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Open Government Data

Osterüberraschung: Open Data in Tirol

Nach Wien und Linz, die bereits im vergangenen Jahr ausgewählte Verwaltungsdaten zur allgemeinen Weiterverwendung freigaben, ist seit Dienstag das dritte österreichische Open-Data-Portal unter data.tirol.gv.at verfügbar. Im Tiroler Open-Data-Portal werden vorerst 13 Datensätze angeboten. Neben Umweltdaten ist auch ein Geodatensatz zu Mountainbike-Routen in Tirol abrufbar. Weitere Daten zur Bevölkerungsstatistik sind in Vorbereitung. Die futurezone sprach mit Gerhard Brandmayr, einem der Väter von Open-Governement-Data-Tirol und Leiter des Sachgebietes Verwaltungsentwicklung des Landes, über die Freigabe von Verwaltungsdaten in dem westlichen Bundesland.

futurezone: Der Start des Tiroler Open-Government-Data-Portals war eine Überraschung. Praktisch über Nacht ging ein allen Standards entsprechendes Portal online. Können Sie uns ein wenig den Weg dorthin nachzeichnen?
Brandmayr: Insbesondere aufgrund der ständig gestiegenen Nachfrage aus der Wirtschaft und von Privatpersonen nach Datensätzen des Landes Tirol und dem damit für die jeweiligen Dienststellen verbundenen Arbeitsaufwand wurden bereits Ende des Jahres 2010 Überlegungen zur Schaffung eines einheitlichen öffentlichen Datenportals nach den internationalen Vorbildern USA und UK angestellt. Das Sachgebiet Verwaltungsentwicklung des Amtes der Tiroler Landesregierung, in dem die Agenden für Verwaltungsinnovation, E-Government und IT-Koordination gebündelt sind, stellte schon nach kurzer Zeit fest, dass das Land Tirol bereits im Rahmen der Informationsweiterverwendung verschiedene Datensätze unentgeltlich oder zu einem marginalen Kostenbeitrag auf der Website der jeweiligen Fachabteilung zur Verfügung stellte.

Somit bestanden die Herausforderungen nun einerseits in der Zusammenführung des bestehenden Datenbestandes der unterschiedlichsten Fachbereiche des Landes zu einem gemeinsamen Portal, um die Auffindbarkeit der Datensätze zu erleichtern. Andererseits mussten die Bedenken der Fachabteilungen ausgeräumt werden, dass die Landesverwaltung durch die verstärkte unentgeltliche Bereitstellung mit der CC-BY-Lizenzierung von Daten ihre Interpretationshoheit und vereinzelt auch gewisse Einnahmen verliert.

Wann haben Sie begonnen an dem Konzept zu arbeiten? Welche technischen und organisatorischen Herausforderungen haben Sie genommen?
Durch die Unterstützung des Landesamtsdirektors Josef Liener und dank einer guten internen Kooperation und Gesprächsoffenheit der Fachabteilungen wurde unter Federführung des Sachgebietes Verwaltungsentwicklung ab Sommer 2011 an einem Open-Data-Konzept gearbeitet. In einem nächsten Schritt wurden die ersten ausgearbeiteten Standards bzw. „White Papers“ der BLSG als wichtige Basis für die Realisierung des Tiroler OGD-Portals herangezogen und aufgrund dessen die Folgeaktivitäten (beispielsweise Lizenzfragen und Datenbeschreibungen) geplant.

Im Zuge der Arbeiten und wohl auch aufgrund der vermehrten öffentlichen Berichterstattung über Open Government Data  konnten wir auch bei vorerst kritischen Fachabteilungen immer mehr Bereitschaft erkennen, ihre Daten zur Verfügung zu stellen. So wurde mit Jahreswechsel 2011/2012 auf Basis einer politischen Entscheidung bei einigen gefragten Geo-Daten aus dem Tiroler Raumordnungsinformationssystem TIRIS auf eine Kostenvorschreibung verzichtet. Diese sind damit unter einer CC BY Lizenz mit einer speziellen Erweiterung (Anm.: Siehe Nutzungsbedingungen) abrufbar, allerdings ist diese Erweiterung nicht ganz OGD-konform da eine Art „Verwendungsanzeige“ verlangt wird. Maßgeblich hat uns in der Schlussphase auch der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Landesrat Johannes Tratter unterstützt.

Oft sind es die mit Open Government Data beschäftigten Personen, die mit deren Energie das Projekt weitertreiben. Können Sie uns ein wenig das Team hinter OGD-Tirol beschreiben, welche Personen wirken hier mit und welche Motivationen treiben diese an?
Die Kommunikation und Koordination bei OGD obliegt dem Sachgebiet Verwaltungsentwicklung, jedoch konnte die Umsetzung des OGD-Portals erst durch das Entgegenkommen der Vorstände der Fachabteilungen und die engagierte Mitarbeit der jeweiligen Ansprechpersonen realisiert werden. Dem ständigen OGD Team Tirol gehören Gerhard Brandmayr (Leiter des Sachgebietes Verwaltungsentwicklung), Mathias Winkler (Stellvertreter des Sachgebietsleiters, IT-Koordinator des Landes Tirol und u.a. für E-Government verantwortlich) und Anna-Karina Hafner (OGD Umsetzung und Betreuung des Echt-Betriebes) an.  Josef Baittrok leistete wichtige OGD-Vorarbeiten und Umsetzungsschritte.

OGD-Tirol ist in der Verwaltungsentwicklung angesiedelt. Wie ist OGD in den größeren E-Government-Stategien des Landes eingebunden?
Wichtig ist es, dass bei der Ausrichtung von E-Government-Angeboten die Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen (BürgerInnen, Unternehmen, Politik, Verwaltung usw.) im Zentrum stehen. OGD ist ein Teil der E-Government-Strategie, die Grundzüge sind die gleichen, die BürgerInnen haben ein Recht auf Information, Transparenz und Interaktion. Die Wirtschaft leistet einen Mehrwert durch die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen aus OGD-Daten, der letztlich wiederum der Allgemeinheit – hoffentlich auch der Landesverwaltung - zugute kommt.

Irgendwoher müssen die 40 Milliarden Euro, welche die Europäische Kommission durch die geplante Änderung der PSI-Richtlinie an Wertschöpfung erreichen will, ja kommen. Schließlich soll im Sinn einer echten Win-Win-Situation auch nicht verschwiegen werden, dass die Verwaltung selbst von OGD profitiert, zumal der Verwaltungsaufwand für die Datenbereitstellungen, die Datenaufbereitungen und die Beantwortung von Anfragen teilweise wegfällt. Gerade die aktuelle Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie der EU ermöglicht einen Mehrfachnutzen, so soll künftig der Geoportalserver sowohl für INSPIRE, als auch für OGD verwendet werden. Wir warten mit großem Interesse auf die Rückmeldungen zur Verwendung und zum Nutzen der Datensätze. Je mehr Reaktionen eintreffen, desto eher werden Politik und Verwaltung bereit sein, „ihre“ Daten zu veröffentlichen und Dritten einen kreativen Schaffensprozess zu ermöglichen.

Wie sehen die nächsten Schritte nach dem Start des Portals aus, haben sie Informationsveranstaltungen, Community-Treffen und eventuelle App-Wettbewerbe geplant?
Mit 3. April 2012 hat Landesrat Johannes Tratter das Tiroler OGD-Portal unter freischalten lassen. Wir beobachten einen Trend der Fachabteilungen, zunehmend bereitwillig und offensiver zur unentgeltlichen Freigabe von Datensätzen überzugehen und gehen davon aus, dass das OGD-Konzept sich im nächsten halben Jahr zum "Selbstläufer-Modell" entwickeln wird, und zwar in dem Sinn, dass wir vom Sachgebiet nicht an die Fachabteilungen herantreten müssen, sondern dass diese aus eigenem Antrieb ihre Daten in die entsprechenden Form einbringen.

Allerdings darf der Aufwand nicht übersehen werden, diesem muss ein Nutzen gegenüberstehen. Wir werden also Daten nicht der OGD-Idee willen aufbereiten (lassen), sondern nur dann, wenn eine zumindest potenzielle Nachfrage besteht und wenn die die OGD-Daten auch tatsächlich verwendet werden. Alles andere kann nicht im Sinn der Steuerzahler sein. Um den Aufwand gering zu halten, planen wir derzeit auch nicht, die Community aktiv mit App-Wettbewerben oder ähnlichem zu befassen. Von Tirol aus kann auch nur selektiv an OGD-Terminen in Wien teilgenommen werden. Wir wollen uns aber aktiv bei den wichtigsten Veranstaltungen einbringen.

futurezone: Gibt es schon erste Reaktionen der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft auf das neue Angebot?Ein Grunddatensatz im Umweltbereich ist nun einmal öffentlich gemacht. Welche Daten stehen bei den nächsten Publikationsterminen am Programm?
Trotz des kurzen Bestehens des Tiroler OGD-Portals, sind bereits einige sehr positive Rückmeldungen und auch erste Anfragen zur Freigabe von weiteren Datensätzen eingelangt. Das OGD-Team ist um die ständige Erweiterung und Verbesserung des Portals bzw. der Datensätze bemüht und wird in einem nächsten Schritt statische Daten zur Bevölkerung bereit stellen. Weitere Daten folgen mit Sicherheit noch vor dem Sommer 2012. Das Wichtigste für ein Gelingen von OGD in Tirol sind gute Beispiele für Folgeprodukte aus den Daten sowie konstruktive Reaktionen, damit wird der ODG-Idee am Besten gedient.

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