Office 2016 im Test: Microsoft folgt Googles Beispiel
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Es war früher so einfach. Alle drei bis vier Jahre kam eine neue Version von Windows oder Office auf den Markt. Microsoft verdiente zum Start ordentlich an den verkauften Lizenzen und konnte sich die Jahre darauf auf die Einnahmen von OEM- und Großkunden verlassen. Doch die Zeiten ändern sich. Der PC-Markt liegt am Boden und darunter litt auch Microsoft. Satya Nadella, Microsofts neuer CEO, will das nun ändern. Er folgt dem Beispiel von Adobe und „vermietet“ Microsofts Software – zumindest testweise. Die Vorteile liegen auf der Hand: Kunden bekommen laufend die aktuellste Version und Support, verlieren diese Rechte aber auch, wenn sie nicht mehr bezahlen.
Das Konzept geht vorerst auf. Der wohl wichtigste Testballon, Office 365, wächst stetig und zählt mittlerweile 3,2 Millionen Kunden. Nun bekommen diese Kunden ein mächtiges Update. Mehr als zwei Jahre nach Office 2013 folgt nun Office 2016. Mit dem Update will Microsoft zeigen, dass man die Software nicht nur über die Cloud verkaufen kann – sie soll auch die Funktionalität erweitern. Die futurezone hat die neueste Version des Office-Pakets getestet.
Office-Nutzer blicken bereits seit acht Jahren neidvoll auf Googles Office-Anwendungen. Auch wenn Google Docs, Sheets und Slide in ihrer Funktionalität beschränkt sind, in einem Punkt war man Office stets überlegen: das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten online. Es erscheint geradezu absurd, dass Microsoft diese Funktion so sträflich vernachlässigt hat. Mit Office 2013 wurde zwar das Freigeben von Online-Dokumenten ermöglicht, doch das gemeinsame Bearbeiten war nach wie vor eine Qual. Eine Veränderung wurde erst dann sichtbar, wenn der andere Nutzer abgespeichert hatte.
Fast immer Echtzeit
Macht sich ein anderer Benutzer an die Arbeit, ist dieser als farbiger Cursor im Text oder auf der Arbeitsfläche zu sehen. Die Funktion ist derzeit nur für Word, Excel und PowerPoint verfügbar. Etwas enttäuschend: Die ansonsten sehr gut gelungenen Apps für Android und iOS unterstützen derzeit keine Echtzeit-Bearbeitung. Es wird zwar die Zahl der aktiven Nutzer angezeigt, die Cursorposition wird allerdings nicht übertragen. Ein ähnliches Problem wird auch deutlich, wenn man Dokumente mit Nutzern von Office 2010/2013, Office Online oder der Mac-Version teilt.
Erst wenn bei Office 2016 das Dokument gespeichert und mit OneDrive synchronisiert wird, werden auch die Änderungen anderer Nutzer sichtbar. Das sorgt hin und wieder für etwas Verwirrung. Um „Konflikte“ zu vermeiden, werden Absätze automatisch zur Bearbeitung gesperrt, wenn ein Nutzer in den letzten 30 Sekunden etwas verändert hat. Nutzer können derartige Sperren auch selbst verhängen. Es sollte jedoch positiv hervorgehoben werden, dass der Benutzer dank Office Online weder eine installierte Office-Version noch ein Microsoft-Konto benötigt. Bearbeiten ist mit einer Einladung auch anonym möglich.
Konfliktlösung versagt
Probleme gab es hingegen bei der Echtzeit-Bearbeitung in PowerPoint. Da Office 2016 lediglich Texteingabe in Echtzeit anzeigt, das Verschieben von Inhalten wie Bildern oder Tabellen aber nicht, kann es hier zu Problemen kommen. Eigentlich soll der Eigentümer in diesem Fall die von den Nutzern erstellten Varianten zur Auswahl bekommen, doch stattdessen kam es im Test laufend zu Konflikten beim Speichern. Selbst Gastnutzer konnten dafür sorgen, dass der Eigentümer der Datei keine Änderungen an der Datei vornehmen konnte.
Praktisch: Word, PowerPoint, Excel und Outlook merken sich, an welcher Stelle der Nutzer zuletzt gearbeitet hat. Wird ein Word-Dokument, das am Desktop erstellt wurde, beispielsweise später am Tablet geöffnet, findet man sich an exakt der letzten Stelle wieder. Neben einer kurzen Begrüßung fasst Office zudem alle Änderungen zusammen, die von anderen Nutzern seit dem letzten Öffnen gemacht wurden.
Microsoft hat sich zudem eine Funktion bei Apple abgeschaut. Künftig können große Dateien auch über OneDrive verschickt werden. Wie bei Apples Mail Drop lassen sich so über Outlook große Dateien einfach verschicken, ohne dabei die eigene oder eine fremde Mailbox zu verstopfen. Dahinter steckt nicht mehr als ein Link zu OneDrive, über den die Datei heruntergeladen werden kann. Der große Nachteil der Methode: Sobald die Datei von OneDrive gelöscht wird, ist der Link wertlos. Zuletzt bearbeitete Office-Dokumente werden außerdem jetzt in Outlook sofort angezeigt, wenn ein Anhang ausgewählt wird.
Würdiger Clippy-Nachfolger
Als hilfreich erweisen sich vor allem zwei neue Suchfunktionen. In der Befehlsleiste von Word, Excel, PowerPoint und Outlook findet sich nun ein Eingabefeld mit der Frage „Was möchten Sie tun?“. Dahinter verbirgt sich ein Assistent, der den berühmtberüchtigten „Clippy“ aus dem Gedächtnis vieler Office-Nutzer verdrängen soll. Der Benutzer kann nun nach Funktionen statt nach Hilfeartikeln suchen. Dabei verrichtet der Assistent gute Arbeit, auch abstrakte Suchbegriffe werden meist korrekt erkannt. So interpretiert der Assistent beispielsweise die Suche nach „Hintergrund“ korrekt und zeigt die Auswahl der Seitenfarbe.
In Excel wurde vor allem an den Diagrammen gearbeitet. So schlägt die Tabellenkalkulation nun Diagrammtypen je nach Datensatz vor und erklärt die Eigenschaften einfach verständlich. Das scheint aber nur bei einfachen Tabellen zu funktionieren, bei mehr als einem Dutzend Variablen lieferte der Assistent lediglich die Standard-Diagramme zur Auswahl. Apropos Auswahl. Diese ist im Vergleich zum Vorgänger um sechs Stück angewachsen. Neben dem für statistische Auswertungen praktischen Histogramm sind nun auch Wasserfall-, Pareto- sowie „Box & Whisker“-Diagramme enthalten. Zudem lassen sich nun Infografik-ähnliche Diagramme mit „Treemap“ und „Sunburst“ erstellen.
Angenehmer für Augen
Microsoft hat Office zudem einen kleinen optischen Aufputz spendiert. Das bunte Layout und die wechselbaren Designs haben bereits im Vorgänger Einzug gehalten, nun steht aber neben „Bunt“ und „Weiß“ auch „Dunkelgrau“ zur Verfügung. Dieses kontrastreiche Design mit grauen Designelementen ist für die Augen deutlich angenehmer als die knalligen Neon-Farben des Vorgängers.
Office 2016 und Windows 10
Die neue Office-Generation nutzt auch zahlreiche Features von Windows 10. So lässt sich „Hello“, mit dem der Nutzer per Gesichtserkennung eingeloggt wird, auch für den Office-365-Account nutzen. Da Cortana hierzulande noch nicht für Windows 10 verfügbar ist, konnte die Integration in den Microsoft-Assistenten nicht ausprobiert werden. Sie kann laut Microsoft aber Termine im Outlook-Kalender erstellen, Einladungen verschicken, Notizen in OneNote abspeichern sowie Dokumente suchen.
Die wohl spannendste Funktion gibt es offiziell noch nicht. Die Office Apps für Windows 10 Mobile sind bereits jetzt sogenannte Universal Apps. Das heißt, sie können sowohl auf Smartphones, Tablets als auch Laptops und Desktop-PCs genutzt werden. Dank dem Continuum-Feature von Windows 10 Mobile lässt sich das Smartphone so per HDMI-Adapter als kleiner Desktop-PC nutzen. Einfach an einen Monitor anschließen sowie Maus und Tastatur per Bluetooth verbinden, schon steht dem Nutzer ein vollwertiger Windows-10-PC mit Office 2016 zur Verfügung. Microsoft-Chef Satya Nadella zeigte die Funktion bereits kurz auf der diesjährigen Dreamforce-Konferenz. Erste Geräte, die diese Funktion unterstützen werden, dürften wohl noch Anfang Oktober vorgestellt werden.
Microsoft beginnt endlich aufzuwachen. Der Konzern besinnt sich auf seine Kernprodukte und passt diese an moderne Bedingungen an. Was bereits bei Windows 10 so gut gelungen ist, setzt man nun bei Office 2016 konsequent fort. Die neue Office-Suite geht dabei aber noch einen Schritt weiter. Der klassische Desktop verkommt zum Nebenschauplatz, die mobile Nutzung wird forciert. Wer rasch seine Office-Dokumente auf dem Smartphone oder Tablet bearbeiten will, kann das nun problemlos tun – auf allen Plattformen. Da kann man es Microsoft fast verzeihen, dass es fast ein Jahrzehnt lang die Wünsche seiner Kunden ignorierte und stattdessen diese mit radikalen Layout-Wechseln verärgerte.
Doch lohnt sich ein Upgrade? Das gemeinsame Bearbeiten von Dokumenten in Echtzeit funktioniert sehr gut, allerdings nur, wenn alle Office 2016 verwenden. Die Einfachheit von Google Drive hat Microsoft noch nicht ganz erreicht. Funktional ist Office weiterhin über alle Zweifel erhaben und dank der neuen intelligenten Suche auch für Einsteiger leicht zugänglich. Abgesehen von diesen Funktionen fügt Office 2016 aber kaum eine Funktion hinzu, die außerordentlich revolutionär wäre. Nutzer der Vorgänger-Version, die auf das gemeinsame Bearbeiten in Echtzeit und eine etwas besser aufgeräumte Oberfläche verzichten können, dürfen dieses Update also überspringen.
Microsoft forciert mit der neuen Office-Version sein Cloud-Angebot, verkauft Office 2016 aber auch weiterhin klassisch als Dauerlizenz. So wird es künftig Office Home & Student sowie Office Home & Business geben. In “Home & Student” sind Word, Excel, PowerPoint und OneNote enthalten, die auf einem Gerät installiert werden dürfen. Zudem gibt es 15 Gigabyte Speicher auf OneDrive. Dafür werden 149 Euro fällig. Die “Home & Business”-Version enthält zusätzlich dazu Outlook und kostet 279 Euro.
Alternativ gibt es weiterhin die Möglichkeit, Office zu “mieten”. Die Cloud-Version bietet deutlich mehr Freiheiten, vor allem bei der Installation auf mehreren Geräten. So sind in der “Home”-Version Word, Excel, PowerPoint, OneNote, Outlook, Publisher und Access enthalten, die auf bis zu fünf PCs (oder Macs), Tablets und Smartphones gleichzeitig genutzt werden dürfen. Zudem sind Office Online, ein Terabyte Speicher auf OneDrive sowie 60 Skype-Minuten pro Monat enthalten. Dafür werden 99 Euro pro Jahr fällig. Etwas günstiger fällt die “Personal”-Version aus, die um 69 Euro pro Jahr allerdings nur die Installation auf je einem Gerät erlaubt.
Studenten dürfen die “University”-Version beziehen, bei der die Installation auf je zwei Geräten möglich ist. Dafür werden lediglich 79 Euro für vier Jahre Mitgliedschaft fällig. Wer bereits ein Office-365-Abo besitzt, kann die neue Version bereits herunterladen. Das Update wird laut Microsoft in Wellen ausgeliefert, die Installation soll rund 20 Minuten in Anspruch nehmen.
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