Ein Kommentar zu diesem Foto bescherte einem Lehrling bei Porsche den Verlust seiner Lehrstelle.
Ein Kommentar zu diesem Foto bescherte einem Lehrling bei Porsche den Verlust seiner Lehrstelle.
© /Martin Peneder

Hetze

Hass-Postings: Was verboten ist und welche Strafen drohen

Nach den Entlassungen eines Lehrlings bei Porsche und einer Supermarkt-Angestellten, die mit verhetzenden Kommentaren auf sozialen Netzwerken für Aufmerksamkeit sorgten, ist wieder eine Diskussion um Hasspostings im Internet entbrannt. Dabei wurde erst kürzlich im Parlament eine Strafrechtsreform beschlossenen. Ab 1. Jänner 2016 tritt die überarbeitete Version des Verhetzungsparagrafen 283 StGB in Kraft, in der unter anderem die Grenze der erreichten Leser bzw. Zuhörer, die eine Aussage strafbar macht, heruntergesetzt wird.

Strafbar war bisher, wer beispielsweise gegenüber einer Religionsgesellschaft oder einem Volk zu feindseligen Handlungen bzw. Gewalt aufforderte oder aufreizte und diese Aussagen für mindestens 150 Personen hör- bzw. lesbar war. Viele Verfahren wurden jedoch eingestellt, weil Äußerungen meistens für eine deutlich geringere Anzahl an Personen öffentlich wahrnehmbar waren.

Härtere Strafen

Durch die Absenkung auf 30 Personen sollen nun auch kleinen Foren oder Versammlungen strafrechtlich Rechnung getragen werden. Außerdem werden nun Gruppen einer Minderheit besser geschützt. Während bisher nur die Aufforderung zu Gewalt gegen einzelne Personen strafbar war, reicht nun schon das „Aufstacheln zum Hass“ gegen ein Kollektiv. Somit sind künftig auch Gruppen als Gesamtes geschützt.

Außerdem werden ab Jahresbeginn härtere Strafen verhängt. Ab dann droht schon eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren, wer vor mehr als 30 Personen zu Hass anstachelt oder eine Aufforderung zur Gewalt ausspricht. Die Strafe für Hetze vor größerem Publikum (ab 150 Personen) wurde von zwei Jahren auf bis zu drei Jahre Haft erhöht. Ist die Folge öffentlicher Hetze Gewalt, drohen bis zu fünf Jahre Haft.

Absicht entscheidend

Laut dem Jahresbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz sind im vergangenen Jahr 3354 Hinweise und Infos bei der Meldestelle NS-Wiederbetätigung, die auch für rassistische und verhetzende Äußerungen zuständig ist, eingegangen. Davon waren 630 auch strafrechtlich relevant. Alleine die Anzeigen wegen verhetzender Postings sind um 30 Prozent gestiegen. Ob die Verschärfung des Strafrechts in Zukunft zu einem sprunghaften Anstieg von Verurteilungen führen wird, ist zumindest fraglich.

Mit der Novelle ist nämlich auch eine zusätzliche Hürde eingeführt worden. Bisher musste vor Gericht nur bewiesen werden, ob dem Täter bewusst war, dass Menschen in ihrer Würde verletzt werden könnten. Zukünftig muss vom Richter nachgewiesen werden, dass hinter Äußerungen auch wirklich eine diffamierende Absicht steckte.

”Ob eine Aussage auch strafbar ist, ist immer im Einzelfall zu prüfen, da es hier auf viele verschiedene Faktoren ankommt, insbesondere auf die subjektive Tatseite.”, sagt Dagmar Albegger, Ressortmediensprecherin des Justizministerium.

Erfüllt beispielsweise ein Kommentar die objektiven Kriterien von Verhetzung, kann jedoch kein Vorsatz erkannt werden, ist eine Verurteilung eher unwahrscheinlich. Der vermeintliche Täter muss also gezielt darauf aus gewesen sein, die Menschenwürde von Minderheiten zu verletzten oder Gewalt gegen eine Gruppe zu provozieren.

"Steht jedem frei, Anzeige zu erstatten"

Zusammenschlüsse wie jene Facebook-Gruppe, die sich Berichten zufolge bereits für mehr als 80 Anzeigen verantwortlich zeichnet und auch an der Entlassung des Porsche-Lehrlings beteiligt gewesen sein soll, sieht man laut Justizministerium gelassen: ”Generell steht es jedem Bürger frei, Anzeige zu erstatten. Die Justiz prüft diese dann auf Stichhaltigkeit."

”Von Amtswegen selbst werden einschlägige Foren oder Plattformen aber nicht gezielt nach dezidierten Postings durchsucht. Im Strafrecht kann man auch vom Amtsweg aus vorgehen, die Justiz muss aber auch davon erfahren, beispielsweise durch einen Bericht in der Zeitung oder einen Hinweis. Wir können nicht die Postings aus ganz Österreich durchsuchen.”

Probleme mit Anonymität

Problematisch in der Bekämpfung und Verfolgung von eindeutig strafbaren Hasspostings ist jedoch die Identifizierung der Täter. Während auf Facebook viele mit ihrem Realnamen posten, trifft dies nicht auf hundert Prozent der Nutzer und auch nicht auf alle Plattformen zu.

Verbreiten Nutzer strafrechtlich relevante Aussagen über anonyme Profile, ist eine Ausforschung via IP-Adresse, die zumindest kurzfristig eine eindeutig Zuordnung von Profilen zum Besitzer eines Internetanschlusses zulässt notwendig.

Da Verhetzung ein Offizialdelikt ist, kann die Staatsanwaltschaft aktiv werden und die Herausgabe der IP-Adresse zu einem Posting z.B. bei Facebook anfordern. Mit dieser kann die Justiz dann den Besitzer des Internetanschluss, über den Hasspostings verbreitet wurde, beim Internetprovider abfragen.

Smiley gegen die Verurteilung

Wie klein die Grenze zwischen üblem Witz und strafbarer Hetze ist, zeigte 2013 der Fall eines 19-jährigen, der nach einer öffentlich einsehbaren Diskussion mit Freunden, in der abfällige Witze über Türken und unter anderem Begrifflichkeiten wie Gaskammer fielen, erstinstanzlich verurteilt wurde.

Dieser wurde jedoch in letzter Instanz vom Oberlandgericht Innsbruck freigesprochen, da an seine Aussage ein “;)” angehängt war. Laut Gericht ist die Bedeutung eines solchen Smiley auf Wikipedia mit „zwinkern, nimm's nicht so ernst!“ beschrieben. Dem jungen Mann könne somit keine Absicht nachgewiesen werden, Türken in ihrer Menschenwürde zu verletzten.

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Amir Farouk

Early-Adopter. Liebt Apps und das Internet of Things. Schreibt aber auch gerne über andere Themen.

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