Microsoft stellt Windows-Geräte vor
Microsoft stellt Windows-Geräte vor
© Martin Stepanek

BUILD

Microsoft: "Es wird nur noch Touchscreens geben"

Wenige Stunden nach der

schwörte der für die User Experience von Windows 8 verantwortliche Microsoft-Manager Jensen Harris die Entwicklergemeinde auf den neuen Weg ein. "In einigen Jahren wird jeder PC und jeder Bildschirm einen Touchscreen haben. Man wird darüber lachen, dass dies einmal nicht so war", so Harris. Mit den touch-optimierten Metro Style Apps gebe Microsoft nun den Startschuss zum bedeutendsten Ökosystem der Zukunft, versuchte Harris den Paradigmenwechsel schmackhaft zu machen.

Touch intuitiver und natürlicher
Wie bereits zuvor Windows-Chef Steven Sinofsky und andere Microsoft-Verantwortliche wurde auch Harris nicht müde zu betonen, dass das neue User Interface sowohl mit Touch als auch mit Keyboard und Maus funktionieren werde. Touch sei allerdings der bessere Startpunkt aus Entwicklersicht, da diese Art der Bedienung intuitiver und natürlicher vonstatten gehe. "Wenn ein Kind die Wahl zwischen Touch und Maus hat, wird es immer automatisch die Berührung des Screens vorziehen", so Harris.

... einmal gesplittet für bessere Handhabe via Daumen

Dass der von Microsoft attestierte Paradigmenwechsel weit über die Frage der Bedienung über Touch und/oder Maus hinausgeht, zeigt sich bei den Regeln und Vorgaben, die Microsoft den Entwicklern auf der Konferenz mitzugeben versucht. "Schön und aufgeräumt, intuitiv zu bedienen, und mit wenigen Menüpunkten ausgestattet" sollen die neuen Metro Style Apps sein. Riesenprogramme mit unübersichtlichen Menüs und unzähligen Funktionen haben im neuen Metro-Style-Modus ausgedient. "Es werden die Apps erfolgreich sein, die klar definierte Aufgaben exzellent erfüllen und nicht solche Apps, die 32 Funktionen mittelmäßig abdecken", unterstreicht Harris.

Zusammenspiel von Apps
Für die Bewältigung komplexerer Aufgaben setzt Microsoft auf das Zusammenspiel von Apps. Über definierte Menü-Funktionen wie Teilen ("Share"), Suchen ("Search") oder Pflücken ("Picker") können Entwickler zustimmen, dass Inhalte aus ihren Apps von anderen Apps innerhalb der Windows-Umgebung übernommen oder weiterbearbeitet werden dürfen. Das Besondere dabei: Diese Zusammenarbeit kann zwischen Apps erfolgen, die bei ihrer Programmierung voneinander noch nichts gewusst haben.

In Windows 8 können User beispielsweise Bilder, die sie in ihren sozialen Netzwerken haben, über die Picker-Schnittstelle mit einem Klick in anderen Apps verwenden. Das mühsame Herunterladen von der Plattform und anschließende Hochladen der Datei auf der nächsten entfällt. Die Interaktion erfolgt zudem, ohne dass die gerade geöffnete App verlassen werden muss.

Vielversprechende Suchfunktion
Profitieren wird von dieser Vorgangsweise auch die Suchfunktionalität unter Windows 8. So können sämtliche Apps, die eigenen Festplatten und Speicherorte, das Web, aber auch abonnierte Services über eine zentrale Schnittstelle durchsucht werden. Wie mächtig das neue Feature in Windows 8 ist, wird zu einem Großteil auch von den App-Entwicklern abhängen. Denn die "Share"-Funktion ermöglicht zwar, dass Apps ihre Daten für die zentrale Suche bereitstellen können. Die Aufbereitung und Qualität der Suchergebnisse hängt allerdings von den App-Entwicklern ab.

Den Spagat, den Microsoft mit der friedlichen Koexistenz der alten und neuen Windows-Welt in Windows 8 versucht, könnte größer nicht sein. Auf der einen Seite bleibt Microsoft der über Jahrzehnte gewachsenen Windows-Desktop-Oberfläche für komplexe Business- und Bearbeitungsprogramme treu, die seit jeher auf funktional designte Menüführungen und in die Tiefe gehende Einstellungsmöglichkeiten setzt; Auf der anderen Seite drängt Microsoft mit den neuen Metro Style Apps zu aufgeräumten, minimalistisch gestalteten Programme, die von den vordefinierten Designanforderungen selbst Apple in den Schatten zu stellen drohen.

Befreiungsschlag gegen Apple und Co
In der Tat ist Microsoft auf der Entwicklerkonferenz bemüht, die lästige Apple- und Google-Konkurrenz nicht nur abzuschütteln, sondern dem grundwegs veränderten Computerzeitalter seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Ohne Google namentlich zu nennen, wird angesichts des Full-Screen-Modus der neuen Apps und des Internet Explorers 10 mehrfach mit zwinkerndem Auge betont, dass der "Chrome", also der Rahmen drumherum völlig unnötig sei.

Über den Screen hat man Zugriff auf Desktop, Webseiten, Programme, Taskmanager und den AppStore

Aber auch die statischen Icons-Bildschirme, die nicht zuletzt vom iPhone aus die mobile Gadget-Welt in Geiselhaft nahmen und auch das Windows-Betriebssystem Jahrzehnte lang prägten, will man bei Microsoft nun endgültig hinter sich lassen. "Icons sind der gestrige Weg, um Apps darzustellen", meint Windows-Manager Harris. Sie seien unpersönlich, ineffizient und einfach nur langweilig. Entwicklern empfiehlt Harris deshalb, die Darstellungsmöglichkeiten der App-Kacheln ("Tiles") auszunutzen. Ähnlich wie Widgets können Metro Style Apps Inhalte aus der App auf ihrer Kachel-Oberfläche darstellen. Neben Live-Informationen sollen User die Möglichkeit erhalten, die Oberflächen der Apps ihren eigenen Bedürfnissen anzupassen.

Apps wie Widgets
"Zu einigen meiner beliebtesten Apps in dieser ersten Testphase zählen solche, die ich gar nicht öffnen muss, um an Informationen zu gelangen. Dazu gehört etwa die Wetter App, die das aktuelle Wetter direkt auf der Programm-Kachel anzeigt", so Harris. Der ständige Fluss an Informationen müsse sich auch im Design der Apps niederschlagen. User hätten einfach keine Lust mehr, jede App dauernd einzeln aufzurufen, um so über etwaige Veränderungen und Neuigkeiten zu erfahren.

Die Einführung der neuen Apps bedeutet auch das schrittweise Ende von jahrzehntelang gepflegten Arbeitsvorgängen wie dem Abspeichern von Dateien und dem Schließen und Öffnen von Programmen in ihrem Startzustand. "User gehen heute aus einer App raus und wollen dann auf einem anderen Gerät genau dort weitermachen, wo sie in der App aufgehört haben", sagt Harris. Da Microsoft das System mit parallel geöffneten Apps nicht überlasten wird, werden diese im Hintergrund nach einigen Sekunden automatisch geschlossen. "Für die User muss das erneute Aufrufen der App aber so wirken, wie wenn sie nie weggewesen wären", so Harris. Der gewünschte Abgleich zwischen verschiedenen Geräten und Systemen werde in Zukunft die Cloud übernehmen.

Entwickler-Version zum Download freigegeben
Um den Entwicklern die Arbeit zu erleichtern, stellt der Konzern eine Reihe von Design- und Programmschablonen sowie Entwicklertools zur Verfügung, mit denen die gestellten Anforderungen erfüllt werden können. Für besonderen Applaus sorgte die Mitteilung, dass alle Konferenzteilnehmer mit einem Samsung-Tablet mit der Entwicklerversion von Windows 8 nach Hause gehen dürfen. Für alle Nichtteilnehmer stellt Microsoft die Entwickler-Version unter http://dev.windows.com kostenlos zur Verfügung.

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Martin Jan Stepanek

martinjan

Technologieverliebt. Wissenschaftsverliebt. Alte-Musik-Sänger im Vienna Vocal Consort. Mag gute Serien. Und Wien.

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