Bundestag beschließt Leistungsschutzrecht
Bundestag beschließt Leistungsschutzrecht
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Bundestag beschließt Leistungsschutzrecht

Bundestag beschließt Leistungsschutzrecht

Der Deutsche Bundestag hat eine Stärkung der Urheberrechte von Presseverlagen im Internet beschlossen. Mit den Stimmen von Union und FDP stimmte das Parlament am Freitag der Einführung eines besonderen Leistungsschutzrechts zu. Danach dürfen Internet-Suchmaschinen wie Google nur noch einzelne Wörter oder kleinste Textteile ("Snippets") von Presseerzeugnissen unentgeltlich anzeigen. Für eine weitergehende systematische Nutzung wird eine Gebühr an die Verlage fällig. Aus Sicht der Branche wird mit dem Gesetz ein wesentlicher Schritt zum Schutz von Verlegern und Journalisten getan.

Offen, wie klein "kleinste Textteile" sindÜber das Leistungsschutzrecht war jahrelang gestritten worden. So beschäftigte sich der Bundestag in insgesamt drei Expertenanhörungen mit dem Thema. Das Gesetz lässt allerdings offen, wie lang "kleinste Textteile" sind. Die Opposition kritisierte, die Koalition überlasse es den Gerichten, diese Frage zu klären. Den Suchmaschinen-Betreibern soll es über diese "Schnipsel" möglich sein, Zeitungsartikel kostenlos anzureißen. Dies ist etwa beim Dienst Google News der Fall, von wo Nutzer zu den eigentlichen Nachrichtenseiten weitergeleitet werden.

Für die Verlage hängt vom Urheberschutz im Internet viel ab, die Branche macht wegen der Digitalisierung einen harten Strukturwandel durch. So hatte der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, Matthias Döpfner, in einer Anhörung des Bundestags-Kulturausschusses gesagt, für ihn sei der Gesetzentwurf eine "Schicksalsfrage". Auch der Geschäftsführer des "Zeit"-Verlags, Rainer Esser, hatte gewarnt: "Wer jetzt gegen das Leistungsschutzrecht wettert, der wird in einigen Jahren vor den Ruinen der Presselandschaft stehen."

Gesetz kein Korrektiv für StrukturveränderungenIn dem Gesetzesentwurf heißt es allerdings, dass dieser nicht als gesetzgeberischer Schutz von überholten Geschäftsmodellen missverstanden werden dürfe: "Das neue Leistungsschutzrecht kann und soll kein Korrektiv für Strukturveränderungen des Marktes sein, auf die Presseverleger vor allem mit neuen Angeboten reagieren müssen." Kritiker des Gesetzes hatten unter anderem bemängelt, es mache eine sinnvolle Internetsuche unmöglich. Der von SPD und Grünen dominierte Bundesrat muss dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, kann es aber durch seinen Einspruch erheblich verzögern.

Der FDP-Rechtexperte Stephan Thomae sagte, mit " Snippets" seien Textausschnitte gemeint, die - ähnlich Miniaturen von Fotos - dazu dienten, das Suchergebnis zu beschreiben. Die Grünen kritisierten, die Suchmaschinen trügen keine Schuld an der Medienkrise. Der Gesetzesentwurf habe aber massive negative Folgen für das Urheberrecht und bei der Informationssuche.

Diskussion in WienDass das Thema Leistungsschutzrecht auch in Österreich hohe Wellen schlägt, wurde bei einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend in Wien deutlich. Während der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) eine faire Entlohnung der Nutzung von Zeitungsinhalten durch Suchmaschinenanbieter wie Google fordert, will das US-Unternehmern wiederum auf Kooperation setzen.

Konkret bezeichnete Anton Aschwanden, Google Policy Manager für Österreich und die Schweiz, das Leistungsschutzrecht als "Bedrohung des offenen Internet", auch weil aus seiner Sicht Lexika oder Blogger für Verlinkungen zur Kasse gebeten werden könnten. Ähnlich argumentierte Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell. Jahrelang hätten Verleger von Suchmaschinen profitiert: "Warum kommt die Forderung des VÖZ nach einem Leistungsschutzrecht jetzt?"

Auch Maximilian Schubert, Generalsekretär der Internet Service Providers Austria (ISPA), äußert sich kritisch gegenüber dem in Deutschland gefassten Kompromiss: "Ein derartiger Kompromiss wird beinahe zwangsläufig Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen - daher lehnen wir ihn aus Sicht der Internetwirtschaft ab. Wir befürchten dadurch vor allem Probleme für Start-Ups und sowie kleinere und mittlere Unternehmen".

"Verlage verdammen Google nicht"Laut VÖZ-Geschäftsführer Gerald Grünberger geht es um die Frage, ob "Content auch in Zukunft etwas wert ist oder nicht". Dadurch, dass die Werbeeinnahmen deutlich zurückgegangen sind und der Onlinebereich schwierig zu monetarisieren sei, müsste die Nutzung der Inhalte entsprechend abgegolten werden. Blogger und private Nutzer sieht er nicht betroffen.

"Die Verlage verdammen Google nicht", verwies Grünberger auf Verdienste des Suchmaschinenanbieters, der die "Bürger ins Netz" führe. Aber: "Wenn Dritte gewerbsmäßig Inhalte nutzen, muss ein entsprechender Anteil abgeführt werden." Vom in Frankreich erzielten "Gentlemen`s Agreement" zwischen Google und den Verlegern (der US-Konzern zahlt 60 Mio. Euro in einen Fonds zur Unterstützung von Onlineinitiativen der Verlage ein) hält der VÖZ-Geschäftsführer nichts. "Das sind für Google ja doch nur Peanuts. Wir wollen Rechtssicherheit in diesem Zusammenhang, was auch im Interesse von Google und den Nutzern sein muss."

Frage der Einnahmen im OnlinebereichGenau diese Sicherheit sieht Anschwanden aber gefährdet. "Was ist ein gewerblicher Nutzer und was nicht?" Er verwies auf den "lange etablierten Standard `robots.txt`", mit dem Webseitenanbieter bestimmen können, ob ihre Inhalte von Suchmaschinen erfasst werden sollen oder nicht. "Dieser wird aber bezeichnenderweise nicht verwendet. Das Leistungsschutzrecht greift tief in die Struktur des Internet ein." Snippets, also eine kurze Textvorschau bei Links, seien letztlich eine Hilfe zur Einordnung für die User.

Eine "unausgesprochene Kooperation zwischen Suchmaschinen und Verlagsprodukten", die für Contentanbieter auch Traffic bringt, bestritt Grünberger zwar nicht, forderte aber eine "Verteilung der Erlösströme". Aber auch seitens des VÖZ gab man zu, dass das Leistungsschutzrecht nur "eine Antwort" für künftige Einnahmen im Onlinebereich sein kann. An einem möglichen Entwurf für ein Leistungsschutzrecht in Österreich wird derzeit im Justizministerium gearbeitet.

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