© Jakob Steinschaden

App

susi.at: Wiener Angriff auf Google Maps und Yelp

Susi heißt eigentlich gar nicht Susi, sondern ist ein 16-jähriges Model aus der Slowakei. Sie hat ihr Gesicht lediglich der neuen Smartphone-App susi.at (gratis, für iPhone und Android) geborgt, die aktuell bei 40.000 Nutzern hält. Anbieter ist der Bezirksinformation-Zeitschriftenverlag, der zwei Mal pro Jahr in Wiener und niederösterreichischen Postkästen seine Bezirksinfo-Broschüre deponiert - und sich deswegen als die Firma mit dem besten lokalen Know-how sieht.

Denn susi.at (kurz für “suchen Sie”) soll die ultimative Ortssuche am Smartphone sein und Herold.at, Google Maps und das Lokal-Bewertungs-Portal Yelp in die Schranken weisen. 640.000 Locations, davon 300.000 Firmen und 25.000 Geschäfte mit Öffnungszeiten, lassen sich am Smartphone orten. Ohne die Online-Karte des großen Internet-Konzerns kommt susi.at aber nicht aus, sondern baut auf Google Maps auf.

Wo ist der nächste Bankomat?
Wie neueste Zahlen zeigen, suchen susi.at-Nutzer besonders oft nach Restaurants, Bankomaten, Supermärkten, Tankstellen, Apotheken, Radarfallen, Trafiken, Fastfood-Ketten und Ärzten. Die Kategorie “Hunger”, die von der Bäckerei bis zum Gourmet-Restaurant vieles aufstöbert, wird als meist gefragte Suchfunktion pro Tag mehr als 3000 Mal angeworfen. Sofern verfügbar, zeigt die App mit einem roten bzw. grünen Symbol an, ob das Geschäft gerade offen hat oder nicht. Zusätzlich gibt es Telefonnummern, Links zu den Webseiten sowie Nutzerkommentare-  und falls die Firma susi.at-Kunde ist, auch Videos, Fotos, Infos zu Sonderangeboten und Eventeinträge.

Die Nutzer werden außerdem zum Mitmachen aufgefordert und können fehlende Orte und Infos ergänzen. Besonders aktive Nutzer - so genannte susi-Scouts mit mehr als 50 Beiträgen - werden mit Geschenken und exklusiven Verlosungen belohnt.

Alleskönner-App
“Susi.at soll so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau sein, mit der man alles in der eigenen Umgebung finden kann”, sagt susi.at-Chef Harald Neumaerker zur futurezone. “Es ist nicht nur eine Map, nicht nur eine Bewertungs-Plattform und nicht nur ein Nachschlagewerk wie der Herold. Man kann damit nach einer Wurstsemmel suchen oder nachschauen, ob auf der Tangente gerade Stau ist.” In einem ersten futurezone-Check erweist sich susi.at durchaus als nützlich - vor allem zum Finden von Bankomaten ist die App besser geeignet als Google Maps.

Die Idee zur susi.at-App ist bereits mehr als vier Jahre alt. Die Bezirksinfo-Betreiber mussten vor dem Start aber erst den Such-Algorithmus (in den USA zum Patent eingereicht) und die Datenbank aufgebauen und dann Hürden wie Apples Design-Vorschriften und die Android-Fragmentierung nehmen. Perfekt funktioniert die Software allerdings noch nicht: In den App Stores klagen Nutzer über Abstürze und fehlende Orte.

“Das ist Jammern auf hohem Niveau. Mir fällt keine andere so vollständige App ein”, sagt Thomas Khom, der bei susi.at die technische Leitung über hat. Demnächst will der Anbieter aber bei den Funktionen nachbessern und etwa das Anlegen von Favoriten vereinfachen.

Verbesserungen stehen an
Außerdem sollen die Kategorien, in denen die Nutzer suchen, immer weiter verfeinert werden - bis hinunter zu Spezialbereichen wie saubere Frauentoiletten oder Weihnachtsmärkte. “Ein Mädel bei uns recherchiert gerade Badeplätze. Sie wird natürlich nicht alle geheimen besten Stellen, wo man ins Wasser hupfen kann, finden, aber wir werden den Nutzern trotzdem viele gute Tipps geben können, und zwar mehr als nur die offiziellen Schwimmbäder”, sagt Neumaerker.

Sechs der insgesamt 45 Mitarbeiter sind ausschließlich damit beschäftigt, die Datenbank zu pflegen und ständig zu erweitern, recherchieren Standortlisten. Der Anspruch: Das beste mobile Ortsverzeichnis in Österreich zu bieten - und zwar mit tagesaktuellen Daten.

Angesprochen an potente Konkurrenten wie Herold, Yelp, AroundMe, Qype, Google Maps oder Tupalo, meint Neumaerker: “Alle diese Apps sind jeweils nur ein Torteneck jenes Ganzen, das susi.at abbildet.” Sein Angebot hätte eine höhere Vollständigkeit als User-getriebene Plattformen. Das man die App mit dem ständigen Ausbau neuer Kategorien überfrachte, sei keine Gefahr. “Zum Auffinden von Orten werden sich die meisten nicht extra eine Apotheken-App, eine Supermarkt-App und eine Tankstellen-App laden, sondern zu einer Lösung greifen, die das alles gesammelt anzeigen kann”, so Technik-Chef Khom.

Kunden zahlen für Besserstellung
Zwar ist susi.at noch nicht in den schwarzen Zahlen, kann aber bereits Einnahmen vorweisen. 800 Werbekunden leisten sich nach monatlichen Tarifen ab 99 Euro/Monat (exkl. Mwst.) die Business-Pakete “Insider” oder “Insider Pro” kosten. Dafür werden sie in der Suche besonders hervorgehoben, etwa mit Firmenlogo und umfangreicheren Präsentationsmöglichkeiten (Fotos, Videos, PDFs, Angebote, Events). Außerdem gelten für ihre Einträge mehr Suchbegriffe. Der Break Even soll im Frühjahr 2013 erreicht werden.

Eine Erfolgsmessung - etwa über Check-ins oder einlösbare Gutscheine (also Beweise, dass ein Nutzer tatsächlich in einem gefundenen Geschäft aufgetaucht ist und Geld ausgegeben hat) -  für diese werblichen Maßnahmen gibt es nicht. “Wir tracken nicht mit, wo die Leute hingehen, nachdem sie etwas gesucht haben”, so Neumaerker. Foursquare-Checkíns oder Groupon-Voucher hätten sich in Österreich nicht bei der Masse durchgesetzt.

Selbstbewusste Zielsetzung
Zwar will man susi.at für Österreich weiter optimieren, doch Neumaerker schweben bereits große Ziele vor. Anstatt nur nach Deutschland oder Osteuropa zu expandieren, will er einen internationalen Konzern als Partner, mit dem man “auf einen Schlag die ganze Welt” erobern kann. Mit dem richtigen Partner, relativ wenig Geld und in kurzer Zeit könne man das Produkt weltweit verfügbar machen.

“Ein Partner, der nur in Deutschland aktiv ist, ist lieb, aber wenn einem die ganze Welt offensteht, wäre es blöd, nur an Deutschland zu denken”, zeigt sich der susi.at-Chef zuversichtlich. Als Ablöse seines Print-Verlags will er das neue digitale Geschäft übrigens nicht verstanden wissen. "Print ist nicht am Sterben, wie viele sagen. Print und Online werden noch viel länger nebeneinander existieren."

Mehr zum Thema

  • Instagram 3.0 integriert Fotokarte
  • City Maps 2Go: Kostenlose Offlinekarten im Test
  • 192.000 aktive Nutzer bei OpenStreetMap

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Jakob Steinschaden

mehr lesen
Jakob Steinschaden

Kommentare