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Netzpolitik

Russlands neues "Antiterrorpaket": Mehr Online-Überwachung

In der letzten Sitzung der auslaufenden Legislaturperiode hat die Staatsduma am Freitag ein umstrittenes Paket von Antiterrorismus-Gesetzen beschlossen, in denen Kritiker eine deutliche Ausweitung repressiver Möglichkeiten des Staates sehen. Belastungen kommen aber auch auf Telekommunikationsfirmen zu, die ab Juli 2018 den gesamten Datenverkehr sechs Monate lang speichern müssen.

Nachdem die bereits für Mittwoch geplante Abstimmung über das von der Zivilgesellschaft heftig kritisierte "Antiterror-Paket" überraschend auf Freitag verschoben worden war, verschwanden einige Schärfen aus dem Gesetzesentwürfen, für die die als Hardlinerin bekannte Dumaabgeordnete Irina Jarowaja sowie Senator Wiktor Oserow (beide von der Kreml-Partei "Vereintes Russland") verantwortlich zeichnen. In der beschlossenen Fassung ist nun keine Rede mehr von der Entziehung der russischen Staatsbürgerschaft sowie von Ausreisebeschränkungen auf Grundlage bloßer Verwarnungen durch Behörden.

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Zahllose umstrittene Punkte, darunter eine Ausweitung der Strafbarkeit von Minderjährigen, Strafen für Nichtinformieren von Behörden über geplante Verbrechen, eine Erweiterung geheimdienstlicher Möglichkeiten oder drastische Beschränkungen von missionarischer Tätigkeit, wurden jedoch von einer deutlichen Parlamentsmehrheit im Eiltempo durchgewunken. In dieser letzten Sitzung der russischen Staatsduma vor den Parlamentswahlen im September stimmten 277 und 288 von insgesamt 450 Abgeordneten für die beiden Gesetze. Wladimir Schirinowskis Liberaldemokratische Partei LDPR sowie die Kommunistische Partei der Russischen Föderation stimmten dagegen.

Massive Auswirkungen wird es jedenfalls auch für den russischen Telekommunikationssektor geben: Laut den beschlossenen Gesetzen müssen Telekommunikationsprovider ab Juli 2016 alle Verbindungsdaten ihrer Klienten im Laufe eines Jahres speichern, ab Juli 2018 muss zudem der gesamte Datenverkehr sechs Monate lang für Geheimdienste verfügbar bleiben. Für letzteres bedarf es gewaltiger Investitionen in eine in Russland bisher nicht vorhandene Infrastruktur. Die Wirtschaftszeitung "Wedomosti" schätzte am Donnerstag, dass als Resultat des Gesetzes russischen Mobilfunk- und Internetgesellschaften Kosten im Ausmaß von einer Trillion Rubel (13,8 Milliarden Euro) erwachsen könnten.

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