© Karl-Josef Hildenbrand, apa

Protest

Schriftsteller prangern türkische Netzsperren an

Ein freier Austausch von Gedanken sei unabdingbar für die Demokratie, aber ebenso für Kreativität, Empathie und Toleranz, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Schreiben der Autorenvereinigung PEN.

Zu den Unterzeichnern gehören Margaret Atwood, Orhan Pamuk, Salman Rushdie, Günter Wallraff sowie Elfriede Jelinek und Günter Grass.

Als Grund für die am Donnerstag verhängte YouTube-Sperre nannte die Regierung in Ankara, dass auf der Videoplattform abgehörte Telefonate veröffentlicht wurden, in denen es um mögliche Militäreinsätze in Syrien ging. Außenminister Ahmet Davutoglu sprach von einer „Kriegserklärung an die Türkische Republik“, nannte aber keine Verdächtigen.

Ministerpräsident bloßgestellt

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Mitglieder seiner islamisch-konservativen Regierung hatten YouTube in den vergangenen Wochen immer wieder kritisiert, nachdem dort kompromittierende Telefonmitschnitte online gestellt worden waren, die Beleg für Korruption und Machtmissbrauch der AKP-Führung sein sollen.

Die Telekombehörde ordnete die YouTube-Blockade nur einen Tag nach einer juristischen Schlappe für die Regierung an: Ein Verwaltungsgericht hatte angeordnet, dass die Vollstreckung der Tage zuvor verhängten Twitter-Sperre ausgesetzt werden müsse.

In dem PEN-Brief heißt es weiter: „Das umfassende Twitter- und YouTube-Verbot wurde in der Folge eines rückschrittlichen Internetgesetzes verhängt und stellt eine nicht tolerierbare Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung dar.“ Laut einem aktuellen PEN-Bericht zu den letztjährigen Gezi-Protesten gebe es in der Türkei viele Problemen in Sachen Meinungsfreiheit - „von der Kriminalisierung, der Diffamierung bis hin zu Selbstzensur in den Leit-Medien, von Polizeigewalt gegen Journalisten bis hin zu immer größeren Beschränkungen der freien Meinungsäußerung im Internet“.

"Anlass zur Sorge"

Dass das Land - mit über 36 Millionen Internetnutzern und zwölf Millionen Twitter-Nutzern eines der bestvernetzten muslimischen Länder - auf Platz 154 des insgesamt 180 Länder umfassenden Pressefreiheitsindexes rangiert, gebe „Anlass zur Sorge“.

Auch die deutsche Bundesregierung kritiserte am Freitag die YouTube-Sperre in der Türkei. Millionen von Nutzern dafür zu strafen, dass in einem einzigen Fall etwas Ungesetzliches geschehen sein könnte, sei eine unangemessene Reaktion, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.

Am Donnerstag hatte bereits die für die Digitalwirtschaft zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes die YouTube-Sperre in der Türkei kritisiert. „In Europa stehen wir für ein offenes Internet und freie Meinungsäußerung darin“, twitterte Kroes. „Ich unterstütze alle Forderungen nach wirklicher Freiheit und Demokratie.“

An diesem Sonntag werden in der Türkei die Kommunalparlamente gewählt. Die Wahl gilt als wichtiger Test für die wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck geratene Regierung.

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