© Stephan Boroviczeny

Interview

"UPC würde uns definitiv interessieren"

Die TA freut sich gerade über ein Festnetz-Revival, wie sieht das der Konkurrent, der kein Festnetz hat?

Wir haben es nicht und sind der Meinung, dass Mobilfunk und Mobilkommunikation ein großes Potenzial und auch Vorteile hat - unsere Reise ist eine mobile Reise.

Aber hätten Sie nicht doch gerne ein eigenes Festnetz?

Positiv betrachtet, fallen uns keine operativen Kosten an, und ein Wow-Markt ist das Festnetz auch nicht. Zudem muss ich sagen: Im internationalen Vergleich liegt Österreich weit hinten, was die Versorgung von Haushalten mit Glasfaser anlangt. Dafür ist Österreich mit hervorragenden 3G-Netzen ausgestattet - und das ist unsere Mission.

Wird ein Mobilfunkbetreiber künftig ohne Festnetz überleben können? Wenn ich am iPad eine App downloaden möchte, die größer als 10 MB ist, verweist mich das iPad auf ein WLAN. Da nützt kein 3G-Netz. Da braucht man doch Konvergenz, die man seit Jahren schon predigt?


Stimmt. Aber hoffentlich werden diese Aufforderung (ein WLAN zu nutzen, //Anm//.) nicht mehr aufscheinen, wenn es 4G- bzw. LTE-Netze gibt. Das Tempo wird schneller und die Latenzzeit langsamer als am WLAN. Für uns als Firma, die mobiles Breitband anbietet, ist wichtig, dass die Basisstationen ans Glasfasernetz angeschlossen sind. Die big pipe, also die dicke Internet-Leitung, muss nicht in ein Haus reichen, sie muss zur Basisstation führen. Das ist unser Business-Modell, wenn die dicke Internet-Leitung bei der Basisstation ist, kann das Handynetz den Rest tun.

Es gäbe ja einen Festnetzbetreiber, den man theoretisch kaufen könnte, UPC. Wäre das nicht ein interessanter Übernahmekandidat?

Das wäre definitiv interessant für uns in Österreich, aber das können nicht wir hier in Österreich entscheiden, diese Entscheidung wird in Deutschland gefällt. Allerdings muss man bedenken, dass UPC am Land praktisch nicht vorhanden wäre. UPC ist ein Stadt-Provider und kein nationaler Provider.

T-Mobile ist laut eigener Aussage der erste Betreiber, der mit 4G in Österreich gestartet sind. Unten im Foyer des T-Center stehen Plakate auf denen geworben wird, dass man sich in zwei Sekunden einen Song downloaden kann. Da gäbe es am Land übrigens einen kleinen Aufstand ob dieses falschen Werbeversprechens.

Österreich ist eine mordsmäßige Herausforderung. Wir haben uns entschieden, da wir ein Langzeitspieler sind, dass wir einer der Erstanwender von 4G sind. Fakt ist, dass nur T-Mobile und A1Mobilkom im 4G-Bereich aktiv sind. Die anderen zwei tun nichts in diese Richtung. Fakt ist, Innsbruck ist von uns versorgt, und einige Teile von Wien sind von Mobilkom versorgt.

Und Wiener Neustadt von Orange.

Davon hab ich nichts gehört, aber gut. Die große Frage ist, und da gebe ich Ihnen Recht, wir brauchen ein gewisses Spektrum, und das soll kostengünstig sein. Das erste Spektrum, das für 4G verfügbar war, war das 2,6 GHz Spektrum. Und das ist ein Stadt-Spektrum.


Für die ländliche Versorgung ist 2,6 GHz aber ungeeignet.

Wir müssen nun zu den technologieneutralen Spektren, und das sind eben die 800er und 900er Frequenzen der Digitalen Dividende. Daher muss das 900er-Frequenzband technologieneutral werden. Und wenn das passiert, können wir es auch im ländlichen Raum 4G ausrollen. Die Situation heute ist aber die, dass es noch immer nicht sicher ist, ob wir die Frequenzen wirklich vor 2015 bekommen - die TV-Lobby ist stark.

Haben die Handy-Betreiber leicht keine Lobby?

Wir sind zwar vier Mobilfunkbetreiber, haben aber offensichtlich keine gute Lobby. Es gibt einen Betreiber am Festnetz, die Telekom Austria, die hat eine fantastische Lobby. Und die macht alle glauben, dass das einzige, was dieses Land braucht, Subventionen für Glasfaser sind. Aber anstatt in jedes Haus eine Glasfaserleitung zu legen, was ja sauteuer ist, ist es sinnvoller, die Basisstationen an diese Leitungen anzuschließen.

Sollen die Lizenzen für die Frequenzen der Digitalen Dividende versteigert werden oder verschenkt, wie in Finnland? Das wäre eine Art indirekte Förderung für den Mobilfunk und 4G?

Ich plädiere für Gratis-Lizenzen in Österreich.


Und damit kann sich jeder der vier ein 4G-Netz leisten? Auch Hutchison 3G.

Naja, es geht nicht nur um die Lizenz-Kosten, in Summe muss man ein Unternehmen mit einer gewissen Anzahl an Mitarbeitern führen, mit verhältnismäßig günstigen operativen Kosten. Ein Netz auszurollen - Hutchison 3G wird ja von einer anderen chinesischen Firma (ZTE, //Anm.//) unterstützt - ist ja nicht kostenlos. Nicht einmal Chinesen geben etwas für immer kostenlos her.

Was kostet ein flächendeckendes LTE-Netz? Gehen wir davon aus, Sie haben das volle Spektrum und alle Frequenzen.

T-Mobile hat bislang in all seine Netze 4 Milliarden Euro investiert. Um ein neues Netz auszurollen, auf Basis der gegenwärtigen Preise, muss man zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro rechnen.

Braucht man in der LTE-Ära mehr Funkstationen?

Nein. Würde man 2,6 GHz am Land nutzen, bräuchte man mehr, weil der Radius ein kleinerer ist. 2,6 wird daher nur in Ballungszentren verwendet. Wir würden nie am Land 2,6 GHz verwenden, sondern nur die Frequenzen aus der digitalen Dividende. 2,6 Ghz wären total unwirtschaftlich.

Das bedeutet: Wenn die Handy-Betreiber die Digitale Dividende nicht bekämen, müssen mehr Funkstationen errichtet werden.

Ja. Aber wir gehen davon aus, dass wir die Frequenzen der Digitalen Dividende erhalten.

Wie schaut der Marschplan aus bei LTE. Die Tests in Innsbruck laufen ja schon?

Das ist kein Testlauf, das ist Echtbetrieb.

Ein Echtbetrieb ohne Handys und Endgeräte. Es gibt ja noch keine.

Egal wie Sie es nennen, Handys wird es bald geben und Datensticks gibt es schon.

Eine Handvoll

Innsbruck ist die erste Stadt, die total versorgt ist - von uns. Im Gegensatz zu Wien, wo es LTE nur in einigen Bezirksteilen gibt. Nun kommen andere große Städte an die Reihe.

Was sind die nächsten LTE-Städte?

Graz, Linz - alles heuer noch. Und Teile von Wien.

Und wann kommen die ländlichen Gebiet dran?

Nicht bevor es eine Entscheidung bezüglich der Technologie-Neutralität und der Digitalen Dividende gibt.

Wann fällt da die Entscheidung?

Da müssen sie den Regulator fragen. Aber noch heuer. Die Ausschreibung de Digitalen Dividende ist heuer.

Das haben Sie mir schon im Vorjahr gesagt - dass die Entscheidung "heuer" fallen wird.

Willkommen in Österreich.

Nun zu einem anderen Thema, zu den Endgeräten. Wie lebt es sich als Mobilfunker in einem Markt, in dem viele nur eine Marke, ein Gerät wollen? Sehnen Sie sich nicht auch nach guten Geräten von anderen Herstellern?

Je älter der Mann wird, desto mehr an Erfahrung hat er gesammelt. Nichts hält, keine Party dauert ewig. Das sieht man am Beispiel Nokia und vielen anderen. Du hast immer einen, der den Ton angibt und dann passiert das Unerwartete und alles wird anders. Ich glaube, dass Apple der gesamten Industrie gezeigt hat, was es bedeutet, einen //disruptive move//, ein Erfolgsmanöver zu machen.

Was ist das Besondere an Apple?

Sie haben den //disruptive move// in einer sehr kompakten Art und Weise gezeigt - als in einer Kombination aus Hard- und Software. Auf der einen Seite das gut designte Gerät mit dem Sensoren, dem Touchscreen und dem richtigen Feeling, auf der anderen Seite das Betriebssystem, die Logik und der Weg wie man Apps downloadet. Apple hat der ganzen Industrie geholfen, auch T-Mobile in Österreich. Hochachtung. Aber es wäre meiner Meinung sehr wichtig, dass auch andere Hersteller bessere Gerät bringen.

Das klingt, als ob Sie sich von der Abhängigkeit Apples lösen wollten?

Es ist gefährlich, sich nur auf das Eine zu konzentrieren, nur einem Hersteller zu vertrauen. Ich erinnere mich daran, als wir Android gelauncht haben, mit einem sehr obskuren und etwas exotisch anmutenden Handy (G1, //Anm.//), was ganz anders als das iPhone ausgesehen hat. Die Leute haben gelacht und gemeint, wer braucht den ein anderes Betriebssystem nach Symbian und iPhone?

Ich fand das G1 nicht ganz so schlecht.

Wir haben gesagt, weil es auf komplett anderen Prinzipien basiert - freier Software, offen für Entwickler. Jetzt bewundert jeder Android, weil es größere Wachstumsraten verzeichnet als iOS, das Betriebssystem des iPhone. Zumindest in den USA, noch nicht in Österreich.

Smartphones wie das iPhone oder das Samsung Galaxy S sind sehr begehrt.

Es ist schön, ein 800-Euro-iPhone im Portfolio zu haben, wie das iPhone, aber es braucht auch günstige Geräte und die werden kommen. Ich würde auch gerne Smartphones sehen, die unter 100 Euro kosten.

Wie lange wird Apple noch den Ton angeben?

Ich will nicht zu viel über Apple reden, aber Apple hat die Musik-Story geschrieben, die Pad-Story und nicht zuletzt die App-Story. Ein brillantes Unternehmen, aber es kann wohl nicht ewig in dieser Tonart weitergehen. Aber an sich will ich keine dominante Situation.

Warum muss ich als Smartphone-Besitzer im Ausland mein Datenroaming deaktivieren, damit ich nicht eine böse Überraschung erlebe?

(//seufzt//)Weil es so einen unglaublichen Unterschied gibt zwischen den nationalen und internationalen Datentarifen. In jedem Land gibt es zwei bis drei Betreiber. Um sich mit jedem einig zu werden, ist eine unglaublich schwierige Herausforderung. Aber das soll keine Ausrede sein.

Ich war als Journalist bei der CES in Las Vegas, das erste, das ich mache ist, zu kontrollieren, ob nicht irrtümlich mein Datenroaming aktiviert ist. Das kanns ja nicht sein.

So lange es auf der anderen Seite einen Betreiber gibt, der für jedes Kilobyte viel Geld verlangt, wird es so viel kosten. Der Grund für die hohen Roamingkosten sind die hohen Großhandelspreise.

Was zahlt man für einen Kilobyte oder Megabyte Großhandelspreis?
80 Cent pro MB innerhalb der EU (EU 27), ab 1. Juli 2011 50 Cent pro MB. Außerhalb der EU gibt es keine geregelten Sätze.

Gibt es nicht Länder, die null Interesse daran haben, günstige Roaming-Tarife anzubieten. Beispiel Malediven. Da hunderttausende Touristen hinfliegen aber nur wenige Malediver Urlaub im Ausland machen, werden dort die Preise nie sinken, da der Betreiber viel Geld mit Roaming verdienen kann.

Ja, richtig.

Und in Russland wird es wohl nicht anders sein. Jenen Russen, die ins Ausland reisen, sind Roamingkosten meist egal. Ausländer, die nach Russland reisen, sind meist Business-Leute und die werden kräftig zur Kasse gebeten.

Das ist nicht nur eine Vermutung, die Sie da anstellen, das ist ein Faktum. So läuft das in der Welt ab.

Aber T-Mobile ist ein weltweiter Verbund. Warum schafft es Drei, dass sie 3likehome launchen, aber warum schafft das weder die Vodafone- oder T-Mobile-Gruppe?

Ich bin ein Optimist, dass es noch in diesem Jahr etwas geben wird, was einen signifikanten Fortschritt bedeutet. Es wird keine All-you-can-Eat-Lösung sein, sondern es wird etwas mit Kostenkontrolle zu tun haben. Und es wird leicht zu implementieren und bestellen sein.

Wann haben Sie dieses Angebot im Portfolio?

Lassen Sie sich überraschen.

(//Gerald Reischl//)

LTE ist die Abkürzung für Long Term Evolution und meint die Mobilfunktechnologie der vierten Generation (4G). LTE folgt UMTS, das als dritte Mobilfunkgeneration (3G) bezeichnet wird. GSM ist 2G, die alten C- und D-Netze waren die 1. Generation. Bei LTE steigt das Datentempo in Mobilfunknetzen auf bis zu 170 Mbit/Sekunde. Ericsson hat bereits 1 Gbit geschafft.
Digitale Dividende Jene Funkfrequenzen, die durch die Abschaltung des analogen TV, das durch DVB-T ersetzt wurde, frei geworden sind, werden "Digitale Dividende" genannt. Es handelt sich dabei um den Frequenzbereich zwischen 790 und 862 Megahertz. Um diese Digitale Dividende kämpften Mobilfunk-, Kabelbetreiber, Konzertveranstalter und die ORF-Tochter ORS.
Technologieneutralität bedeutet, dass die Zuteilung einer bestimmten Frequenz nicht zur Nutzung einer bestimmten Technologie verpflichtet, sondern dass alle Technologien gleichberechtigt sind. Wer eine Lizenz besitzt für eine Frequenz besitzt, soll selbst entscheiden können, welche Technologien er auf dem Frequenzband einsetzt. Beispiel 900 MHz-Band: Dieses wird für GSM genutzt, kann aber auch für 3G und 4G genutzt werden - wenn es der Regulator erlaubt und das Frequenzband als technologieneutral gilt.

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