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Deutschland

Digitalverband Bitkom kritisiert EU-Datenschutzpläne

Der Digitalverband Bitkom sieht bei dem jetzigen Stand der geplanten Datenschutzgrundverordnung noch „erheblichen Nachbesserungsbedarf“. Die Datenverarbeitung dürfe nicht in ein „zu enges Korsett gezwängt werden“, sagte Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Bitkom am Dienstag. Die Folge wären Wettbewerbsnachteile bei der Entwicklung neuer Technologien in Europa. Vor allem das von Datenschützern in Deutschland geforderte Prinzip der Datensparsamkeit sei „überholt“ und stimme „nicht mehr mit den Prinzipien der digitalen Welt überein“.

Von der Auswertung von Big Data, also großer Datenmengen, erhofft sich die Digital-Branche neue Dienste und Services, etwa im Gesundheitsbereich oder im Verkehr. Wenn Autofahrer in Echtzeit detaillierte Informationen zur aktuellen Verkehrssituation erhalten, könnte der Verkehrsfluss deutlich verbessert werden. Auch individualisierte Gesundheitsanwendungen seien durch Big-Data-Analysen denkbar, sagte Rohleder. „Der enorme Nutzen für die Menschen muss wieder in den Mittelpunkt der Debatte gestellt werden.“

Ein Gesetz

In Europa soll künftig ein einheitliches Datenschutzgesetz gelten. Zuletzt hatten Datenschützer im August angemahnt, die Regelungen nicht aufzuweichen. Vor allem die Datensparsamkeit nannte die Bundesbeauftragte Andrea Voßhoff als ein „notwendiges Gestaltungsprinzip“, das die Grundlage eines datenschutzfreundlichen Verhaltens bilde. Die Datenschützer fordern auch, dass Daten nur zu dem zuvor angekündigten Zweck weiterverarbeitet werden dürften. Die Forderungen des Bitkom seien eine „Missachtung des breiten Wunsches nach mehr Kontrolle über den Schutz der eigenen Privatsphäre im Internet“, kritisiert Patrick Breyer von der Piratenpartei. Die Vorschläge seien eine „Aushöhlung des Datenschutzes auf EU-Ebene“, die verhindert werden müsse.

Viele Big-Data-Analysen zielten aber gerade darauf ab, aus vorhandenen Daten neue Erkenntnisse zu gewinnen, sagte Rohleder. Dem stehe das Prinzip der Zweckbindung entgegen. Der Verband plädiert dafür, die Regelung aus dem deutschen Datenschutzrecht beizubehalten. Danach ist die Verarbeitung bei „berechtigtem Interesse“ erlaubt, sofern sie keine Interessen der Betroffenen verletze. Auch eine ausdrückliche Einwilligung der Nutzer, die Datenschützer als wesentliches Element der Datenhoheit bei einer weiteren Verwendung der Daten einfordern, sieht der Bitkom als überholt an. Das funktioniere in der Praxis nicht mehr, sagte Rohleder. Der Verband plädiert dagegen für mehr Transparenz etwa bei Datenschutzerklärungen im Netz.

Keiner liest

Einer aktuellen Studie des Bitkom zufolge lesen nur 14 Prozent der Nutzer Datenschutzerklärungen wirklich aufmerksam und vollständig durch. Die Nutzer wünschten sich mehr Transparenz, sagte Breyer. Die Anbieter sollten ihnen verständliche Zusammenfassungen ihrer Erklärungen bieten und konkrete Fragen mit Wahlrecht stellen, „statt eine Blanko-Einwilligungswüste abnicken zu lassen“.
Der Bitkom-Studie zufolge gehen viele Nutzer relativ pragmatisch mit dem Datenschutz im Netz um. So sagten 73 Prozent der Befragten, dass die Benutzerfreundlichkeit von Online-Diensten nicht unter überzogenen Datenschutzregeln leiden dürfte. 58 Prozent finden es demnach gut, wenn Dienste durch die Auswertung der persönlichen Daten einfacher zu handhaben sind.

Sorgen um die eigenen Daten sind allerdings weit verbreitet. So nutzten zwei Drittel der Befragten bestimmte Online-Dienste bewusst nicht, wenn sie dort Namen, Mail-Adresse oder Geburtsdatum hinterlegen müssen. Die mögliche Weitergabe der Daten an Dritte, unerwünschte Werbung und die Speicherung des eigenen Nutzerverhaltens sind demnach die größten Vorbehalte.

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