Virgin-Milliardär Richard Branson an Bord des SpaceShip Two, mit dem er und seine Kinder 2014 in den Weltraum fliegen sollen
Virgin-Milliardär Richard Branson an Bord des SpaceShip Two, mit dem er und seine Kinder 2014 in den Weltraum fliegen sollen
© Reuters/LUKE MACGREGOR

Vorschau

2014 bringt großen Schub für private Raumfahrt

Seit dem Ende des Kalten Krieges investieren Staaten immer weniger Geld in Raumfahrtprojekte. Die USA und die Sowjetunion lieferten sich lange Zeit ein kostenintensives "Space Race". Heute sehen staatliche Weltraumagenturen wie NASA oder ESA ihren Auftrag mehr in der Forschung, weniger im Wettbewerb. Auch aufgrund der Kostenoptimierung wird im All immer mehr Platz für Privatunternehmen frei gemacht. Staatlich wird diese Entwicklung aktiv gefördert.

Private Weltraumunternehmen wetteifern um private, aber auch staatliche Aufträge. Einige sind auf Weltraumtourismus oder den Satelliten-Transport ausgerichtet, andere auf Flüge zur Internationalen Raumstation (ISS). Nach der ersten erfolgreichen privaten Versorgungsmission zur ISS wurde das Jahr 2012 bereits zum "Jahr der privaten Raumfahrt" erklärt. 2013 brachte weitere Erfolge, doch 2014 wird eine ganze Reihe von neuen Meilensteinen erwartet.

All-Tourismus

Die größten Hoffnungen ruhen auf dem lange ersehnten Start des ersten Passagier-Fluges von SpaceShip Two. Im Sommer 2014 soll der britische Unternehmer Richard Branson mit seinen zwei Kindern im "VSS Enterprise" getauften Raumschiff die Karman-Linie, die Grenze zum Weltraum in 100 Kilometern Höhe, überschreiten. Der All-Ausflug wird live vom US-TV-Sender NBC übertragen.

Bransons Unternehmen Virgin Galactic entwickelt seit Jahren ein Raumschiff für bis zu sechs Touristen. An Bord des SpaceShip Two, das von einem Trägerflugzeug aus gestartet wird, sollen sie die Schwerelosigkeit frei schwebend erleben. Die Warteliste ist bereits lang – trotz des Ticketpreises von umgerechnet 180.000 Euro.

Zahlende Touristen visiert auch das US-Unternehmen XCOR Aerospace an. Dessen Raumschiff Lynx transportiert laut Plan zwei Menschen oder Frachtgut und startet wie ein Flugzeug vom Boden. Ein besonders effizienter Antrieb soll es erlauben, mehrmals täglich abzuheben. 2014 soll der erste Flug stattfinden. Der Verbrauchsgüterkonzern Unilever hat bereits 22 Flüge für eine Axe-Werbeaktion gebucht.

Warentransport

Das Weltraumunternehmen SpaceX von PayPal- und Tesla-Gründer Elon Musk startet 2014 so richtig mit seiner Raumkapsel Dragon durch. Nach der ISS-Premiere 2012 fand 2013 der zweite Versorgungsflug zur Raumstation statt. 2014 geht die Sache aber erst richtig los. Laut NASA sind vier Flüge geplant. Damit hätte SpaceX zu Jahresende bereits die Hälfte seiner vertraglich mit der NASA vereinbarten Missionen erfüllt. Frühestens 2015 sollen die ersten Menschen an Bord einer Dragon-Kapsel ins All gebracht werden.

Das Hauptgeschäft macht SpaceX unterdessen mit Trägerraketen für den Satellitentransport. In der Entwicklung beeindruckt die Grasshopper-Rakete, die selbstständig vertikal landen kann.

Neben SpaceX hat die NASA auch die Firma Orbital Sciences mit der Durchführung von Versorgungsflügen beauftragt. Der Raumtransporter Cygnus hat im September 2013 erstmals erfolgreich die ISS erreicht. Im Gegensatz zur Dragon-Kapsel ist Cygnus ein Wegwerf-Transporter, der beim Wiedereintritt verglüht. Im Mai 2014 soll der zweite Flug zur ISS starten.

Neues Shuttle in Arbeit

Die Sierra Nevada Corporation (SNC) entwickelt Dream Chaser, ein Space Shuttle für bemannte Missionen bis zur ISS. SNC arbeitet dafür mit der NASA zusammen. Dream Chaser soll wiederverwendbar sein und bis zu sieben Astronauten beherbergen. Der Start erfolgt vertikal auf einer Atlas-V-Rakete.

2013 fand der erste unbemannte Testflug statt. Er resultierte wegen eines Fahrwerkproblems in einer Bruchlandung. 2014 wird die Entwicklung weitergehen. Der Dream Chaser soll langfristig zu einem Nachfolger des Space Shuttle werden.

Non-Profit

Die dänische Non-Profit-Organisation Copenhagen Suborbitals will einen bemannten Raumflug gänzlich ohne die Unterstützung von Unternehmen oder Staat schaffen. Seit 2008 arbeitet ein Team von freiwilligen Experten rein spendenfinanziert an der Entwicklung einer Rakete und einer Raumkapsel.

In der Raumkapsel, die nach dem dänischen Astronomen Tycho Brahe benannt ist, soll eine einzelne Person halb sitzend halb stehend über eine Höhe von 100 Kilometern geschossen werden und damit die so genannte Karman-Linie, die Grenze zum Weltall, überschreiten. Derzeit wird erst die Rakete ausgereift. Im Sommer 2014 soll der erste unbemannte Testflug auf über 100 Kilometer Höhe durchgeführt werden.

Aufblasbare Raumstation

Bigelow Aerospace entwickelt aufblasbare Module für die ISS. Am 12. Juli 2006 wurde Genesis I, das erste aufblasbare Modul im All, gestartet. Es wird bis heute getestet, genauso wie Genesis II, das am 28. Juni 2007 gestartet wurde. Derzeit wird BEAM konstruiert, das Bigelow Expandable Activity Module, das im Herbst 2015 im Auftrag der NASA in der druckfreien Sektion einer SpaceX Dragon Kapsel zur ISS gebracht und dort erstmals bemannt getestet werden soll.

Aufblasbare Habitate wiegen sehr wenig, können sehr platzsparend transportiert werden und bieten im entfalteten Zustand einen großen Lebensraum. Bigelow will künftig ganze Raumstationen aus aufblasbaren Modulen errichten. Gemeinsam mit Boeing entwickelt Bigelow die Crew-Transportkapsel CST-100. Deren erster unbemannter Orbital-Test soll 2015 erfolgen.

Schritt für Schritt

Die Anzahl privater Raumfahrtunternehmen steigt jedes Jahr an. Einige der neuen All-Eroberer feiern große Erfolge, andere schaffen es trotz ehrgeiziger Pläne nicht. Wer neben staatlichen Mitbewerbern mit jahrzehntelanger Erfahrung bestehen will, muss Durchhaltevermögen beweisen. Das Unternehmen Blue Origin – ein Privatprojekt von Amazon-Chef Jeff Bezos – heftet sich etwa den lateinischen Leitspruch "Gradatim Ferociter" an die Fahne. Frei übersetzt heißt das: "Allmählich, aber beharrlich".

Ob das Unternehmen sein Motto beherzigt, wird man sehen. Blue Origin entwickelt seit dem Jahr 2000 ein System namens New Shepard, bestehend aus einer Crew-Kapsel und einer Rakete. Sowohl Kapsel als auch Rakete sollen wiederverwertbar sein und damit die Kosten eines Raumflugs radikal senken. Die Antriebsstufe soll - ähnlich wie die Grasshopper-Rakete von SpaceX - selbstständig aufrecht landen. Nach erfolgreichen Tests im Jahr 2012 ist es 2013 ruhig geworden um Blue Origin. Hat man in den vergangenen Jahren immer wieder neue Zeitpunkte für den ersten bemannten Flug genannt, so hält man sich damit nun zurück.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

mehr lesen
David Kotrba

Kommentare