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Forschung

Der Erzberg wird zum globalen Tunnel-Zentrum

In jedem zweiten Tunnel, der auf der Welt gebaut wird, spielt Know-how aus Österreich eine Rolle; ob es Tunnelbohrmaschinen sind oder die „New Austrian Tunnelling Method" (NATM). Der Tunnelbau ist ein Exportschlager. Deshalb soll am steirischen Erzberg ein weltweit herausragendes Forschungs- und Entwicklungszentrum errichtet werden.

Research@ZaB
2013 soll der Startschuss für das Projekt „Zentrum am Berg" (Projektname: Research@ZaB) fallen. Herzstück ist ein verzweigtes Tunnel- und Stollensystem, in dem wissenschaftliche und angewandte Forschung betrieben wird. „Unter realen Bedingungen", betont die Projektverantwortliche, die Vizerektorin der Montanuniversität, Martha Mühlburger. Unter anderem werden zwei je 400 Meter lange Tunnel errichtet – ein 2-röhriger Straßen- und ein 2-röhriger Bahn-Tunnel. Damit ist es möglich, Übungen an Güter- und Personenwaggons sowie Übungen mit Bussen, LKW, Lieferwägen und PKW durchzuführen.

Mit dem Zentrum am Berg hat Österreich eine Chance, ein neues Technologie-Zentrum von internationalem Format zu schaffen, wie es etwa beim „Klima-Wind-Kanal" der Rail Tec Arsenal in Wien gelungen ist. Dort werden in der Klima-Anlage Hubschrauber, Züge, Lokomotiven bei -45 bis +60 Grad und bis zu 300 km/h Wind Dauerstress unterzogen.

Perfekter Standort
Für den Erzberg spricht auch seine Lage. Er ist in der Nähe der Montanuniversität, der TU Graz, auch die TU Wien ist nicht weit entfernt. Zudem wird an dem Standort nach wie vor aktiver Bergbau betrieben wird. Auch für die Zulieferindustrie für Fahrzeuge sei Eisenerz ein optimaler Standort, um dort Tests durchführen zu können. „Die bestehenden Stollensysteme können bereits genutzt bzw. ausgebaut werden", sagt Robert Galler, Leiter des Lehrstuhls „Subsurface Engineering" von der Montanuniversität Leoben. Für den Bahntunnel könne der Gleisanschluss bis zum Bahnhof Erzberg genutzt und die Schienen der Bahn (Hieflau-Selzthal) in den Berg verlegt werden.

Hochtechnologie aus Österreich
„Es ist eine Chance für die österreichische Wirtschaft, die aber den politischen Willen braucht", sagt Mühlburger. Und den gibt es grundsätzlich. Im Wissenschaftsministerium wird gerade verhandelt. „Ich bin mittlerweile recht optimistisch, dass 2013 die Detailplanungen und Ausschreibungen erfolgen können und 2014 der Startschuss für das Projekt fällt. Im Ministerium steht man grundsätzlich dem Projekt positiv gegenüber", sagt Mühlburger.

Start in zwei Jahren
Eine Teilinbetriebnahme ist für 2015 geplant. Die Finanzierung des Projekts ist noch nicht unter Dach und Fach, es gibt jedoch grundsätzliche Bereitschaft. Die Investitionssumme beträgt 30 Millionen Euro, Gespräche laufen mit dem BMVIT, dem Land Steiermark, dem Wissenschaftsministerium und der Industrie. Man prüft derzeit auch, ob ein weiterer Zuschuss aus dem Topf der Regionalförderung kommen könnte. Die Infrastruktur soll von der öffentlichen Hand kommen, dann ist man überzeugt, den laufenden Betrieb auch mit Forschungsgeldern der EU finanzieren zu können.

Forschungsstätte Erzberg
„Das Thema Tunnel und Tunnelsicherheit lässt sich aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachten", sagt Galler. „Es beginnt beim Verhalten von Materialien, geht über Tunnelstatik, Aerodynamik und endet beim  Training und der Weiterbildung aller Einsatzorganisationen aber auch Tunnelnutzer."  Das ZaB sei ein idealer Ort für das Prüfen von Fels- und Baustoffen, Ausbauelementen und Maschinen des Untertagebaus. „Und das unter optimal definierten klimatischen Bedingungen mit einstellbaren Luftströmungsgeschwindigkeiten wie sie im Tunnelbau tatsächlich vorherrschen", erklärt Galler. Nicht nur die elektromagnetische Abschirmung sei ideal, es komme auch zu keinen Lärm- und Erschütterungsemissionen für die Bevölkerung.

Der Erzberg, jährlicher Schauplatz des Erzbergrodeo, bei dem etwa 1500 Offroad-Fans mit ihren Trial-Motorräden den „Steirischen Brotlaib“ besiegen wollen. Seit dem 11. Jahrhundert wird hier Erz, vor allem Siderit, abgebaut. Der Erzberg hat die ganze Region beeinflusst, die Stahlwerke in Leoben-Donawitz oder aber auch die Montanuniversität Leoben verdanken dem Berg ihre Existenz. Das auffälligste am Erzberg ist seine Pyramidenform, besteht er doch aus 30 je 24 Meter hohe Stufen. 

Tunnel in Österreich: Allein Österreich hat 177 Kilometer Straßen- und 246 Kilometer Bahntunnel. Europäischer Spitzenreiter ist Italien mit 340 Kilometer Straßen- und 734 Kilometer Bahntunnel. Spanien führt das Ranking bei den U-Bahn-Tunnel an: 837 Kilometer.

Viele Tests müssen in echten Tunnelanlagen durchgeführt werden. Allerdings wird hier mit niedrigeren Brandlasten gearbeitet, um den Tunnel nicht zu beschädigen. Nur wenige Anlagen erlauben reale Bedingungen. Wenn man heute Tests unter echten Verhältnissen durchführen will, muss man nach Spanien oder nach Skandinavien reisen.

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