Der Whistleblower Edward Snowden hatte 2013 die millionenfache Überwachung durch die NSA enthüllt.
Der Whistleblower Edward Snowden hatte 2013 die millionenfache Überwachung durch die NSA enthüllt.
© Julia Damianova

Freedom Act

Nach Snowden: NSA-Datenspeicherung wird reformiert

Exakt zwei Jahre ist es her, dass Journalist Glenn Greenwald und Dokumentarfilmerin Laura Poitras zu einem Treffen mit einem damals völlig unbekannten Mann namens Edward Snowden reisten. Das am 3. Juni 2013 in einem Hotel in Hongkong geführte Interview ist heute fast schon legendär.

Monatelang erschütterten Snowdens Enthüllungen das Weiße Haus, der Geheimdienst NSA zog mit seiner zügellosen Datensammelwut den Zorn vieler Amerikaner auf sich. Nun, zwei lange Jahre und unzählige Debatten später, hat sich der Kongress zu einer Reform der NSA-Spähpraxis durchgerungen.

Ein "Meilenstein" laut ACLU

14 Jahre nach den New Yorker Terroranschlägen vom 11. September wird der Datenkrake NSA damit zumindest offiziell in die Schranken gewiesen. Erst vor wenigen Wochen hatte ein US-Bundesgericht das millionenfache Datensammeln für illegal erklärt - auch deshalb stand der Kongress zunehmend unter Druck. Der am Dienstag mit 67 zu 32 Stimmen verabschiedete Freedom Act sei ein "Meilenstein", schreibt die Bürgerrechtsorganisation ACLU, und spricht von der wichtigsten Überwachungsreform seit knapp 40 Jahren. Die Amerikaner seien nicht mehr bereit, den Geheimdiensten einen Blankoscheck auszustellen.

Wirklich aufatmen werden Datenschützer und all jene, denen die Überwachungspraxis der NSA ein Dorn im Auge ist, deshalb noch nicht. Denn das Sammeln von Verbindungsdaten geht unvermindert weiter - die Aufgabe wird nach einer Übergangszeit von sechs Monaten aber in private Hände übergeben. Die Macht der Daten verlagert sich also vermutlich zum Jahreswechsel 2016 zu Unternehmen wie Verizon, AT&T, Sprint und T-Mobile. Nur bei einem begründeten Terrorverdacht und nach Beschluss des Geheimgerichts FISC kommt die US-Regierung an diese im Anti-Terror-Kampf heiligen Datensätze.

Viele Ausnahmen mit Konfliktpotential

Ob das Zusammenspiel der Telefongesellschaften und Terrorfahnder reibungslos klappen wird, ist fraglich, wie das "Wall Street Journal" bemerkt. Denn der Freedom Act zwingt die Firmen zwar, der Regierung Daten zu übergeben - aber eben nur dann, wenn auch Daten vorhanden sind. Die grundsätzliche Pflicht, Verbindungsdaten 18 Monate zu speichern, könne bei manchen Flatrate-Verträgen nicht gelten, schreibt das Blatt. Die Folge: Ermittler hätten bei einem begründetem Terrorverdacht Zugriff auf weniger Daten als bisher. Im Freedom Act selbst ist keine Pflicht zum Speichern von Daten enthalten.

Ein kleiner Schritt in Sachen NSA-Reform, ein großer Sprung für den Kongress, schreibt die Enthüllungswebsite "The Intercept" in Anlehnung an den berühmten Satz von Mondlandungs-Pionier Neil Armstrong. Denn auch wenn die Arbeit der NSA nun etwas transparenter wird und FISC-Beschlüsse durch das Gesetz angefochten werden können: "Es tut absolut nichts, um die große Mehrheit der von Snowden enthüllten aggressiven Überwachung zu beschränken."

Snowden: "Nicht genug"

"Es ist nicht genug", sagt auch Snowden selbst zu der Reform, der Stunden vor deren Verabschiedung per Video an einer Konferenz der Menschenrechtsorganisation Amnesty International teilnahm. Aber: "Es ist ein erster Schritt und ein wichtiger Schritt." Zumindest einen kleinen Sieg trägt der ins russische Exil geflüchtete Whistleblower zwei Jahre nach seinen bahnbrechenden Enthüllungen davon.

Nach reichlich Zwist rund um die NSA-Schnüffelei hat der Kongress bewiesen, dass er zu einer Kehrtwende der nach 9/11 entstandenen Sicherheitspolitik bereit ist. Mehrheitsführer Mitch McConnell, der in Sachen Spähpraxis alles beim Alten lassen wollte, geht als Verlierer vom Platz - ebenso wie sein republikanischer Parteikollege und Präsidentschaftskandidat Rand Paul, der den Geheimdiensten einen noch größeren Riegel vorschieben wollte.

Präsident Barack Obama nutzte dagegen die Gelegenheit, sich die vor allem durch Snowdens Enthüllungen angestoßene Reform selbst auf die Fahnen zu schreiben: Seit 18 Monate fordere er nun schon, dass die Privatsphäre der Amerikaner besser geschützt werden müsse, teilte Obama mit. Er hat das Gesetz umgehend unterzeichnet und damit in Kraft gesetzt.

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