informationsinfrastrukturen wahr. Eine Abschaltung von Teilen oder die Gesamtabschaltung des Internets wäre im Rahmen des noch zu entwerfenden nationalen Krisen- und Katastrophenmanagements ein Schritt, dessen rechtliche und technische Grundlagen als mögliche ultima ratio erstens genau geprüft und gegebenenfalls zweitens der vollen demokratischen Kontrolle und öffentlichen Transparenz unterzogen werden müsste."

Rechtliche Grundlage
Im §89 des Telekommunikationsgesetzes ist jedenfalls eine Begründung zu finden, die in Ausnahmefällen einen Kill-Switch rechtfertigen würde:

(1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung den Betrieb von Telekommunikationsanlagen ganz oder teilweise oder für bestimmte Arten von Anlagen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit einstellen und die Benützung bestimmter Anlagen zeitweisen Beschränkungen unterwerfen.

(2) Bei einer Verfügung nach Abs. 1 ist unter Schonung der wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Betreibers vorzugehen; sie begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

Paragraf überholt
Laut BMVIT-Presserefernt Walter Fleißner wurde vom §89 bisher noch kein Gebrauch gemacht - "es gibt keine Erfahrung mit dem Vollzug". Auf Nachfrage der FUTUREZONE erklärt Fleißner: "Dieser Paragraf wurde in den Jahren 1993/1994 festgeschrieben und ist heute eigentlich veraltet. Sinn und Zweck des Paragrafen war es aus damaliger Sicht, die Möglichkeit zu schaffen, im Falle von Naturkatastrophen und einer Überlastung des Telefonnetzes Leitungen für die Krisenkommuniktion seitens der Behörden freizuhalten."

Zwar gilt der Paragraf auch heute noch, es gibt laut Fleißner jedoch keinen möglichen Anlassfall, in dem er Anwendung finden könnte. Gleichzeitig steht der Paragraf - obwohl längst überholt - aber auch nicht zur Diskussion. "Bisher hat sich niemand mit einer Erneuerung oder Überarbeitung beschäftigt."

Mehr zum Thema:

Der Kill-Switch für das österreichische Netz

(futurezone)


GovCERT Austria und CERT.at
GovCert ist eine Einrichtung des Bundeskanzleramts Österreich und betreibt in Kooperation mit CERT.at eine Plattform zur Prävention von Sicherheitsvorfälle im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien. Während GovCert dem Bundeskanzleramt Österreich unterstellt ist, ist CERT.at eine Initative der privat geführten österreichischen Domainregistrierungsstelle Nic.at.

CERT.at bietet Unterstützung bei Sicherheitsvorfälle, vorwiegend für kleine und mittlere Unternehmen. GovCERT kümmert sich hauptsächlich um Vorfälle im staatlichen Verwaltungsapparat und koordiniert Gegenmaßnahmen.

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