© epa/apa/dpa

NSA-Spionage

Zugriff auf „alles, was man im Internet macht“

„Ich könnte jeden direkt von meinem Schreibtisch aus abhören, von Ihnen bis zur Ihrem Buchhalter, einem Richter oder sogar den Präsidenten, wenn ich eine persönliche E-Mail-Adresse hätte." Das sagte Edward Snowden im Juni im Zuge seiner Enthüllungen – und diese Aussage sorgte für einigen Wirbel. US-Behörden haben diese Behauptung bestritten, Snowden wurde gar der „Lüge" bezichtigt.

"Weitreichendes System"
Am Mittwoch veröffentlichte "Guardian"-Redakteur Glenn Greenwald neue Dokumente und Screenshots, wonach die Aussage Snowdens vom Juni begründet und verständlicher wird. Demnach kann das Programm „Xkeyscore" viel mehr, als anfangs veröffentlicht und bekannt geworden war. Laut den aktuellen Informationen sei „Xkeyscore" das „weitreichendste System" das Geheimdienstes, um Informationen im Internet auszuspionieren.

Bisher war bekannt, dass mit „Xkeyscore" Kommunikationsinhalte teilweise eingesehen werden können. Zum Einsatz kam „Xkeyscore" unter anderem bei der Überwachung der NSA in Deutschland. Jetzt wurde bekannt, dass man mit dem Programm Kommunikationsinhalte nicht nur „teilweise einsehen" kann, sondern die gesamte Online-Kommunikation überwachen und analysieren kann.

Man könne damit „fast alles, was ein gewöhnlicher Nutzer im Internet macht" – inklusive der Inhalte von E-Mails, den besuchten Websites und Suchanfragen sowie alle Metadaten – abfragen. Zusätzlich lässt sich mit „Xkeyscore" eine Echtzeit-Überwachung von Internet-Aktivitäten durchführen, wie Greenwald unter Berufung auf die geheimen Slides der NSA berichtet.

Überwachung auch ohne E-Mail-Adresse
Das alles soll vor allem für Nicht-US-Bürger gelten. Mit „Xkeyscore" ist es aber aus technischer Sicht auch möglich, US-Personen elektronisch zu überwachen, auch kenn keine E-Mail-Adresse bekannt ist. Das Programm funktioniert nämlich auch ohne E-Mail-Adresse, da man auch nach Namen, Telefonnummern, IP-Adressen, Chat-Aktivitäten inklusive User-Name und Freundesliste oder Schlagwörtern suchen kann. Das sei deshalb notwendig, weil eine starke Selektion bei der Suche mittels E-Mail-Adresse würde nur eine sehr limitierte Suchmöglichkeit hergeben, wie die NSA in einem Dokument schreibt.

Auch die Facebook-Chats und privaten Nachrichten können mit „Xkeyscore" gelesen und durchforstet werden, sowie die HTTP-Aktivitäten der Nutzer, die mittels Schlagwort durchsucht werden können. In einer Folie heißt es dabei: „Der Analyst hat Zugang zu nahezu allem, was ein typischer Nutzer im Internet macht".

Interessante Infos werden lange gespeichert
Die NSA speichert diese Informationen in der Regel drei bis fünf Tage, hat aber die Möglichkeit „interessante Informationen" in eine eigene Datenbank auszulagern und bis zu fünf Jahre aufzuheben. Im Jahr 2012 sollen in einer 30-Tages-Periode 41 Milliarden gesammele und gespeicherte „Xkeyscore"-Daten angefallen sein, schreibt Greenwald.

Die Präsentation stammt wie die bisherigen NSA-Veröffentlichungen aus dem Bestand von Snowden. Diesmal stellte der „Guardian“ allerdings den kompletten Schriftsatz ins Netz. Einige Seiten wurden aber geschwärzt, weil sie Details zu konkreten Geheimdiensteinsätzen enthalten haben, die man nicht verraten wolle.

Neue Details zur US-Überwachung
Diese Enthüllung sind außerdem besonders brisant, weil am Mittwoch auch im Rechtsausschuss des Senats neue Details zur Überwachung der US-Bürger veröffentlicht worden sind. Ein vertraulicher Gerichtsbeschluss, der Regeln für die Sammlung von US-Telefondaten festlegte, wurde im Rechtsausschuss des Senats öffentlich gemacht. Die Veröffentlichungen betreffen nicht „Xkeyscore", sondern die erste Enthüllung von Snowden, die sich auf die Sammlung von Telefondaten bezogen hat.

Mehr zum Thema

  • NSA-Chef ruft Hacker zur Hilfe auf
  • Verizon musste NSA Verbindungsdaten zusenden
  • Umfrage: PRISM ändert Nutzerverhalten nicht
  • Proteste gegen Überwachung der Geheimdienste
  • "Auskunft über PRISM ist nicht genug"

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare