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ÖH-Wahlen

Verfassungsgerichtshof prüft E-Voting

Nach einem pannenreichen Testlauf 2009 wurde die ÖH-Wahl im heurigen Mai wieder ohne elektronische Stimmabgabe durchgeführt. Der VfGH hat aber Beschwerden gegen Wahlergebnisse zum Anlass genommen, zu hinterfragen, ob die Verordnung des Wissenschaftsministeriums den Schutz des persönlichen, geheimen und freien Wahlrechts sicherstellt. Spätestens im ersten Quartal 2012 kann mit einer Entscheidung gerechnet werden.

Verordnung lückenhaft
Die Richter monierten in der öffentlichen Verhandlung zu der Frage am Montag, dass wesentliche Fragen zur Durchführung des E-Votings, etwa zum Auslesen der Stimmen, in der Verordnung nicht geregelt seien. Siegfried Stangl vom Ministerium begründete das damit, dass das Ministerium ein "sicheres System" erstellen und dieses dann durch die Verordnung den Studenten anbieten wollte.

Kritisch gesehen wurde von Richter Rudolf Müller, dass im Gegensatz etwa zu Nationalratswahlen die Wahlkommissionen nicht darauf achten können, dass keine Manipulation stattfindet, sondern wegen der technischen Komplexität auf einen Sachverständigen angewiesen sind. Dabei gibt es laut Stangl in Österreich nur vier Personen mit ausreichender Sachkenntnis, "aus rein praktischen Gründen" sei der Sachverständige aus Wien eingesetzt worden.

"Das System ist sicher", betonte Stangl bei der Beantwortung der vom VfGH gestellten Fragen. Sowohl die Datenschutzkommission als auch das Zentrum für sichere Informationstechnologie (A-SIT) hätten das System für datenschutzrechtlich in Ordnung befunden. Außerdem habe ein Gutachter den Prozess vom Anfang bis zum Ende begleitet - wobei allerdings Richter Johannes Schnizer hervorhob, dass das verteilte Papier aus Sicht des VfGH "natürlich nicht" den Voraussetzungen eines Gutachtens entspreche.

"Nur ein Angebot"
Da vor der Auszählung Stimmen und Personendaten getrennt wurden, sei das geheime Wahlrecht garantiert, betonte Stangl. Die elektronische Stimmabgabe sei zudem nur ein Angebot gewesen. Studenten, denen E-Voting nicht sicher genug schien, hätten stattdessen die Papierwahl genutzt. Ob das System tatsächlich fehlerfrei funktioniert hat, wurde allerdings nicht überprüft. Immerhin habe es keinerlei Einsprüche von Wahlkommissionen gegeben.

"Grundfehler"
Die drei Fraktionen Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ), Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und Fachschaftslisten (FLÖ), wegen deren Einsprüchen die Verordnung überprüft wird, blieben bei ihrer Kritik am elektronischen Wahlsystem.

Aus Sicht des VSStÖ ist der "Grundfehler", dass die Wählerdaten erst nach der Stimmabgabe und nicht schon davor anonymisiert werden. Außerdem sei es beim E-Voting nicht möglich, dass die Wahlkommissionen oder der VfGH ein Wahlergebnis nach Zahl der Stimmen korrigieren können. Auch dass die auf einer CD-Rom gespeicherten Stimmzettel und Software in einem "atomaren Datenendlager" vom Vorsitzenden der Bundeswahlkommission im Ministerium, Bernhard Varga, verwahrt werden, stört den VSStÖ.

"Transparenz beseitigt"

Durch E-Voting werde "jegliche Transparenz einer demokratischen Wahl beseitigt", hieß es von den GRAS. So sei die Einsichtnahme des Quellcodes für das Wahlsystem mit neun Stunden viel zu kurz gewesen. Es sei auch nicht sichergestellt, dass die Wahldaten nicht in der Zeit zwischen Abgabe und Auszählung ausgelesen und damit das Stimmverhalten eingesehen wurde. Die Fachschaftslisten (FLÖ) wiederum sehen auch die persönliche Wahl nicht garantiert, immerhin könne man leicht seine für die elektronische Stimmabgabe nötige Bürgerkarte samt den zwei Passwörtern weitergeben. Im Fall von Überwachung eines Studenten durch die Polizei könne ebenfalls nicht von geheimer Wahl die Rede sein.

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