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Aufgeflogen

Facebook lobbyiert hart gegen EU-Datenschutz

Dass Facebook die neue Datenschutzverordnung der EU gegen den Strich geht, konnte man bis dato vermuten, jetzt kann man es Schwarz auf Weiß nachlesen (PDF): Die Studenteninitative europe-v-facebook rund um den Wiener Jusstudenten Max Schrems hat ein Dokument veröffentlicht, in dem Facebook gegen den EU-Datenschutz wettert. Das Lobby-Papier wurde offensichtlich an die irische Regierung übermittelt, in der die Betreiber des Online-Netzwerks ihre Haltung zu den geplanten Regeln darstellen.

Auf zehn Seiten stellt Facebook dar, warum die neuen Datenschutzregeln nicht umsetzbar bzw. schlecht für die Internet-Branche seien. Das Prinzip "privacy by design" etwa, welches vorsieht, dass die Standard-Einstellungen von Web-Diensten den Nutzern möglichst viel Privatsphäre zusichern, seien hinderlich. Schließlich würden die meisten Menschen sich bei Facebook anmelden, um Dinge zu teilen und sich zu vernetzen.

Facebook droht mit weniger Investitionen in EU
Außerdem schreibt Facebook, dass die von der EU angestrebten Sanktionen bei Verstößen gegen den Datenschutz (bis zu 2 Prozent des jährlichen Umsatzes der Firma) zu weniger Investitionen in Europa führen könnten. Im Jänner hat Facebook eine selbst in Auftrag gegebene Studie veröffentlicht, die besagt, dass die Facebook Firmen in Europa direkt oder indirekt insgesamt 15,3 Mrd. Euro Umsatz eingebracht hätte, zudem seien 2011 etwa 230.000 Jobs von diesen KMU geschaffen worden. Sollten diese Regeln kommen, wäre Facebook nicht mehr gewillt, so offen wie bisher mit den Datenschutzbehörden zusammenzuarbeiten.

"Facebook’s neues Argument ist recht unterhaltsam: Ernsthafte Strafen wirken sich negativ (!) auf den Datenschutz aus, weil die Unternehmen dann weniger mit den Behörden kooperieren. Zusätzlich sagt Facebook, dass die Einhebung der Strafen zu großen Kosten für die Staaten führen wird", heißt es von seiten der Initative europe-v-facebook. "Wenn man dieser Logik folgt, dann könnte man gleich alle Strafen für Unternehmen abschaffen."

Auch, dass europäische Datenschutzbehörden künftig intensiver zusammenarbeiten sollen, gefällt Facebook nicht. Lieber würde man weiter mit der irischen Behörde arbeiten, die heute für Facebook aufgrund seines europäischen Hauptquartiers in Dublin zuständig ist. Sie gilt als sehr Facebook-freundlich.

"Recht auf Erinnern"
Schließlich stößt sich Facebook auch am Recht auf Vergessen, das vorsieht, dass Internetnutzer Daten über sich selbst löschen können. Einerseits sei der Aufwand dafür sehr hoch, andererseits hätten andere ja auch ein "Recht auf Erinnern". Die Regel, dass Datenpannen innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden müssen, ist ebenfalls nicht Facebooks Sache. Wenn auch kleine Probleme gemeldet werden müssten, würde man die Datenschutzbehörden überfordern.

"Das Lobbypapier ist indirekt das Eingeständnis, dass Facebook schon heute massiv die Regelungen des europäischen Datenschutzrechtes missachtet, da sich die am Entwurf geäußerte Kritik auf Vorschläge bezieht, die größtenteils heute schon gelten", sagt der deutsche Datenschützer Thilo Weichert gegenüber Zeit Online.  "Schon mit dem Eingangsstatement, Facebook sei führend bei Transparenz und Zugänglichkeit für den Datenschutz, macht sich das Papier unglaubwürdig. Dem Papier ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass und wie es dem Unternehmen in Sachen Datenschutz ernst wäre."

Facebook kommentierte die Veröffentlichung des Dokuments nicht direkt, sondern ließ vage wissen: "Wir werden weiterhin eng mit Politikern und Regulierungsbehörden zusammenarbeiten und unsere Erfahrungen und Expertise teilen, um zu einer stabilen Regulierung von Privatsphäre und einem florierenden digitalen Sektor beizutragen."

 

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