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Zuugle: Erste Suchmaschine für Wanderungen mit Öffis

In der Pandemie haben zahlreiche Menschen die Lust am Wandern neu oder erstmals für sich entdeckt. „Raus in die Natur“ ist auch für viele Städter*innen mehr als nur ein Slogan geworden. Bisher war es jedoch teilweise sehr mühsam, neue Plätze, Berge und Touren zu entdecken, wenn man über kein Auto verfügt. Das will nun „Zuugle“ ändern. So nennt sich die erste Suchmaschine für Bergtouren und Wanderungen mit Öffis, die vom Verein „Bahn zum Berg“ ehrenamtlich, aber mit finanzieller Unterstützung des Klimaschutzministeriums, entwickelt worden ist.

„Im Netz gibt es extrem viele Wandertouren, die an einem Parkplatz beginnen. Da weiß man oft nicht, wo die nächste Haltestelle ist und wie weit diese entfernt ist. Es ist extrem mühsam, das zusammenzusuchen“, erklärt Veronika Schöll, Stellvertretende Obfrau des Vereins im Gespräch mit der futurezone. „Unsere Suchmaschine garantiert öffentliche Erreichbarkeit“, so Schöll.

Das Bahn zum Berg Team bei der Ankunft am Wanderort

Weg bis zum offiziellen Start der Tour wird einberechnet

Das bedeutet in der Praxis, dass die Suchmaschine einerseits die Öffi-Daten anzeigt, andererseits kann man sicher sein, dass die nächste Bus- oder Bahnhaltestelle bis zum offiziellen Startpunkt der Wandertour maximal 30 Minuten zu Fuß entfernt ist.

Über zuugle.at lassen sich derzeit 3125 Wandertouren in Österreich und Bayern finden, die öffentlich erreichbar sind. Auswählen kann man derzeit Abfahrten von zirka 40 Orten, von denen aus man seine Touren starten kann. „Das ist noch nicht viel und wir möchten das bis Jahresende deutlich erweitern“, erklärt Schöll.

Die erste Version der Suchmaschine ist Ende April noch mit einem reduzierten Angebot offiziell an den Start gegangen. „Unser Ziel ist es, bis Jahresende alle Touren, die öffentlich erreichbar sind, auf Zuugle zu bringen“, so die stellvertretende Vereinsobfrau von „Bahn zum Berg“. Ingesamt sind rund 10 Prozent aller Bergtouren in Österreich mit Zügen oder Bussen erreichbar, schätzt die Expertin.

Auf der Website von Bahn zum Berg lassen sich viele Informationen nachlesen

Nicht alle Gegenden sind gleich gut öffentlich erreichbar

„Wir merken ein starkes Ost-West-Gefälle“, so Schöll. „Vorarlberg und Tirol machen in dieser Hinsicht extrem viel, auch rund um die Stadt Salzburg ist die Infrastruktur großartig ausgebaut. In Vorarlberg kommt man in jeden Winkel und es herrschen fast schon Schweizer Zustände“, sagt Schöll. Dann gebe es noch Gegenden, die öffentlich eher schwieriger erreichbar seien, wie etwa das Auseer Land, das Gesäuse oder der Naturpark Mürzeroberland.

„Wir merken, dass Öffis nicht angenommen werden, wenn nur einmal am Tag in der Früh ein Bus fährt. Das ist unflexibel“, sagt Schöll. „Oft hapert es an der letzten Meile, also die Distanz vom Bahnhof zum Ort, an dem die Wanderung startet, ist zu groß“, sagt Schöll.

So funktioniert die Suchmaschine

Sucht man auf Zuugle nach einer Tour mit einem bekannten Ausflugsziel, werden einem gleich auf der Überblicksseite die Ergebnisse mitsamt der Dauer der Fahrtzeit sowie die Anzahl der notwendigen Umstiege angezeigt. So lässt sich auf den ersten Blick feststellen, ob eine Tour etwa auch für Familien infrage kommt. Außerdem hervorgehoben ist - wie bei Tourenportalen üblich - die Dauer der Tour, der Schwierigkeitsgrad, der Höhenunterschied und die Länge in Kilometern.

Klickt man auf eine Tour, bekommt man Details angezeigt - etwa Vorschläge zu den Abfahrzeiten mit den Öffis. Unter „Beste Anreise“ werden Zug- und Busverbindungen angezeigt - aus Wien sind das etwa vor allem die Bahnhöfe Meidling und Hauptbahnhof - und die jeweils letzte Verbindung zurück zum Ausgangsort.

Im erweiterten Auswahlmenü lassen sich die Tourlänge einstellen und etwa zwischen Tages- und Mehrtagestouren unterscheiden, sowie die Jahreszeit, der Schwierigkeitsgrad und die Höhenmeter des Anstiegs. Außerdem kann man einstellen, wie lange man bereit ist, in die Anfahrt zu investieren und wieviele Kilometer man zurücklegen kann. „Kinderfreundlich“ ist ein Extra-Filter, der für Familien interessant ist.

So sieht eine Suche mit Zuugle aus

Verkehrsdaten sind Open Source

Die Verkehrsdaten werden bei Zuugle vom „Open Source Quellen“ bezogen, die für jeden zugänglich seien, heißt es. Doch hier gibt es durchaus Verbesserungsbedarf: Die relevanten Verbindungsdaten wie Datum oder Uhrzeit lassen sich nämlich nicht selbst auswählen und einstellen. Angezeigt werden nur eine „mögliche Verbindung“ in der Früh und wann der letzte Zug retour geht. Das ist zwar wichtig, allerdings führt es dazu, dass man erst recht wieder selbst für den jeweils passenden Tag Verbindungen auf den Websites der Verkehrsbetriebe zusammensuchen muss.

Die Daten zu den Touren werden von verschiedenen Bergtour-Portalen zusammengesammelt. Einige der Touren stammen auch vom Blog des Vereins „Bahn zum Berg“. „50 Touren-Reporter*innen schreiben regelmäßig über ihre Öffi-Touren, da kommt der Content direkt von der Vereinscommunity“, so Schöll.

Über den Vereinsblog hat auch das Projekt mehr oder weniger begonnen, wie Schöll erzählt. „Unser Obmann Martin Heppner hat 2015 sein Auto verkauft und damit begonnen, darüber zu schreiben, wie es ist, mit Öffis in die Berge zu fahren.“ So seien immer mehr Menschen dazu gekommen, die aktiv Anteil haben wollten an der Mobilitätswende oder die einfach gerne mit dem Zug unterwegs sind. „Es ist eine Möglichkeit, etwas zum Klimaschutz beizutragen und sich draußen zu bewegen.“

Die Menschen von "Bahn am Berg", die an Zuugle ehrenamtlich mitgearbeitet haben, bei einer gemeinsamen Bergtour

Bereits Ende Mai sollen weitere Touren auf Zuugle dazu kommen. Auch für nächstes Jahr hat man schon einiges vor: Man möchte die Suchmaschine auf den gesamten, deutschsprachigen Alpenraum ausweiten und Südtirol und die Schweiz dazu nehmen. Zudem fließen nächstes Jahr die Ergebnisse mit ein, die von der Universität für Bodenkultur gesammelt werden. Die Uni führt dieses Jahr eine Begleitstudie zur Initiative „Bahn zum Berg“ durch.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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