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Forschung

Den Geheimnissen des schwebenden Wassers auf der Spur

Brücken führen normalerweise über das Wasser. Es kann unter gewissen Bedingungen aber auch selbst eine Brücke bilden. Dieses in Fachkreisen lange unbeachteten Phänomens nehmen sich Forscher der TU Graz und des niederländischen Forschungszentrums Wetsus an. Nun hat sich gezeigt, dass die "Wasserbrücke" elektrisch geladenes Wasser erzeugt und diese Ladung zumindest für kurze Zeit speichern kann.

Die Brücken aus Wasser lassen sich mit elektrischer Spannung bauen: Wird an zwei nahe zueinanderstehende Gefäße mit mehrfach destilliertem und daher sehr schlecht leitendem Wasser eine Hochspannung angelegt, so bildet sich spontan eine zylindrisch geformte Verbindung von einer Seite zur anderen, die den Eindruck einer schwebenden Wasserbrücke vermittelt. Bekannt ist dieses Kuriosum seit Ende des 19. Jahrhunderts, von der Wissenschaft blieb dieses faszinierende Phänomen weitgehend unbeachtet, bis es von Forschern an der TU Graz in den Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses gerückt wurde.

"Wasser ist die meist untersuchte, aber am wenigsten verstandene Substanz", betonte der Experimentalphysiker Elmar C. Fuchs im Gespräch mit der APA. Ihm geht es vor allem um die Wechselwirkungen des Wassers mit elektrischen und elektromagnetischen Feldern. Schon vor rund zehn Jahren hat er in Graz gemeinsam mit Jakob Woisetschläger vom Institut für Thermische Turbomaschinen und Maschinendynamik die ersten Versuche an Wasserbrücken gemacht. Dann wurde er vom niederländischen Forschungszentrum für nachhaltiges Wassermanagement Wetsus in Leeuwarden engagiert und zuerst zum Projekt- und dann zum Programm-Manager berufen.

Im Labor haben die Forscher an die Wasserbecher Spannungen bis an die 25.000 Volt angelegt und Wasserbrücken bis zu einer Länge von 25 Millimetern beobachtet. Und die Arbeitsgruppe aus Chemikern, Physikern, Elektrotechnikern und Maschinenbauern hat in den vergangenen Jahren einiges mehr herausgefunden: "Wir haben etwa zeigen können, dass das Wasser über die Brücke in beide Richtungen fließt", schilderte Fuchs. Dabei befände es sich in ein einem völlig neuen Zustand mit besonderer Dichte und Struktureigenschaften, die "im Niemandsland zwischen Eis und Wasser" liegen, so Fuchs. Mittels Thermokamera konnten sie weiters beobachten, dass sich die Brücke beim Wassertransport erwärmt.

Die jüngste Studie im Rahmen eines Dissertationsprojektes zwischen TU Graz und Wetsus habe gezeigt, dass im Anodenwasser - also dem Wasser in jenem Behälter mit anliegender positiver Spannung - im Rahmen der stattfindenden Elektrolyse Protonen gebildet werden. Diese positiv geladenen Kernteilchen fließen durch die Wasserbrücke in das Kathodenwasser des anderen - unter negativer Spannung stehenden - Behälters. Dort werden sie von Hydroxilionen neutralisiert. "In einem Wasserbehälter herrscht immer ein Protonenüberschuss und im anderen ein Protonenmangel", wie Fuchs erläuterte.

Das wird schlagend, wenn die angelegte Hochspannung plötzlich ausgeschaltet wird: Wie sich mithilfe von Impedanzspektroskopie messen lasse, bleibe die Protonen-Ladung dann nämlich erhalten. Erste Versuche hätten gezeigt, dass die Ladung der Flüssigkeit eine Woche stabil bleibt.

Die Experimente sind nicht nur von rein akademischem Interesse. Fuchs hält es für durchaus möglich, dass in den Wasserbrücken der Schlüssel für neue Technologien steckt: Sie könnten als elektrochemische oder biochemische Reaktoren genutzt werden, was wiederum eine Vielzahl möglicher industrieller Anwendungen eröffnen würde. Aber auch die Verwendung als Ladungsspeicher - also eine Art Batterie - wäre irgendwann denkbar.

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