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Test

Netatmo Welcome: Smarte Heimkamera mit Datenschutz

Bisher war der französische Hersteller Netatmo, der sich im Bereich Smart Home spezialisiert hat, vor allem für seine erfolgreichen Produkte „Weather Station“ und „Thermostat“ bekannt.

Anfang des Jahres präsentierte das Unternehmen auf der CES in Las Vegas die Heimüberwachungskamera Welcome. Neben der einfachen Bedienung und hilfreichen Zusatzfunktionen legten die Franzosen vor allem auf Datenschutz besonderen Wert.

Hat man die Verpackung erstmal in den Händen, kann man relativ schnell loslegen. Im Lieferumfang ist die Kamera selbst, sowie ein Netzstecker mit Micro-USB und ein zusätzliches USB-A auf Micro-USB Kabel enthalten.

Für die Speicherung ist außerdem noch eine 8 GB große MicroSD-Karte beigelegt. Die Einrichtung der Kamera geht ohne großen Aufwand von statten. Nachdem die Welcome mit dem Strom verbunden wurde, muss man sich die entsprechende App im Appstore bzw. Playstore herunterladen.

Über die App wird man dann bei der Einrichtung begleitet. Läuft bereits eine Kamera im Netzwerk, kann man sich mit den jeweiligen Account-Daten anmelden. Wer das Gerät zum ersten Mal startet, muss sich zuerst bei Netatmoregistrieren.

Einmal Kopfstehen für die Paarung

Nach erfolgter Anmeldung wird man aufgefordert, die Überwachungskamera auf den Kopf zu stellen. Damit versetzt man das Gerät in eine Art Paarungsmodus. Innerhalb von Sekunden findet die App dann die Kamera und die Einrichtung kann fortgesetzt werden.

Nun müssen noch einige Einstellungen vorgenommen werden. Unter anderem kann man den Ort benennen, an dem die Kamera positioniert ist, um beispielsweise das Gerät im Hauptwohnsitz von jenem im Sommerhaus unterscheiden zu können. Außerdem kann man der Welcome selbst einen Namen geben, um mehrere Geräte an einem Standort identifizieren zu können.

Der knapp 16 Zentimeter hohe Überwachungs-Tower ist aus Aluminium und Kunststoff gefertigt. Das Gerät macht auch durch seine Gold-Optik einen sehr wertigen Eindruck. Durch das längliche Design wirkt Netatmos Welcome zumindest auf den ersten Blick nicht wie eine Kamera. Somit ist auch das unauffällige Platzieren in Räumen möglich.

Um dem Nutzer ordentliche Bilder liefern zu können, ist das Gerät mit einem 130 Grad Sichtfeld ausgestattet. An der richtigen Stelle platziert, können Räume somit äußerst gut überblickt werden. Aufgezeichnet wird in Full-HD Qualität mit 1080p. Streamt man die Bilder via App oder Browser, wird die Bildqualität an die Stärke der Internetverbindung angepasst. Selbst bei heruntergebrochener Qualität kann das Geschehen aber noch gut verfolgt werden.

Videos und Bilder der Kamera machten im Test einen sehr guten Eindruck. Farben werden äußerst gut dargestellt und das Bild tatsächlich hochauflösend übertragen. Selbst Details lassen sich dabei sehr gut erkennen. Auch die Tonqualität ist passabel. Gespräche werden auch aus mehreren Metern Entfernung verständlich übertragen.

Neben der normalen Aufnahme bei Tag bietet Netatmo mit dem integrierten Nachtsichtmodus ein wichtiges Feature. Selbst in der Nacht sind die Bilder äußerst scharf und Räume werden komplett ausgeleuchtet. Schaltet die Kamera in den Nachtmodus, macht sie sich durch ein kurzes Klicken und das Einschalten einer dunkelroten Lampe bemerkbar.

Nachtsicht nur automatisch

Ob Tag- oder Nachtsicht verwendet wird, entscheidet sie automatisch anhand der Lichtverhältnisse. Eine manuelles Switchen ist nicht möglich. Da manchmal trotz ausreichendem Licht für Tag-Aufnahmen der Nachtmodus aktiviert wird, wäre hier eine Möglichkeit zur manuellen Steuerung hilfreich.

Auffallend ist, dass die Kamera während des Betriebs sehr warm wird. Da keinerlei Lüfter integriert sind, wird die Wärme des Prozessors passiv über die Außenhaut abgeführt. Zu kaum aushaltbaren Temperaturen, wie manche Rezensionen auf Amazon behaupten, konnte die Kamera aber im Test nicht gebracht werden. Selbst unter Volllast wurde der kleine Spion zwar sehr warm, jedoch jederzeit mit bloßen Händen anfassbar.

Eine mögliche Brandgefahr für Hab und Gut stellt das Gerät somit nicht dar. Dies mag auch an einem kürzlich bereitgestellten Update von Netatmo liegen, das die Temperaturen deutlich reduziert haben soll.

Eines der interessantesten Features der Netatmo Welcome ist die Gesichtserkennung. Erkennt die Kamera eine Bewegung, beginnt sie die Aufzeichnung und speichert das Gesicht einer oder mehrerer Personen, die sich gerade im Blickfeld befinden.

Das Erkennen von Personen funktioniert äußerst gut. Selbst aus großer Entfernung und bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen wurde in 90 Prozent der Fälle ein Gesicht gespeichert. Lediglich von schnell an der Kamera vorbeilaufende Personen wurde kein Gesicht erfasst. Während des Tests war die Kamera kurzzeitig auf einen laufenden Fernseher gerichtet, wobei sogar Schauspieler einwandfrei erkannt wurden.

Zuordnung durch Profile

Um Personen identifizieren zu können, kann man über die Benutzeroberfläche Profile erstellen. Mit der Zeit lernt die Überwachungskamera so Bewohner oder häufige Besucher kennen und kann diese dann eindeutig zuordnen. Kann eine Person nicht erkannt werden, wird das Gesicht mit einem Fragezeichen versehen und zur Zuordnung abgefragt.

Über die App bzw. den Browser können diese dann einem bereits bestehenden Personenprofil zugeordnet oder ein neues erstellt werden. Mit Hilfe des Profil-Stärke-Indikators informiert die Kamera den Nutzer, wie gut sie einzelne Personen bereits kennt bzw. erkennen kann.

Privatsphäre für bekannte Personen

Die Profile ermöglichen es auch, ein ungewolltes Aufzeichnen der eigenen Bewegungen zu verhindern. Für jedes einzelne Profil bzw. zu jeder Person lassen sich individuelle Einstellungen treffen. Wünsche man zum Beispiel, dass keine Aufzeichnung gestartet wird, wenn die Kamera das eigene Gesicht sieht, kann dies in den Einstellungen vermerkt werden. Zur Auswahl steht, dass „bei Ankunft“ „immer“ oder „nie“ Aufzeichnungen eines Profils gestartet werden.

Außerdem kann individuell über die Ankunft bzw. Sichtung einer Person benachrichtigt werden. Stelle man beispielsweise ein, dass zwischen zehn und 16.00 Uhr über die Ankunft der Kinder benachrichtigt werden soll, schickt die Kamera bei der ersten Sichtung eine Push-Benachrichtigung auf das Smartphone oder eine Desktop-Benachrichtigung an den Browser.

Ein heikles Thema im Bereich Smart Home ist der Datenschutz. Fast alle auf dem Markt befindlichen Heimüberwachungskameras nutzen eine Cloud, um Bilder zu übertragen und diese dort zu speichern. Vielen ist aber gerade das permanente Filmen und Speichern auf Servern rund um die Welt ein zu tiefer Eingriff in die Privatsphäre.

Netatmo möchte diese Bedenken mit einer einfachen Lösung umgehen. Welcome ist mit einem Micro-SD-Slot ausgestattet. Zeichnet die Kamera Videos auf, werden dies ausschließlich auf der eingesteckten SD-Karte gespeichert. In der Cloud findet somit keiner Speicherung statt. Netter Nebeneffekt ist die Obsolenz eines teuren Cloud-Abonnements, welches bei vielen Herstellern erforderlich ist.

Streaming nur auf Abruf

Auch eine permanente Übertragung an die Server von Netatmo findet nicht statt. Möchte man von unterwegs ein Livebild der Kamera haben, muss die Übetragung erst über den Play-Button gestartet werden. Auch die Aufnahmen einer aufgezeichneten Bewegung werden erst von der SD-Karte zum Nutzer gestreamt, wenn man diese explizit abfragt.

Laut Netatmo werden Videos, die von Nutzern abgespielt werden, direkt gestreamt und nicht über einen längeren Zeitraum zwischengespeichert. Lediglich Snapshots, wenn beispielsweise eine Bewegung erkannt wird, werden über die Cloud zur Verfügung gestellt.

Verbesserungswürdig ist die Geschwindigkeit der Übertragung. Live-Videos kommen beim Nutzer erst mit einer Verzögerung von knapp zehn Sekunden an, was im Vergleich zur Konkurrenz eher schwach ist.

Schwächen bei flinken Fingern

Mit erhöhtem Datenschutz geht aber auch eine Gefahr einher: Erkennt ein Einbrecher die Kamera frühzeitig, kann durch das Entfernen der SD-Karte oder dem Trennen vom Strom eine Übertragung verhindert werden. Zwar wird man in beiden Fällen darüber benachrichtigt, was im Haus passiert lässt sich aber nicht mehr überprüfen.

Die im Punkt „Gesichterkennung“ erwähnten Profile zur Personenerkennung werden ebenfalls nur auf der SD-Karte gespeichert. Profilinhalte wie beispielsweise Bilder, die zur Erkennung herangezogen werden, verbleiben somit ebenfalls lokal und werden nicht auf die Server der Franzosen übertragen.

Die Steuerung und Überwachung der Welcome ist über native Apps sowie den Browser möglich. Mithilfe des eigenen Netatmo-Accounts kann man sich im Portal anmelden und alle Informationen der Kamera bzw. Kameras gesammelt abrufen.

Möchte man zusätzlichen Personen Zugriff gewähren, muss nicht der eigene Account geteilt werden. Mit Hilfe eines generierten Links können andere die Kamera in ihren eigenen Netatmo-Account einbinden.

Über die Apps und die Browseroberfläche können, wie bereits erwähnt, neue Gesichter ihren Profilen zugeteilt werden. Außerdem lassen sich alle Statusberichte und Meldung abrufen. So erhält man Benachrichtigungen, wenn der Überwachungsmodus der Kamera gestartet bzw. gestoppt wird.

Desweiteren erhält man Nachrichten, wenn eine Bewegung erkannt wird, eine bekannte Person gesehen wird, die Verbindung zur Kamera verloren geht oder wiederhergestellt wird und wenn die SD-Karte entfernt oder wiedereingesteckt wird.

Aktivierung auch von Unterwegs

Ist man zu Hause und benötigt in diesem Moment keine Überwachung, lässt sich die Kamera per Knopfdruck in der App und im Browser abschalten. Sie beleibt dann zwar mit dem Internet verbunden, führt jedoch keinerlei Aufzeichnungen oder sonstige Überwachung durch.

Hat man vor dem Verlassen des Hauses vergessen, die Überwachung wieder zu aktivieren, kann dies auch problemlos von unterwegs erledigt werden. Um das Aktivieren durch Unbefugte zu verhindern, besteht die Möglichkeit, einen Sicherheits-PIN festzulegen.

Anwesenheit kontrollieren

Je nach Einstellung zeigen die Apps an wer zu Hause bzw. abwesend ist und wann die Person das letzte Mal gesehen wurde. Die Abwesenheit einer Person stellt die Kamera anhand eines individuell einstellbaren Zeitraumes fest, seitdem der- oder diejenige letztmalig gesehen wurde.

Die Netatmo Welcome kann im Test überzeugen. Neben der guten Bildqualität punktet sie vor allem mit der Gesichtserkennung und dem vorsichtigen Umgang mit privaten Daten. Durch die lokale Speicherung von Videos und Nuterzprofilen kann sich das französische Unternehmen hier deutlich von der Konkurrenz abheben. Auch die Ersparniss zusätlicher Cloud-Abonnements ist ein Plus.

Verbesserungswürdig ist die fehlende Möglichkeit zum Umschalten zwischen Tag- und Nachtsicht sowie die deutliche Wärmeentwicklung während des Betriebs. Auch die Verzögerung von bis zu zehn Sekunden fällt negativ auf. Mit einem Preis von knapp 200 Euro liegt die Überwachungskamera im Bereich der Konkurrenzgeräte von Withings und Netgear.

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Amir Farouk

Early-Adopter. Liebt Apps und das Internet of Things. Schreibt aber auch gerne über andere Themen.

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