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Wochenendspiel

Risen 2 im Test: Kampf um Ru(h)m und Ehre

Kaum ein Szenario wurde in den letzten Jahren wieder derart populär wie das Piraten-Setting. Ungeachtet der Überfälle "echter" Piraten in Somalia - Freibeuter sind dank Disneys "Fluch der Karibik"-Reihe so beliebt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Dieser Trend scheint aber nicht auf die Videospielbranche übergeschwappt zu sein. Einige wenige Spiele, wie die Neuauflage von Sid Meiers Pirates!, fanden zwar den Weg in die Läden, blieben aber trotz der beliebten Filmserie wie Blei in den Regalen liegen. Das könnte sich nun mit Risen 2 ändern. Denn das neue Rollenspiel aus dem Hause der Gothic-Macher Piranha Bytes führt die Stärken der Gothic- und Risen-Serie fort und versetzt den Spieler in eine abenteuerliche Welt voller Schatzsuchen, Säbelkämpfe und Trinkspiele.

Klischees am laufenden Band
Das Spiel setzt dort an, wo Risen 1 endete. Verzweifelt und ohne Aussicht auf Besserung seines Lebens gibt sich der Hauptcharakter dem Alkohol hin und leert eine Flasche Rum nach der anderen. Verständlich, denn er hat, wie bereits seit dem ersten Gothic, immer noch keinen Namen. Doch der Grund für sein Trinkproblem liegt dennoch woanders. Zum Einen verlor er am Ende von Risen 1 ein Auge, zum Anderen muss er mitansehen, wie vor der Küste ein Riesenkrake ein Schiff in die Tiefe reißt. Doch wie es das Schicksal so will, hat das auch sein Gutes. Denn eine der wenigen Überlebenden ist die aus dem ersten Risen bekannte Piratendame Patty, die davon erzählt, dass Meerhexe Mara hinter den plötzlich erscheinenden Seeungeheuern steckt. Sie liefert aber auch eine Lösung: ihr Vater, der berühmt-berüchtigte Kapitän Stahlbart, ist auf der Suche nach einer Waffe, mit der sie besiegt werden könne. Hier beginnt das eigentliche Spiel: Der namenlose Held wird offiziell aus der Inquisition entlassen und begibt sich gemeinsam mit Patty als Spion auf das Piratenschiff von Kapitän Stahlbart.

Zu minimalistisch
Piranha Bytes setzt in Risen 2 auf Minimalismus. Der Spieler wird nicht mit lästigen Texteinblendungen, die den Spielablauf erklären, belästigt, sondern er erfährt die notwendigen Informationen im Laufe der zahlreichen Quests am Anfang. Zumindest die meisten. Denn das Charaktersystem bleibt zu Beginn vollkommen unkommentiert. Dabei ist gerade das im Vergleich zu anderen Rollenspielen erfrischend anders. Für erfüllte Aufgaben erhält der Spieler Ruhmpunkte, mit denen er seine fünf Charakterfähigkeiten verbessern kann. Dadurch verbessern sich wiederum die Werte des Charakters, andererseits kann er auch erst auf bestimmten Stufen zusätzliche Fähigkeiten bei Lehrern erwerben. Diese lassen sich dafür wiederum fürstlich mit Gold entlohnen. So ist man stets dazu gezwungen neue Aufgaben anzunehmen um seinen Charakter zu verbessern. Simples Monster metzeln und das Sammeln von Erfahrungspunkten reicht somit nicht mehr aus.

So nett das System auch sein mag, ist es dennoch verwirrend, da es nirgendwo erklärt wird. Besonders problematisch wird dies gleich zu Beginn, als Stahlbart überzeugt werden will. Dafür soll der Spieler unter anderem eine Truhe öffnen. Das kann er aber wiederum nur, wenn er die Fähigkeit "Schlösser knacken" erlernt hat, wofür er allerdings Stufe 4 in Diebeskunst benötigt. Das dürfte Anfänger eher frustrieren und sie um eines der besten Rollenspiele der letzten Jahre bringen. Das zeichnet sich auch durch die relativ abwechslungreichen Missionen aus, unter denen sich auch gelegentlich einmal eine lästige Jagd- und Sammelaufgabe mischt. Als Ausgleich dafür darf man sich mit Minispielen wie einem Wetttrinken oder Schießtraining ablenken.

Klickorgien vorprogrammiert
Der Minimalismus setzt sich auch im Kampfsystem fort, das lediglich auf zwei Tasten setzt. Die linke Maustaste ist Angriff, mit der rechten Taste wird im Nahkampf geblockt. Durch gut getimte Schläge löst man Kombos aus, die auch bei den einzelnen Lehrern ausgebaut werden können. So weit, so gut, doch die Kämpfe arten mitunter in reine Klickorgien aus, da durch die große Anzahl an Gegnern der Spieler gelegentlich unter Druck gerät. Somit ist das Geld in stärkeren Waffen deutlich besser angelegt. Ein Lob muss man den Entwicklern allerdings bei der Benutzeroberfläche aussprechen. Diese wurde für die Bedienung mit der Maus optimiert und vereint alle wichtigen Informationen.

Grafik und Sound
Risen 2 holt noch einmal das Letzte aus der eigens entwickelten Engine heraus. Die einzelnen Schauplätze sind unheimlich detailliert und lassen niemals den Eindruck entstehen, dass hier mit einem Zufallsgenerator gearbeitet worden wäre. Generell gibt sich das Spiel bereits mit relativ wenig zufrieden, die Systemanforderungen sind im Vergleich zum Vorgänger nahezu gleich geblieben. An der farbenfrohen und stimmigen Piratenwelt gibt es fast nichts zu kritisieren. Einzig die immer noch relativ hölzernen Animationen stören das Gesamtbild etwas. Sehr auffällig ist dies bei Konversationen, in denen die Gesichtszüge etwas unbeholfen wirken oder etwa die etwas abgehackten Laufanimationen. Die Vertonung des Spiels ist aber dennoch generell gut gelungen. Die Stimmen treffen die Stimmung gut und wirken nie lächerlich, wie dies gelegentlich bei deutschen Synchronisationen der Fall ist.

Fazit
Risen 2 ist ein klassisches Spiel von Piranha Bytes, denn es ist dermaßen detailverliebt und umfangreich, dass man ihm auch die vielen kleinen Fehler verzeiht. Die Abenteuerlust ist sofort geweckt nachdem man mit dem namenlosen Charakter das Schiff verlässt und seine Karriere als Freibeuter beginnt. Immer wieder möchte man sich auf die Suche nach Schätzen oder noch unerkundeten Gebieten begeben, sodass auch die etwas langatmig erzählte Geschichte zur Nebensache wird. Alle bisher genannten Probleme sind beheb- oder verschmerzbar. Einzig der Schwierigkeitsgrad steigt dadurch für Anfänger ein wenig. Sie sollten aber trotzdem einen Blick riskieren. Für Fans der Gothic-Serie ist ein Kauf von Risen 2 Pflicht, Rollenspiel-Enthusiasten sollten aber zuvor abwägen, ob ihnen das Szenario zusagt oder nicht.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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