EU-Gericht könnte Internet-Klagen vereinfachen
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In einem Gutachten für den Europäischen Gerichtshof schlägt der spanische EuGH-Generalanwalt Pedro Cruz Villalon ein neues Kriterium für die Entscheidung über den Gerichtsstand von möglichen Klagen vor. Demnach könnte künftig auch dort geklagt werden, wo sich der „Schwerpunkt des Konflikts“ befindet. Der EuGH folgt in seinen Urteilen meistens, aber nicht immer, der Empfehlung des Generalanwaltes.
Prominente Fälle
Die bevorstehende Klage-Neuregelung in Sachen Persönlichkeitsrecht und Internet geht von zwei Prominenten-Fällen aus. In Deutschland klagte der 1993 verurteilte Mörder des Münchner Schauspielers Walter Sedlmayr gegen ein österreichisches Unternehmen. Dieses dürfe nicht länger seinen vollen Namen auf seiner Internetseite nennen. Der Mörder war 2008 aus der Haft entlassen worden. Der Bundesgerichtshof wollte wissen, ob eine solche Klage in Deutschland gegen ein österreichisches Unternehmen zulässig sei.
Im zweiten Fall verklagte der französische Schauspieler Olivier Martinez gemeinsam mit seinem Vater vor einem Gericht in Paris den Verlag der britischen Zeitung „Sunday Mirror“. Er wollte Schadenersatz für einen Bericht in der Internetausgabe des Blattes über das angebliche Wiederaufleben einer früheren Romanze mit der australischen Schlagersängerin Kylie Minogue. Auch hier fragte das Pariser Gericht den EuGH, ob es überhaupt zuständig sei.
Zwei Zuständigkeiten
Der Generalanwalt schlug am Dienstag in Luxemburg eine Anpassung der bisherigen Rechtsprechung an die Besonderheiten des Internets vor. Bisher gab es zwei Zuständigkeiten. Schon immer konnte vor dem Gericht jenes Ortes geklagt werden, an dem ein Medium ansässig war. Dieses Gericht war auch für vollständigen Schadenersatz zuständig. Außerdem konnte ein Opfer „grenzüberschreitender Ehrverletzungen“ auch eine Klage dort einreichen, wo der Betreffende bekannt ist. Dort konnte jedoch nur über Schadenersatz in dem Land des Gerichtes entschieden werden.
Cruz Villalon schlug nun mit Blick auf den globalen Charakter des Internets vor, auch eine Klage vor dem Gericht eines Mitgliedstaats zuzulassen, in dem sich „der Schwerpunkt des Konflikts“ befindet. Dies sei dann jenes Land, in dem die strittige Information „besonders relevant“ sei und in dem der Inhaber des Persönlichkeitsrechts seinen „Interessenschwerpunkt“ habe. Dieses Gericht könne dann auch über den vollständigen Schadenersatz entscheiden.
Urteil erst in Monaten
Die „objektive Relevanz“ einer Nachricht habe nichts mit dem Sitz eines Medienunternehmens zu tun. Der Verbreiter von Nachrichten könne „vernünftigerweise vorhersehen, dass er möglicherweise in dem entsprechenden Land verklagt wird, falls er Informationen verbreitet hat, mit denen ein Persönlichkeitsrecht verletzt wird“. Domain-Name, Sprache der Webseite und auch die für Suchmaschinen bereitgestellten Schlüsselwörter seien wichtige Hinweise auf die Relevanz von Informationen und damit auch für den Gerichtsstand. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes wird erst in einigen Monaten erwartet.
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