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BND-NSA-Affäre

Deutsche Koalition kann Überwachungsstreit nicht beilegen

Im deutschen Koalitionsstreit über den Umgang mit den Spählisten der USA zeichnet sich keine rasche Lösung ab. "Da wird sich jetzt erstmal nichts tun", sagte ein Regierungsvertreter am Mittwoch in Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies auf die andauernden Gespräche mit den Amerikanern. Erst nach Abschluss werde eine deutsche Entscheidung gefällt. Die Opposition warf der Regierung Vertuschung vor. Grüne und Linke übten zudem Kritik an der Idee, nur einem vom Parlament nominierten Beauftragten Einsicht in die geheimen Akten zu geben.

Im Kern geht es um die Listen mit Suchbegriffen, den sogenannten Selektoren, mit denen der US-Geheimdienst NSA jahrelang auch europäische Regierungen, Behörden und Unternehmen ausgeforscht haben soll. Zumindest einer dieser Selektoren soll auch auf Österreich abgezielt haben. Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz erstattete deshalb am gestrigen Dienstag Anzeige gegen Mitarbeiter der Deutschen Telekom sowie des deutschen Geheimdienstes (Bundesnachrichtendienst, BND). Dieser steht im Verdacht, den USA bei der Spionage geholfen zu haben.

"Sankt Nimmerleinstag"

Unklar ist, wer wann im deutschen Kanzleramt von den Vorgängen wusste. Der aktuelle Streit dreht sich darum, ob und wie Parlamentarier Einblick in die Listen bekommen können. Die SPD hat ebenso wie die Opposition gefordert, dies müsse notfalls auch gegen den Willen der USA möglich sein. Koalitionsvertreter hatten zu Wochenbeginn den Eindruck erweckt, als sei eine Einigung - etwa auf einen Ermittlungsbeauftragten - innerhalb weniger Tage möglich. Mit einer Entscheidung wurde nun erst nach Pfingsten gerechnet.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz kritisierte: "Die Vertagung der Herausgabe der Liste auf den Sankt Nimmerleinstag ist eine weitere Unverschämtheit der Bundesregierung gegenüber dem Parlament." Die Regierung Merkel stehe "eindeutig auf der Seite der Vertuscher dieses Skandals". Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kündigte an, seine Partei werde gegen einen Sonderermittler notfalls eine Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen. Der Opposition werde mit diesem Modell das Recht genommen, sich selbst ein Bild von den umstrittenen Selektoren-Listen zu machen. Auch die Grünen lehnen den Vorschlag ab.

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