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China

Oppo N1 im Test: Das Selfie-Smartphone mit CyanogenMod

Im Vorjahr sorgte ein neuer Mitbewerber auf dem Smartphone-Markt für eine Überraschung. Der chinesische Hersteller Oppo, zuvor hauptsächlich für DVD- und BluRay-Player bekannt, lieferte mit dem Find 5 ein flottes Smartphone mit moderner Hardware, gutem Design sowie offenen Bootloader ab. Der Hersteller ermutigte damit die Käufer seines Smartphones, alternative Betriebssysteme wie CyanogenMod zu installieren und griff dabei den Entwicklern sogar unter die Arme. Solange der Kernel nicht angerührt werde, bleibe laut Oppo sogar die Garantie erhalten. Ein chinesisches Nexus-Smartphone quasi. Lediglich die Akkulaufzeit fiel etwas mager aus.

Das könnte Oppo nun mit seinem neuesten Flaggschiff ändern. Das N1 ist mit sechs Zoll großem Bildschirm das erste Phablet des Herstellers und kann auf einen dementsprechend großen 3610 mAh-Akku zurückgreifen. Doch Oppos neues Smartphone kann auf dem Papier mit weiteren eindrucksvollen Werten aufwarten: Das N1 ist das erste offizielle CyanogenMod-Smartphone und setzt auf eine drehbare 13 Megapixel-Kamera, die als Front- und Rückkamera genutzt werden kann. Das ungewöhnliche Konzept des Smartphone-Riesen sorgte zu Recht für Aufsehen, doch kann es auch gegen die Konkurrenz von Samsung, Sony und Huawei bestehen? Die futurezone hat das Smartphone einem Langzeit-Test unterzogen.

Der Kreis der 6 Zoll-Smartphones hat sich in den letzten Monaten stark erweitert, ist aber im Vergleich zu anderen Geräteklassen nach wie vor relativ klein. Bislang gibt es Modelle von Sony, Samsung, Huawei, Acer, Nokia und Asus. Oppos N1 klopft mit einem 5,9 Zoll-Bildschirm bereits an diesen elitären Kreis an. Dabei kommt oftmals (zu Recht) die Frage auf: Ist das noch ein Smartphone oder bereits ein Tablet?

Das N1 lässt sich ob seiner schieren Größe auch nicht so recht einordnen. Sicher ist, dass Oppo nicht gerade darauf geachtet hat, Platz zu sparen. Während beim Galaxy Note 3 die Maße vor allem bei Lautsprecher und Soft-Keys möglichst kompakt gehalten wurden, breitet sich der 6-Zoll-Bildschirm des N1 auf 170,7 mal 82,6 Millimetern Fläche aus (Note 3: 151,2 mal 79,2 mm). Vor allem die Leiste mit den Soft-Keys weist große ungenützte Räume auf, die leider nicht positiv zur besseren Bedienbarkeit beitragen.

Das Gehäuse des N1 ist zweigeteilt. Die Front ist aus Aluminium gefertigt und nimmt nur einen sehr kleinen Teil an der Gesamtkonstruktion ein. Direkt darunter befindet sich die Kunststoff-Abdeckung für die Rückseite, die sich jedoch nicht abnehmen lässt. Etwas eigenartig mutet die Tatsache an, dass der Aluminium- und Kunststoff-Teil des Gehäuses nicht bündig sind. Die Kunststoff-Abdeckung ist knapp einen Millimeter an jeder Seite schmaler als das Aluminium-Gehäuse.
Das wäre an sich ja ein nettes Design-Element, das dem N1 eine einzigartige Form verleihen würde, doch leider beeinträchtigt es die Bedienbarkeit der Hardware-Tasten. An der rechten Seite des Gehäuses finden sich der Power-Button (leicht über der Mitte) sowie die Lautstärkewippe (knapp unter der Mitte). Der Abstand zwischen oberer und unterer Hälfte des Gehäuses gestaltet das blinde Auffinden der einzelnen Tasten geradezu unmöglich.
Man kann erkennen, was Oppo mit diesem Design erreichen wollte, denn die Aluminium-Hälfte mit silberner Fase erinnert an das HTC One oder das iPhone 5s, letztendlich ist es aber nicht mehr als eine halbgare Lösung. Auf der linken Seite findet sich lediglich der Micro-SIM-Karten-Einschub, der sich mit einem mitgelieferten Tool herausziehen lässt. Der Klinken-Anschluss für Kopfhörer sowie der microUSB-Anschluss wurden neben dem Lautsprecher an der Unterseite platziert. Die Anschlüsse sind für ein Smartphone dieser Größe etwas dicht aneinander gedrängt, lassen sich aber dennoch alle gleichzeitig verwenden.

Die Haptik des N1 ist trotz seiner Größe und Gewichts überraschend gut. Mit neun Millimetern Dicke sowie 213 Gramm ist es weder das dünnste, noch das leichteste Smartphone, lässt sich aber dennoch gut in der Hand halten. Die Größe gestaltet eine einhändige Bedienung schwer, die jeweils gegenüberliegenden Ecken sind mit einer Hand nur durch Umgreifen zu erreichen. Durch seine Größe findet es auch im Handballen keinen Platz und kann nur auf den Fingern balanciert und mit dem Daumen bedient werden. Die Kunststoff-Rückseite ist griffig und sorgt dafür, dass das N1 nicht so leicht aus der Hand rutschen kann.

Das wohl markanteste Design-Merkmal ist die Kamera. Das N1 ist das erste Smartphone, das über eine drehbare Kamera verfügt. Die 13 Megapixel-Kamera kann somit sowohl als Front- als auch als Rückkamera verwendet werden. Damit umgeht Oppo das Problem, dass oftmals qualitativ schwache Front-Kameras verbaut werden, die für Video-Telefonie ausreichen, aber mit denen keine ansprechenden Fotos gemacht werden können. Selbstporträts, sogenannte Selfies, haben Instagram und Facebook in den vergangenen Monaten dominiert. An ebenjene Nutzer richtet sich auch das N1, denn die drehbare Kamera ermöglicht das Anfertigen von qualitativ hochwertigen Selfies.

Oppo macht keinen Hehl daraus und bietet sogar einen "Verschönern"-Modus an, der Gesichter hübscher in Szene setzen soll. Sollten die Lichtverhältnisse zu schlecht sein, steht sogar ein Dual-LED-Blitz zur Verfügung. Sobald die Kamera um knapp 160 Grad gedreht wurde, dreht die Kamera-App das Bild automatisch, sodass die gezeigte Vorschau nicht auf dem Kopf steht. Das Kamera-Modul lässt sich um 206 Grad drehen, sodass das Smartphone leicht gekippt werden muss, um ein Foto zu machen. Dadurch kann das Smartphone auch beim Anfertigen von Selfies normal gehalten werden, ohne dass der Effekt des Von-Unten-Fotografierens entsteht. Die Kamera muss aber nicht auf den jeweiligen End-Positionen verwendet werden, sondern kann frei positioniert werden.
Der Drehmechanismus des Kamera-Moduls wurde laut Oppo auf 100.000 Drehvorgänge getestet. Im Test ließen sich keine Abnutzungserscheinungen feststellen, auch das freie Platzieren des Moduls war weiterhin ohne Wackler möglich. Die Kamera kann auf einen 1/3,06" CMOS-Sensor, der mit 13 Megapixel auflöst, sowie eine sechsteilige Linsengruppe mit hoher Lichtstärke (f2.0) zurückgreifen. Zudem wird laut Oppo ein dezidierter Kamera-Chip eingesetzt, der eine schnellere und vor allem qualitativ bessere Verarbeitung der Aufnahmen ermöglichen soll. Im Test ließ sich aber kein Unterschied zu anderen Smartphones ohne Kamera-Chip feststellen, da der verwendete Snapdragon 600-SoC flott genug ist, um auch HDR-Aufnahmen oder den Serienbild-Modus zu unterstützen.
Die Qualität der Bilder ist gut, auch wenn sie an dunklen Stellen recht stark zum Rauschen neigen. Bei hellen Lichtverhältnissen spielt die Kamera ihre vollen Stärken aus und kann recht gut mit Einsteiger-Digitalkameras mithalten. Unter Oppos offizieller ROM, Color OS, kann das N1 zudem mit einer recht einzigartigen Funktion aufwarten. Dort lässt sich die Belichtungszeit in 0,5-Sekunden-Schritten auf bis zu acht Sekunden verlängern und so mit einer ruhigen Hand auch bei Nacht Bilder aufnehmen. Auch kann so bei Nacht mit Licht "gezeichnet" werden. Sehr gut gelungen sind vor allem Makro-Aufnahmen. Ab einer Distanz von zehn Zentimetern funktioniert der Autofokus nicht mehr. Makro-Aufnahmen können zudem mit einem netten Bokeh aufwarten, auch wenn sich die Tiefenschärfe nicht manuell regeln lässt.
Die Video-Aufnahme ist in 1080p bei 30 Bildern pro Sekunde möglich und liefert solide Ergebnisse. Es kann auch ein HDR-Modus hinzugeschaltet werden, allerdings sorgt dieser durchgehend für kontrastarme, dunkle Ergebnisse. Bei einem Foto lässt sich das rasch korrigieren, für die Video-Aufnahme ist es aber somit eher ungeeignet. Auch der "Verschönern"-Modus ist bei der Video-Aufnahme verfügbar, dieser zeigte im Test aber kaum Veränderungen am Bild.

Die Diskussion, ob Snapdragon 600 oder 800 entbrennt bei der Vorstellung neuer High-End-Smartphones immer wieder neu. Fakt ist, dass Qualcomm beim Snapdragon 800 einige Energiespar-Funktionen implementiert hat, von denen unter anderem das Samsung Galaxy Note 3 oder das LG G2 stark profitieren. Doch das N1 benötigt diese Funktionen nicht wirklich, denn dank 3.610 mAh-Akku lieferte es im Test eine überragende Laufzeit ab. Selbst nach zwei Tagen durchschnittlicher Nutzung (30 Minuten Telefonieren, eine Stunde mobiles Surfen, Synchronisation aktiviert) blieb noch knapp ein Viertel Akkuladung übrig. Eine derart gute Akkulaufzeit im futurezone-Test hatten zuletzt lediglich das LG G2 sowie das Huawei Ascend Mate. Etwas schwächer war die Akkulaufzeit jedoch unter CyanogenMod. Die Akkulaufzeit ist mit knapp eineinhalb Tagen zwar ebenfalls sehr gut, aber ein deutliches Stück schwächer als bei Color OS.

AnTuTu: 26617 Punkte
Quadrant: 11004 Punkte
3D Mark: 7333 Punkte
Vellamo: 2369 / 741 Punkte

Die Performance des N1 ist mehr als nur solide und in etwa auf dem Niveau des HTC One. Letztendlich macht es kaum Unterschied, ob nun ein Krait 300 oder 400 beziehungsweise Adreno 320 oder 330 zum Einsatz kommen, der Unterschied ist für den Alltagsgebrauch weitestgehend vernachlässigbar. Es ist mittlerweile schwer geworden, aktuelle SoCs in Alltagssituationen auszulasten, selbst mit aktuellen Spielen, die aufwändige 3D-Grafik bieten, beispielsweise GTA San Andreas. Letztendlich sind es ein paar zusätzliche Reserven für die Zukunft, die aber nicht zwingend erforderlich sind.

Im Lieferumfang des N1 findet sich neben dem üblichen Zubehör wie Ladegerät und Kopfhörer auch der sogenannte O-Click. Ähnlich wie das HTC Fetch ist der O-Click als Schlüsselanhänger konzipiert und wird per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden. Dieser Schlüsselanhänger warnt den Nutzer, wenn sich N1 und O-Click zu weit voneinander entfernen, beispielsweise wenn der Schlüssel oder das Smartphone vergessen wird (wenn man beides gleichzeitig vergisst, hilft aber auch das O-Click nicht).

Per Knopfdruck auf das O-Click lässt sich ein lauter Klingelton aktivieren, der bei der Suche nach dem Smartphone helfen soll. Zudem kann der O-Click auch als Fernauslöser für die Kamera verwendet werden. Der Schlüsselanhänger wird mit einer Knopfbatterie betrieben, dank Bluetooth LE (Low Energy) soll der Akku des Smartphones kaum beansprucht werden.

Neben dem Touchscreen sowie den Hardware- und Soft-Keys bietet das N1 eine weitere Eingabemöglichkeit. Auf der Rückseite des N1 befindet sich eine knapp vier mal drei Zentimeter große Touch-Fläche namens O-Touch. Mit dieser kann beispielsweise im Browser gescrollt oder zwischen den Homescreens gewechselt werden. Der Nutzen der Touch-Fläche ist jedoch begrenzt, da er oftmals nur behäbig reagiert und wenige Funktionen bietet. Die O-Touch-Fläche lässt sich auch im mitgelieferten Easy Cover nutzen, allerdings funktionierte sie hier zeitweise überhaupt nicht.

Die Idee einer solchen Touch-Fläche ist nicht wirklich neu, Sony hat es bereits bei der Handheld-Spielkonsole PS Vita versucht und ist dabei auf wenig Liebe für das neue Bedienkonzept gestoßen. Dennoch könnten in Zukunft vermehrt Smartphone-Hersteller auf ein ähnliches Konzept setzen, Google hat beispielsweise für ein derartiges Touch-Panel bereits ein Patent eingereicht.

Der 5,9 Zoll große IPS-Bildschirm des N1 ist nahezu über jeden Zweifel erhaben. Die Helligkeit ist sehr gut, lediglich das Schwarz kann nicht so recht mit aktuellen Super AMOLED-Bildschirmen mithalten und ist recht blass. Der Kontrast ist dennoch gut und ausgewogen, auch wenn dunkle Farben im Vergleich mit dem Retina-Display des iPhone 5 einen Tick heller und ausgewaschener wirken. Der Betrachtungswinkel ist aus allen Lagen in Ordnung, die Helligkeit beginnt erst bei einem sehr steilen Winkel (mehr als 170 Grad) abzufallen. Dank der Pixeldichte von 373 ppi benötigt man schon eine Lupe oder Adleraugen, um einzelne Pixel zu erkennen.

Qual der Wahl bei Betriebssystem

Oppo bietet beim Kauf des N1 an, das Smartphone wahlweise mit dem hauseigenen Android-Ableger Color OS oder dem bekannten CyanogenMod auszuliefern. Dem Benutzer bleibt aber die Wahl überlassen, auch nachträglich kann das Betriebssystem gewechselt werden. Sowohl Oppo als auch CyanogenMod stellen online die offiziellen Images zum Download bereit. Die futurezone hat das N1 mit beiden Android-ROMs getestet.

Die System-Apps des Color OS sind durchwegs gut durchdacht und bieten einen ordentlichen Funktionsumfang. Mit einer Wisch-Geste nach oben in der Kalender-App kann von der Monats- in die Jahresübersicht gewechselt werden, nach unten wischen zeigt die Tages-Agenda. Absurderweise fehlt jedoch eine Wochen-Ansicht - ein Problem, das man bislang nur aus der Windows Phone-Kalender-App kannte. Der mitgelieferte Datei-Manager ist ebenfalls überraschend aufgeräumt und bietet unter anderem einen integrierten FTP- und DLNA-Server.

Mit Color OS bietet Oppo auch seinen hauseigenen Cloudspeicherdienst, die O-Cloud, an. Die Funktionalität ähnelt iCloud auf Apple-Smartphones, der Benutzer kann seine Kontakte, SMS und Fotos automatisch sichern. Dafür stehen insgesamt fünf Gigabyte an Speicherplatz zur Verfügung. Ähnlich dem Android Gerätemanager kann das Smartphone auch per Browser lokalisiert werden. Wird die Ortungsfunktion aus der Ferne aktiviert, schaltet das N1 automatisch GPS hinzu, um die Genauigkeit zu verbessern. Sollte die SIM-Karte im N1 gewechselt werden, sendet Oppo auf Wunsch auch eine SMS mit einer Benachrichtigung an eine bestimmte Nummer. Zurücksetzen sowie Formatieren aus der Ferne ist ebenfalls möglich. Fotos vom möglichen Dieb automatisch anzufertigen, wie es beispielsweise bei Lookout Security integriert wurde, ist beim N1 aufgrund des ungewöhnlichen Kamera-Konzeptes nicht möglich.

Apps einschränken

Die App "Datenüberwachung" liefert gut aufgeschlüsselte Informationen zum Datenverbrauch einzelner Apps, ermöglicht aber lediglich das Festlegen eines allgemeinen Limits. Die App erwarnt nicht nur beim Erreichen bestimmter Schwellen, sondern auch wenn eine ungewöhnlich hohe Menge an einem Tag verbraucht wurde (mehr als 20 Prozent des eingestellten Datenpakets). Die Nutzung mobiler Daten durch einzelne Apps lässt sich wiederum in der eigenen App "Dateneinsparung" beschränken. Dort kann festgelegt werden, ob eine App auch Daten verbrauchen darf, wenn sie gerade nicht im Vordergrund aktiv ist.

Die "Energieverwaltung" wirkte hingegen etwas lieblos und bietet kaum Funktionen. Im "Energiesparmodus" wird lediglich die Bildschirmhelligkeit stark reduziert und das Touch-Feedback deaktiviert. Zudem wird dem Benutzer die Möglichkeit gegeben, alle drahtlosen Dienste, mit Ausnahme der Telefon-Funktion, zu deaktivieren. Allerdings nicht einzeln, sondern ausschließlich gesammelt (WLAN, GPS, Bluetooth, Datenverbindung), weswegen sich der Sinn dieser Funktion im Test nicht ganz erschließen ließ.

Eine nette Idee ist der Urlaubs-Modus, der den Benutzer vor zu viel Stress im Urlaub bewahren soll. Der Benutzer kann einen täglichen Zeitraum festlegen, in dem alle Anrufe und Mitteilungen stumm geschaltet werden. Lediglich über Kontaktversuche von Personen, die auf einer selbst angelegten Whitelist stehen, wird der Benutzer benachrichtigt. Eine Ausnahme sind jedoch Notfälle: Ruft eine Person, die nicht auf der Whitelist steht, innerhalb von drei Minuten drei Mal an, wird der Anruf laut geschaltet. Der Gast-Modus ist hingegen unnötig kompliziert gelöst. Statt jedem ohne Passwort Zugang zum Gast-Modus zu gewähren, benötigt der Gast ebenfalls ein Passwort, beispielsweise ein eigenes Entsperr-Muster. Die Auswahl der zugelassenen Apps und Daten erfolgt zudem nach dem Opt-Out-Modus. Das heißt, alle Apps und Daten sind im Gast-Modus aktiv, solange sie nicht in den Einstellungen explizit abgewählt werden.

Ein durchaus sinnvolles Feature ist die "Erlaubnisüberwachung", mit der überprüft werden kann, welche Apps über bestimmte Berechtigungen besitzen. Dabei kann wahlweise nach Apps oder Berechtigungen sortiert und letztere auf Wunsch auch entzogen werden. Das kann natürlich die Funktionalität einiger Apps einschränken, viele Apps nehmen sich aber ohnedies eine recht breite Palette an Berechtigungen, die oftmals nur selten benötigt werden. Wahlweise ist es auch möglich, einzelne Berechtigungen nur dann, wenn sie benötigt werden, zu erteilen.

Touchpad und Bugs

Wie bei Android-Tablets macht es auch am Oppo N1 einen Unterschied, ob man an der rechten oder linken Hälfte des Bildschirms die Benachrichtigungsleiste herunterzieht. Zieht man sie rechts herunter, werden neben den zahlreichen Quick Settings auch wie gewohnt die bisherigen Benachrichtigungen präsentiert. Setzt man jedoch auf der linken Bildschirmhälfte an, bekommt der Benutzer das "Touchpad" präsentiert. Auf diesem kann der Benutzer Wischgesten aufzeichnen, die mit Programmen oder Aktionen verknüpft sind. Ein Kreis startet beispielsweise die Kamera-App. Inwiefern das allerdings schneller sein soll als einfach nur die Kamera-App am Homescreen auszuwählen, ließ sich nicht so recht nachvollziehen. Die Funktion ist eher störend, da der Benutzer bei der Bedienung mit der linken Hand meist versehentlich diesen Bildschirm aktiviert.

Ungewöhnlich ist auch der verwendete Android-Launcher, der neben dem bekannten Homescreen auch über einen "Foto-" oder "Musik-Bereich" verfügt. Diese nehmen einen kompletten Bildschirm des Homescreens ein und erlauben den Schnellzugriff auf die Kamera- und Musik-App. Wie auch bei anderen chinesischen Herstellern, wie Huawei oder Xiaomi, wird ein Theme-Store mitgeliefert, in dem sich auch zahlreiche Comic- und Anime-Themes finden. Glücklicherweise bietet Oppo auch die offizielle Android Jelly Bean-Optik zur Auswahl an. Hin und wieder sorgte das System für kleinere Schwierigkeiten. So wurden beispielsweise die Benachrichtigungen auf einen winzigen Streifen verkleinert und waren so unleserlich. Zudem wurde des öfteren die Datenverbindung aus unerfindlichen Gründen verloren und konnte nur mit Hilfe eines Neustarts reaktiviert werden. Dennoch wirkte das System, wie für ein Hersteller-Android üblich, stabil und verursachte keine schwerwiegenden Probleme.

Leider lässt sich nicht das selbe über die angebotene CyanogenMod-Version sagen. Dafür, dass es sich beim N1 um das erste offizielle CyanogenMod-Smartphone handelt, wurde die Software auf das Smartphone noch nicht wirklich angepasst. Einige Features, beispielsweise der O-Click, funktionieren einfach noch nicht oder nur teilweise. Zudem kommt CyanogenMod 10.2 zum Einsatz, das noch auf Android 4.3 basiert. CyanogenMod liefert aber bereits seit geraumer Zeit erste ROMs mit der Versionsnummer 11 aus, die auf Android 4.4 basieren. Wenn das erste offizielle CyanogenMod-Smartphone eine unfertige Version erhält, wieso kann es nicht die jüngste sein?

Unglücklicherweise beantworten weder CyanogenMod noch Oppo diese Frage, die bereits von zahlreichen verärgerten Kunden über Google+, Twitter oder die offiziellen Foren gestellt wurden. Die Art und Weise, wie dann CyanogenMod mit dieser Kritik umging, war nicht unbedingt optimal. Am 21.Jänner wurdeein Blog-Post veröffentlicht, in dem der Test-Prozess eines Updates erläutert wurde. Das kümmerte die CyanogenMod-Community, die rasche, oftmals sogar tägliche, Updates gewohnt ist, nur wenig. Besonders ärgerlich ist, dass das mitgelieferte Easy Cover nicht mit CyanogenMod funktioniert. Unter CyanogenMod lässt sich das Easy Cover nicht einmal unbedenklich nur als Schutzhülle verwenden, denn das standardmäßig aktivierte Knock-On-Feature, bei dem das N1 durch doppeltes Antippen des Bildschirmes aktiviert wird, sorgt gelegentlich für Ärger. So kann es passieren, dass der Bildschirm ohne ersichtlichen Grund aufgeweckt wird, das Schließen des Deckels aber wiederum nicht das Deaktivieren bewirkt.

Bessere Kamera-App

Abgesehen von diesen Kommunikations- und Start-Schwierigkeiten ist es weiterhin jenes CyanogenMod, das zu Recht derzeit 10,6 Millionen Nutzer zählt. Allein das Profil-Feature, mit dem auf Basis von NFC-Tags oder dem Standort System-Einstellungen automatisch angepasst werden, ist ungemein praktisch. Mit Ausnahme der teilweisen Implementierung der N1-Funktionen gleicht diese CyanogenMod-Version aber der für andere Modelle wie ein Ei dem anderen. Der wohl größte Vorteil von CyanogenMod gegenüber Color OS ist aber die Kamera-App. Diese bietet zwar nicht mehr Funktionen, ist aber deutlich einfacher zu bedienen. Das mehrstufige Interface erlaubt das rasche Verändern von Szene, Weißabgleich, Timer oder Bildgröße. Lediglich das Verlängern der Belichtungszeit, die auf bis zu acht Sekunden unter Color OS hochgeschraubt werden kann, findet sich hier nicht. Es gibt lediglich einen Modus "Lange belichten", der allerdings kein manuelles Einstellen der Belichtungszeit erlaubt und keine sichtbaren Vorteile bietet.

Es gibt viele gute Gründe, sich für das N1 zu entscheiden, CyanogenMod zählt aber (noch) nicht dazu. Auch wenn ein offizielles CyanogenMod-Smartphone reizvoll klingen mag, die Software ist derzeit noch nicht wirklich ausgereift, da sich das Start-up mit diesem Projekt wohl etwas übernommen hat. Zur Zeit sind das offizielle Color OS sowie die auf Android 4.4 basierende OmniROM die bessere Wahl, auch weil sie eine deutlich längere Akkulaufzeit bieten sowie alle Features des N1 bereits unterstützen. Das CyanogenMod-Team beteuert stets, dass es intensiv an Updates arbeite, die schon bald gesammelt veröffentlicht werden sollen. Mutige können weiterhin Nightly-Builds installieren und hoffen, dass darin mehr Fehler beseitigt statt hinzugekommen sind.

Mit der hervorragenden Akku-Laufzeit sowie der recht einzigartigen Kamera kann das N1 ebenfalls zwei weitere Punkte auf der Pro-Seite verbuchen. Abstriche müssen jedoch beim Formfaktor gemacht werden, denn im Vergleich mit anderen Phablets versucht das N1 nicht einmal, kompakte Maße zu bieten. Für eingefleischte CyanogenMod-Fans, die zumindest für die nächsten ein bis zwei Jahre offizielle Updates von CyanogenMod erhalten wollen, ist das N1 mit Sicherheit eine gute Wahl. Fans von Custom-ROMs sollten aber eher die Finger vom N1 lassen. Denn obwohl bereits zum Start eine kleine Auswahl an verschiedenen Custom-ROMs zur Verfügung steht, zeigt die Community auf XDA-Developers sowie den offiziellen Oppo-Foren derzeit kaum Interesse am N1.

Alternativen

Wer etwas kompaktere Maße wünscht, sollte einen Blick auf das Samsung Galaxy Note 3 werfen, das mit flotter Snapdragon 800-SoC sowie einem Stylus ausgestattet ist. Das 5,7 Zoll-Smartphone ist derzeit für rund 530 Euro erhältlich und bietet zudem einen microSD-Kartenslot sowie einen tauschbaren Akku. Wer den Umstieg auf Windows Phone 8 wagen möchte, kann auch das Nokia Lumia 1520 ins Auge fassen, das mit gutem 6 Zoll-Bildschirm und einer 20 Megapixel-Kamera punkten kann. Mit 650 Euro Straßenpreis ist es aber ein beträchtliches Stück teurer als das N1. Wer noch etwas zuwarten kann und auf sein Budget achtet, sollte einen Blick auf das Huawei Ascend Mate 2 werfen, das trotz 6,2 Zoll-Bildschirm recht schlank ist, einen 4.050 mAh-Akku mitbringt und ebenfalls großen Wert auf "Selfie"-Funktionen legt. Bislang gibt es aber noch keinen Termin für Österreich, der Vorgänger kostete 350 Euro.

Modell:
Oppo N1
Display:
5,9 Zoll IPS LC-Bildschirm - 1920 x 1080 Pixel (16:9, 373 ppi, geschützt von Gorilla Glass 3)
Prozessor:
1,7 GHz Quadcore (Qualcomm Snapdragon 600)
RAM:
2 Gigabyte
Speicher:
16 oder 32 GB intern, kein microSD-Kartenslot
Betriebssystem:
Color OS (Android 4.2) oder CyanogenMod 10.2 (Android 4.3)
Anschlüsse/Extras:
microUSB, Bluetooth 4.0, WLAN (a/b/g/n), NFC, O-Click-Anhäger, In-Ear-Kopfhörer, O-Touch-Bedienfläche, Easy-Cover
Akku:
3.610 mAh
Kamera:
13 Megapixel (f2.0, um 206 Grad drehbar, Dual-LED-Blitz)
Videos:
Aufnahme in 1080p bei 30 fps möglich
Maße:
170,7 x 82,6 x 9 mm, 213 Gramm
Preis:
449 Euro (16 GB, 479 Euro für 32 GB-Variante, nur im OppoStyle-Shop erhältlich)

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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