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Handesabkommen

EU-Kommission: ACTA-Abstimmung verschieben

Die EU-Parlamentarier sollten erst die Bewertung des EuGH abwarten und sich dann auf eine eigene Position festlegen, erklärte EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Mittwoch in Brüssel. Das Urteil der Richter werde einen „wichtigen Beitrag zur öffentlichen und demokratischen Debatte in Europa“ darstellen.

Mit dem umstrittenen Handelsabkommen ACTA sollen Produktfälschungen und Urheberrechtsvergehen bekämpft werden. Kritiker befürchten aber eine Beschränkung der Freiheit im Internet. Vor diesem Hintergrund und angesichts massiver Proteste hatte die EU-Kommission, die ACTA ausgehandelt hatte, im Februar beschlossen, den EuGH um eine Prüfung zu bitten.

Frage für EuGH ausformuliert
Am Mittwoch einigte sich die EU-Kommission darauf, welche Frage sie dem EuGH genau vorlegen will, damit dieser die Rechtmäßigkeit des Vertrags prüft. Sie lautet: „Ist das Anti-Produktpiraterie-Handels-Abkommen (ACTA) vereinbar mit den Europäischen Verträgen, insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union?“ Das Thema soll dem EuGH in den kommenden Wochen übermittelt werden, das Gericht dürfte erst in einigen Monaten ein Urteil fällen.

Das Europaparlament wollte noch vor dem Sommer über ACTA abstimmen. Im März hatte der Ausschuss des Parlaments für internationalen Handel es mit 21 zu 5 Stimmen abgelehnt, den EuGH bezüglich ACTA anzurufen. Stattdessen wollte man bereits im Ende Mai im Ausschuss über das Abkommen abstimmen.

Kritik: Spiel auf Zeit
Einige Abgeordnete sowie ACTA-Kritiker warfen der EU-Kommission vor, lediglich auf Zeit zu spielen und ein Abklingen des Widerstands gegen ACTA abwarten zu wollen. Die EU-Kommission habe 40 Tage gebraucht, um eine Frage mit 24 Wörtern auszuformulieren. Markus Beckedahl von netzpolitik.org schrieb dazu: "Man weiß gar nicht, was da so lange gedauert hat, vielleicht das ständige Ausdrucken und wieder Einscannen, die Weitergabe in Verlaufsmappen, das Heraussuchen der richtigen Fax-Nummer?"

Das EU-Parlament kann das Abkommen, dass in den vergangenen Jahren unter anderem zwischen den USA, Japan und der EU ausgehandelt wurde, noch kippen. Auch die nationalen Parlamente in den EU-Mitgliedsstaaten müssen noch zustimmen.

Zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten, darunter Polen und Tschechien, hatten die Ratifizierung des Abkommens, das nach Meinung von Kritikern zu Einschränkungen der Meinungsfreiheit und zur Überwachung des Internet führen könnte, nach massiven Protesten aus der Bevölkerung ausgesetzt. Aus der österreichischen Bundesregierung, die das Abkommen Ende Jänner unterschrieben hat, hieß es zuletzt, man wolle die Entscheidung des EU-Parlaments abwarten, bevor ACTA zur Abstimmung an den Nationalrat weitergeleitet werde.

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