PowerTrekk
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© Gregor Gruber

PowerTrekk

Hosentaschen-Brennstoffzelle: Handyakkus mit Urin laden

Wer sich des öfteren Abseits von Steckdosen und anderen bequemen Stromquellen aufhält und ungern genügend Photovoltaikzellen mit sich herumschleppt, um elektronische Spielzeuge wie Mobiltelefone zu betreiben, der sollte sich überlegen, eine Brennstoffzelle anzuschaffen. Das schwedische Unternehmen myFC bietet mit dem PowerTrekk ein Gerät im Hosentaschenformat an, das aus Wasser Strom erzeugt. Mittels einer Einweg-Kapsel wird der Wasserstoff auf chemischem Weg aus der eingefüllten Flüssigkeit gelöst und in der Brennstoffzelle zur Stromerzeugung genutzt. Eine “Puck” genannte Kapsel reicht zum Befüllen eines 1400-mAh-Speichers. Ein in den PowerTrekk eingebauter Akku, der auch über die Steckdose geladen werden kann, erlaubt zudem das Speichern von insgesamt 3800 mAh. Mit 66 mal 128 mal 47 Millimeter und 270 Gramm ist der PowerTrekk handlich und passt notfalls sogar in die Hosentasche. Ein Puck wiegt zusätzlich 30 Gramm. Die futurezone hat sich Version 2.0 der Brennstoffzelle für die Hosentasche angesehen.

Strom aus gelbem Schnee

PowerTrekk 2.0
Geräte werden per mitgeliefertem USB angeschlossen, aufgeladen werden kann alles, was 5 Volt Gleichspannung benötigt, egal ob Handy, Tablet oder GPS-Gerät. Die Brennstoffzelle nimmt ihren Betrieb auf, sobald ein Puck eingelegt und ein Esslöffel voll Wasser eingefüllt wird. Ist ein Gerät angeschlossen, wird dieses direkt geladen, ansonsten wird der eingebaute Akku befüllt, um den Strom später abgeben zu können. Das Laden eines Smartphones oder anderen Geräts geht schneller, wenn die Batterie des PowerTrekk angezapft wird, dann soll ein Smartphone in ein bis zwei Stunden wieder voll einsatzfähig gemacht werden können. Wird die Brennstoffzelle direkt genutzt, ist die Leistung auf 2,5 Watt begrenzt, weshalb das Aufladen etwa doppelt so lang dauert. Solange der Vorrat an Pucks reicht, liefert der PowerTrekk überall Energie. Selbst in Flugzeug-Passagierkabinen darf die Brennstoffzelle eingesetzt werden, wie der Hersteller betont.

Auch mit Salzwasser, Urin oder anderen Flüssigkeiten, die H2O enthalten, kann der PowerTrekk betrieben werden. Dann können allerdings Schäden durch Korrosion und Ablagerungen entstehen oder die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt werden. Der Hersteller empfiehlt, außer in absoluten Notfällen sauberes Süßwasser zu verwenden. Im futurezone-Test hat der PowerTrekk den Urin jedenfalls anstandslos in Strom verwandelt, ohne dass danach Schäden festzustellen waren. Falls tatsächlich auf alternative Flüssigkeiten zurückgegriffen werden muss, rät der Hersteller das Gerät anschließend mit sauberem Wasser gut zu spülen.

Freie Wildbahn

PowerTrekk 2.0
Das Gehäuse der Brennstoffzelle wirkt robust und hat im Test über mehrere Tage sorgloseste Transporte in einem unaufgeräumten Rucksack, der auch Schraubenschlüssel und ähnliches enthält, ohne Kratzer überstanden. Wasserdicht ist die Brennstoffzelle allerdings nicht, obwohl einige Regentropfen ihr nichts ausmachen sollten. Die Bedienung ist sehr einfach. Um die Brennstoffzelle in Betrieb zu nehmen, werden zwei Bügel aufgeklappt, die die beiden Hälften des PowerTrekk zusammenhalten. Hier liegt eine mögliche Schwachstelle des Geräts. Die Bügel lassen sich, vor allem anfangs, nur sehr schwer öffnen. Zudem wirken sie relativ schwach- hier könnte bei häufigem Gebrauch Materialermüdung auftreten. Im Test hat sich das bisher aber nicht bestätigt. Nach dem Aufklappen muss lediglich ein Puck ausgepackt und in korrekter Ausrichtung eingelegt werden. Das Einfüllen des Wassers in den flexiblen Tank ist zwar feinmotorisch etwas anspruchsvoller, weil der flexible Gummibehälter es schwierig macht, beim Zuschrauben nichts zu verschütten.

Mit etwas Übung funktioniert es aber ebenfalls problemlos. Anfängliche Patzer verzeiht der PowerTrekk glücklicherweise ohne Murren. Auf dem Gerät sind lediglich zwei Tasten zu finden, eine zeigt den Ladestand mittels einer Reihe aus LEDs, der andere aktiviert das Aufladen eines Geräts über den Akku des PowerTrekks. Ansonsten gibt es lediglich noch eine Anzeige, die signalisiert, ob die Brennstoffzelle gerade aktiv ist. Gibt es ein Problem mit der Technik, wird das ebenfalls hier angezeigt. Der Betrieb der Brennstoffzelle soll zwischen minus 18 und 55 Grad Celsius möglich sein. Der Akku des PowerTrekk funktioniert allerdings erst ab 0 Grad.

Chemischer Prozess

PowerTrekk 2.0
Die Stromerzeugung selbst funktioniert problemlos, bemerkbar macht sich der Prozess lediglich dadurch, dass die Brennstoffzelle warm wird. Im Inneren derZelle wird das Wasser in den Puck geleitet, wo es auf Natriumsilikat trifft. Die einsetzende Reaktion spaltet den Wasserstoff aus der Flüssigkeit und produziert Wärme. Die Wärme wird genutzt, um das ebenfalls im Puck vorhandene Natriumborhydrid zur Reaktion mit Wasser anzuregen, wodurch noch mehr Wasserstoff entsteht. Das Gas reagiert dann in der Brennstoffzelle mit Sauerstoff aus der Luft und erzeugt dabei Strom. Das einzige Reaktionsprodukt, das der Zelle entweicht, ist Wasserdampf. Die Menge ist allerdings so gering, dass in normaler Umgebung - etwa auf dem Schreibtisch - nichts davon zu bemerken ist. Die Pucks sind leider nicht wiederverwendbar und müssen nach jedem Stromerzeugungszyklus im Altmetall entsorgt werden. Die überbleibenden Stoffe Natriumboroxid und Natrosilit sind laut Hersteller ungefährlich, sie werden in der Industrie häufig verwendet. Der Puck enthält keinerlei Schwermetalle oder andere bedenkliche Substanzen. Die Hülle der Karotusche besteht aus Aluminium, von der Menge her vergleichbar mit eines 0,33-Liter-Getränkedose.

Preis und Fazit

Der PowerTrekk ist ab 149 Euro im Webshop von myFC bestellbar. Die Pucks kosten rund 5 Euro pro Stück und können in Paketen zu 9, 12 oder 15 Kartuschen bestellt werden. Dafür bekommt man eine robuste Brennstoffzelle, die außerdem als Akku verwendet werden kann. Strom an jedem Ort, zu jeder Tages- und Nachtzeit und bei jedem Wetter erzeugen zu können, ist ein Versprechen, das für viele spezialisierte Anwender sicher reizvoll klingt. Wer wenig Zeit abseits des Stromnetzes verbringt, wird wahrscheinlich weniger Verwendung für die Brennstoffzelle finden. Die Verwendung von Einwegkartuschen als Pucks scheint für eine regelmäßige Verwendung zudem teuer und nicht gerade ressourcenschonend. Zwar sind die Rückstände nicht giftig, trotzdem muss bei jedem Vorgang eine Kartusche verwendet werden, die im Nachhinein weggeworfen werden muss. Wasser zu Wein verwandeln kann der PowerTrekk nicht. Aber wer kann schon von sich behaupten, sein Handy mit Urin aufgeladen zu haben.

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Markus Keßler

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