ChromeOS-Test: Ohne Netz geht fast gar nichts
ChromeOS-Test: Ohne Netz geht fast gar nichts
© Jakob Steinschaden

ChromeOS-Test: Ohne Netz geht fast gar nichts

ChromeOS-Test: Ohne Netz geht fast gar nichts

19 Prozent der Android-Nutzer sind

auf eines der neuenChromebooksvon Google scharf - noch viel mehr Menschen fragen sich derweil aber, was die neue Software ChromeOS wirklich kann und ob sie zugreifen sollen, wenn die ersten Geräte am 15. Juni in den Verkauf gehen. Der Browser als Betriebssystem - mit diesem mutigen Konzept will man vor allem Microsofts Business-Kunden zum Wechsel bewegen. Aber auch Privatnutzer sollen angesprochen werden - nicht zufällig wurde der Start von “Angry Birdsim Chrome Web Storeauf der Entwickler-Konferenz I/O zelebriert.

Ob die Idee, nahezu alles in der Google-Cloud laufen zu lassen und auf lokal installierte Software und gespeicherte Dateien zu verzichten, probierte die futurezone in der Praxis aus. Getestet wurde die aktuelle ChromeOS-Software auf dem Prototypen Cr-48, den Google Entwicklern seit geraumer Zeit zur Verfügung stellt.Aufdrehen und EinloggenGoogle verspricht nicht zu viel - ChromeOS ist schnell. Die angepriesenen 8 Sekunden Startzeit konnte das Cr-48 - die neuen Acer-und Samsung-Modelle haben bessere Dualcore-Prozessoren von Intel - mit 10 Sekunden beinahe einhalten. Aus dem Sleep-Mode wachte das Cr-48 sofort auf. Für das Einrichten des eigenen Nutzerprofils braucht man kaum länger: Man stellt via WLAN oder Mobilfunk eine Verbindung zum Internet her, loggt sich mit seinem Google-Account ein, schießt mit der Webcam ein Porträt - fertig. Hat man Googles Browser Chrome bereits auf einem PC oder Mac benutzt, werden sämtliche Einstellungen, Extensions und Lesezeichen am Chromebook installiert. Wer keinen Google-Account hat, kann das Gerät über einen Gast-Account benutzen. Auf Dauer wird man damit aber nicht glücklich werden, da das mit Einschränkungen verbunden ist.

Der erste Anblick - Browser purAuch bei der Software hat Google nicht zu viel versprochen. Der Browser ist das Betriebssystem ist der Browser ist... Soll heißen: Alles, was man nach dem Einloggen - und auch weiterhin - zu Gesicht bekommt, ist ein offenes Tab. Von hier weg kann man entweder via URL-Eingabe in der Adressleiste ins Web lossurfen, oder - sofern man sich schon einige installiert hat - die so genannten Web Apps starten. Egal, wie man sich entscheidet: ChromeOS öffnet ein neues Tab, in dem entweder Webseite oder Web App angezeigt wird. Desktop, Hintergrundbild, Startleiste, Fenster, Ordner - das alles kennt die Google-Welt nicht. Will sie auch gar nicht - denn grundsätzlich soll die verbaute SSD nichts verarbeiten außer ChromeOS selbst, der Rest spielt sich in der Cloud - also auf den Servern von Google und Co. - ab.Web Apps statt ProgrammeSoftwareinstallationen - solchen Schnickschnack gibt es bei ChromeOS nicht. Wem es nicht reicht, seine Arbeit/Freizeit mit Hilfe von Webseiten zu erledigen, der kann sich im Chrome Web Store Apps und Extensions besorgen. Diese Mischlinge aus lokalem Mini-Programm und Web-Dienst öffnet ChromeOS als neues Tab, stellt sie aber anders als Webseiten dar. So bieten etwa der Twitter-Client TweetDeck, das Gratis-Spiel Angry Birds oder die New York Times echtes Software-Feeling. Gesammelt dargestellt werden die eigenen Web Apps im Start-Tab, beim Betätigen des Homebuttons sowie beim Öffnen eines neuen Tabs.

Von hier weg beginnt die Systematik zu haken: Was es nicht als Webseite oder Web App gibt, wird seinen Weg niemals auf ein Chromebook finden. Skype, E-Mail-Client, InDesign, Word, Powerpoint, iTunes, CMS-Software - solche und viele andere Programme werden in der ChromeOS-Welt nur schwer ein Zuhause finden. Über den Umweg “Citrix Receiver” will Google es ermöglichen, Zugriff auf virtualisierte Versionen von Photoshop zu geben.

An die Installation eines alternativen Internet-Browser wie Firefox, IE oder Opera braucht man gar nicht denken. Auch sonst stellt der Chrome Web Store noch bei weitem nicht zufrieden: Noch ist er mäßig bestückt, schlecht sortiert (z.B. kein Ranking nach Nutzerbewertungen) und enttäuscht mit vielen Angeboten. So sind etwa Dropbox, Evernote und Facebook eigentlich keine Web Apps, sondern lediglich Links auf deren Startseiten.

Die Offline-Problematik “Online Only” - nach dieser Devise sollen Chromebooks funktioneren. Was aber, wenn es im Flugzeug, in der Bahn oder im Ausland kein Internet verfügbar oder schlichtweg zu teuer ist? Dass dieses Prinzip auf Dauer nicht gut geht, hat auch Google selbst erkannt. Wenn die ersten Chromebooks in den Händen der Nutzer landen, werden Google Docs, Google Calendar und Gmail offline nutzbar sein. Zudem gibt es derzeit Web Apps von Drittanbietern wie Write Space, die auch ohne Internetverbindung funktionieren - heutigen Windows- oder Mac-Usern wird solche Simpel-Software aber in längeren Offline-Zeiten nicht genügen.

Weil Google fest an sein “Always on”-Konzept glaubt, haben die ersten Chromebooks von Acer und Samsung lediglich 16 GB SSD-Speicher an Bord - schließlich soll von Dokumenten bis zur Musik auf Google-Servern abgelegt werden. Trotzdem schenkte der Internetkonzern seinen Chromebooks nun doch eine so genannte Dateiablage, in der man Ordner erstellen und Downloads speichern kann. Wirklich praktikabel ist diese aber nicht, da man zu den dort abgelegten Ordnern nur über einen kleinen Umweg kommt. Einfacher ist, es, eine externes Gerät wie eine USB-Festplatte oder eine Digicam anzuschließen, um dort auf Dateien (Musik, Fotos, Videos, etc.) zuzugreifen.

Schmalspur-Personalisieren Wer sein Chromebook den persönlichen Bedürfnissen anpassen will, wird schnell an dessen Grenzen stoßen. Im Einstellungsbreich hat man eher das Gefühl, einen Browser zu konfigurieren als ein Notebook. Die Systemeinstellungen beschränken sich etwa auf “Datum/Uhrzeit”, “Touchpad”, “Sprache” und “Eingabehilfen”, der Rest (z.B. Auswahl der Suchmaschine) betrifft eben nur Browserfunktionen.

Ans Personalisieren des Geräts braucht man gar nicht erst zu denken - das höchste der Gefühle sind kostenlose Chrome-Designs im “Chrome Web Store” und die Möglichkeit, die Web Apps im Dashboard nach Belieben zu ordnen. Bildschirmhintergrund, Bildschirmschoner, Ordnersymbole haben in der Googel´schen Einheitswelt keinen Platz.

Tastatur und Touchpad Beim Layout der Tasten fühlt man sich stark an Apple erinnert etwa an den Reglern für Lautstärke und Bildschirmhelligkeit in der obersten Reihe. Die Tastatur bietet aber auch neue Funktionen, die in erster Linie aufs Internet-Surfen ausgelegt sind. Eine Vollbild-Taste (nützlich etwa für Google Docs), die Switch-Windows-Taste zum schnellen Wechseln zur Web-Apps-Übersicht und die Lupe, die ein neues Browser-Tab öffnet. Sinnvoll sind auch Vor- und Zurück-Taste links oben, mit denen man durch den Surf-Verlauf in einem Tab hupfen kann.

Auch das Touchpad könnte aus Cupertino stammen: Es hat keine Extratasten für Links- und Rechts-Klick, und zum Scrollen von Webseiten lässt man zwei Finger nach oben oder unten gleiten.

Sicherheit Laut Google ist ChromeOS das erste Betriebssystem, das speziell entwickelt wurde, um vor Schad-Software aus dem Internet zu schützen. Bei jedem Start installiert ChromeOS die neuesten Sicherheitsupdates automatisch. Die Sandbox-Technologie soll zudem dafür sorgen, dass Webseiten und Anwendungen nur in einer eingeschränkten Umgebung ausgeführt werden. Infektionen könnten sich so nicht auf andere Tabs oder Web Apps ausbreiten. Sollte es dennoch ein Schädling in das System schaffen, könnte dieser dank “Verified Boot” beim nächsten Start erkannt und entfernt werden. Daten und Dokumente des Nutzer würden sich im Ernstfall außerdem leicht wieder herstellen lassen, da sie alle im Internet gespeichert werden. Sollte ein Chromebook gestohlen oder beschädigt werden, könne man sich schnell auf einem neuen einloggen und wieder alles so vorfinden, wie man es zuletzt verwendet hat.

Die von Google beworbene Sicherheit dürfte bei Cyberkriminellen neue Strategien zur Folge haben. Wie Costin Raiu, Sicherheits-Experte bei Kaspersky, in einem Gastkommentar auf cnet meinte, würden Cyberkriminelle in Zukunft nicht danach trachten, den Rechner mit Schad-Software zu infizieren, sondern sich darauf verlegen, Passwörter zu stehlen. Wer den Code zu einem Google-Account stehlen könne, bekäme so etwa Zugriff auf Google Checkout, dem Bezahl-System des Internetkonzerns.

Hardware und Kosten Die ab 15. Juni in Deutschland, den USA und sechs anderen Ländern bestellbaren Chromebooks sind zum Start von Samsung und Acer zu haben. Ihre Ausstattung (1,66-GHz-Atom-Chip von Intel, 2 GB Arbeitsspeicher, optionales 3G-Modem) ist für die Netbooks (ca. 1,5 Kilo, 11 bzw. 12 Zoll, kein Laufwerk, mehr als 6 Stunden Akkulaufzeit) ausreichend. Die Preise der Samsung-Chromebooks (WLAN-Version 400 Euro, WLAN-3G-Version 450 Euro) liegen aber doch deutlich über jenen vergleichbarer Windows-Netbooks. Acers Chromebook wird in der WLAN-Version günstiger sein und nach derzeitigem Umrechnungskurs etwa 250 Euro kosten.

 



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