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Umfrage

Festplattenabgabe: Mehrheit der Bürger dagegen

"Wir zahlen bereits 200 Millionen Euro in das System ein", sagt Bettina Lorentschitsch, Obfrau der Bundessparte Handel der WKÖ, am Dienstag bei der Präsentation der Umfrage vor Journalisten in Wien. Der österreichische Handel befinde sei bereits einem massiven Nachteil gegenüber ausländischen Mitbewerbern ausgesetzt, da es nirgendwo so hohe Abgaben gebe. Mit der bei der kommenden Urheberrechtsreform vom Justizministerium geplanten Festplattenabgabe würde dieser Nachteil noch um ein Vielfaches verschärft. Auch Damian Izdebski, Geschäftsführer von DiTech sowie Obmann und Sprecher der Plattform für ein modernes Urheberrecht, spricht sich neuerlich vehement gegen die Festplattenabgabe aus. Diese werde von ihren Befürworten immer wieder als "logischer Nachfolger" der Leerkasettenabgabe bezeichnet, was jedoch in Wahrheit überhaupt nicht zutreffe und nicht mehr zeitgemäß sei. "Das System passt nicht zu der tatsächlichen Nutzung der Geräte."

Unterschriftenaktion
"Uns fehlt weiterhin der Dialog mit Experten von allen Seiten, damit der Handel nicht auf der Strecke bleibt, damit Konsumenten Rechtssicherheit haben und Künstler faire Einkommen erhalten", so Izdebski. Daher starten Wirtschaftskammer und die Plattform für modernes Urheberrecht ab sofort eine parlamentarische Bürgerinitiative mit - nach eigenen Aussagen - zwei zentralen Anliegen: Dem Nein zur Handy- und Computersteuer und dem Ja zu einem modernen und fairen Urheberrecht.

Die Wirtschaftskammer schickt die Unterschriftenformulare an ihre Mitgliedsbetriebe aus, die dann ihren Kunden die Liste vorlegen und Unterstützungserklärungen gegen die Festplattenabgabe sammeln können. Die Aktion läuft bis 22. Februar. Zunächst können nur Originalunterschriften abgebeben werden, in weiterer Folge soll es dann aber auch die Möglichkeit geben, online Unterstützungserklärungen abgeben zu können. Die erste Unterschrift wurde am Dienstag im Rahmen der Studienpräsentation von den Initiatoren gesetzt.

Erstes Ziel der Initiatoren ist es, zunächst einmal auf mehr als 1500 Unterschriften zu kommen. So viele hatte nämlich Kunst hat Recht im Rahmen ihrer parlamentarischen Bürgerinitiative pro Festplattenabgabe im vergangenen Herbst sammeln können.

"Wir treten entschieden dagegen ein, dass noch vor den Wahlen eine neue Steuer durch die Hintertür eingeführt wird" sagt der DiTech-Chef. 50 Millionen Mehrbelastung für die Konsumenten sei einfach zu viel und die Festplattenabgabe keine "faire Lösung". Dass die Abgabe seitens der Unternehmen an die Kunden weitergegeben werde, sieht Izdebski als unabwendbar. "Es wird letztlich die Konsumenten belasten, weil sich die Firmen das gar nicht leisten können."

Umfrageergebnisse: Klar gegen Urheberrechtsabgabe
Laut der Umfrage von WKÖ und der Plattform für ein moderens Urheberrecht lehnen zwei Drittel (67 Prozent) der österreichischen Konsumenten die Einführung einer pauschalen Festplattenabgabe auf alle Speichermedien als nicht gerechtfertigt ab. Nur 23 Prozent hielten eine solche für angemessen, elf Prozent machten im Rahmen der Befragung keine Angabe dazu. Gleichzeitig sprechen sich aber auch zwei Drittel der Konsumenten dafür aus, dass Kunstschaffende entschädigt werden, wenn ihre Werke legal kopiert und abgespeichert werden.

Dabei betont Lorentschitsch von der Wirtschaftskammer, dass eine Festplattenabge sich ausschließlich auf legale Inhalte beziehen würde. Es gehe dabei nicht um die Legalisierung von illegalen Downloads. Im Rahmen der Umfrage habe man genau erläutert, worum es sich bei dem Begriff handle, so Lorentschitsch auf Nachfrage der futurezone. Laut den Ergebnissen hat die überwiegende Mehrheit von 82 Prozent der Befragten jedenfalls schon von der Urheberrechtsabgabe gehört. Die Umfrage fand online, also in einem Umfeld statt, das der Thematik jedenfalls nahestehe, so Lorentschitsch.

Arbeiterkammer ebenfalls dagegen
In einer aktuellen Aussendung sprach sich am Dienstag auch die Arbeiterkammer (AK) gegen die Festplattenabgabe aus. "Das Urheberrecht ist umfassend reformbedürftig, wie auch die anhaltende Diskussion um die Abgaben auf Computer,
Festplatten und Handys zeigt. Es ist selbstverständlich, dass Künstler und Künstlerinnen angemessen für die Nutzung ihrer Werke bezahlt werden sollen", so Silvia Angelo, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik in der AK Wien. Die Forderungen der Verwertungsgesellschaften nach zusätzlichen Abgaben auf immer mehr Geräte und Speichermedien werde aber in der vorgeschlagenen Form und Höhe eindeutig abgelehnt.

Arbeitsplätze der Kreativwirtschaft und in anderen Wirtschaftszweigen würden unangemessen gegeneinander ausgespielt, ohne sinnvolle Lösungen für alle Betroffenen zu suchen. "Es ist für Konsumenten zudem nicht einzusehen, dass man doppelt und dreifach belastet wird, indem man etwa legal erworbene und bezahlte Werke, etwa über Downloadplattformen wie iTunes kauft, herunterladet und dann noch für die notwendige Speicherung auf der Festplatte und einem Sicherungsmedium zusätzlich zur Kassa gebeten wird", so die AK in ihrer Stellungnahme.

EU-Lösung
Die Gegner der geforderten Abgabe kritisieren die Festplattenabgabe auch deshalb, weil es sich dabei um eine rein österreichische Lösung handle, die die derzeit angestrengten EU-weiten Überlegungen zu dem Thema gar nicht miteinbeziehe. Weiters wäre eine Festplattenabgabe in wenigen Jahren ohnehin schon wieder überholt, ist Izdebski überzeugt. Schon jetzt verlagere sich vieles zunehmend in die Cloud und weg von physischen Speichermedien. Um diese macht sich der DiTech-Chef im Übrigen weitaus weniger Sorgen, wenn es um sein eigenes Geschäft geht, als um die Festplattenabgabe, die aus seiner Sicht eine weitaus größere Bedrohung darstelle.

Die EU will Anfang 2014 eine Neuregelung des Urheberrechts vorschlagen. Diese würde eine österreichische Lösung ohnehin wieder irrelevant machen, so die Kritiker der Festplattenabgabe.

"Kunst hat Recht" holt zum Gegenschlag aus
Etwa zeitgleich zur Präsentation der Umfrageergebnisse meldeten sich auch die Befürworter der Festplattenabgabe  zu Wort. In einer Aussendung beruft sich die Initiative "Kunst hat Recht" auf eine neue GfK-Studie, die die "Notwendigkeit und Fairness einer Festplattenabgabe" beweise.

"Sechs Millionen Personen speichern urheberrechtlich geschützte Inhalte, wie Musik, Fotos, Texte oder Filme auf die Festplatten. Im Durchschnitt werden auf einer Festplatte 2716 Musiktitel, 1339 Fotos und Bilder, 317 urheberrechtlich geschützte Texte sowie 301 Filme und 91 Hörbücher gespeichert", wird aus der Studie zitiert. Damit werde eine wesentliche Grundlage für die Richtigkeit und Notwendigkeit der Einführung der Festplattenabgabe als Teil der geplanten Novelle des Urheberrechtes bestätigt, argumentiert "Kunst hat Recht".

„Diese Studienergebnisse bestätigen einmal mehr, was wir seit langem sagen: Wie überfällig die Einführung der Festplattenabgabe endlich auch in Österreich ist. Sie ist auch für alle Konsumentinnen und Konsumenten die fairste Lösung, wenn ihnen diese Menge an Inhalten als Privatkopien für den jährlichen Gegenwert eines großen Braunen, nämlich drei Euro pro Jahr, zur Verfügung stehen", kommentiert Gerhard Ruiss von Kunst hat Recht die Ergebnisse. Die Ängste seitens der Wirtschaft seien nicht gerechtfertigt, die von der Industrie genannten Verteuerungen der Festplatten, PCs und anderer Geräte durch die Festplattenabgabe würden schlichtweg nicht stimmen, so Christian Kolonovits, der ebenfalls zu den Befürwortern zählt.

Gegner der geplanten Abgabe reagierten - unter anderem in den sozialen Medien Twitter und Facebook - mit Kritik und Spott auf die von Kunst hat Recht verbreitete Studie. Diese sei einseitig und Details dazu bislang nicht öffentlich gemacht worden. Weiters würden Internetnutzer damit unter Generalverdacht gestellt, im Besitz illegaler Kopien zu sein, lauteten einige der Kritikpunkte.

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Urheberrechtsabgabe auf Festplatten
Die Ausweitung der Urheberrechtsabgabe oder Leerkassettenvergütung auf Festplatten, die Rechteinhaber für Privatkopien entschädigen soll, wird in Österreich seit Jahren heftig diskutiert. Derzeit liegt die Festplattenabgabe wieder einmal vor dem Obersten Gerichtshof (OGH), der sie bereits 2006 zurückwies. Das Justizministerium will die Festplattenabgabe als Teil einer für das Frühjahr 2013 angekündigten Urheberrechtsreform gesetzlich festschreiben.
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Claudia Zettel

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futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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