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Forschung

Forscher bestimmen genaue Herkunft von Elfenbein

Auf dem Container stand zwar „Plastikmüll" drauf. Drinnen waren aber fast 400 Elefantenstoßzähne. Die, von den Zollbehörden in Sri Lanka beschlagnahmte heiße Ware wäre auf dem Schwarzmarkt Millionen wert gewesen. Endstation der Ladung war ziemlich sicher China, wo aus Stoßzähnen begehrte Kunstgegenstände geschnitzt werden.

Der Kontainer war zwar in Kenia verladen worden, doch ob all die Stoßzähne auch tatsächlich von kenianischen Elefanten stammen, weiß man nicht. Zumindest – noch nicht. Denn auf der heurigen CITES-Konferenz zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen in Bangkok einigten sich die Teilnehmer auf eine Empfehlung. „Wenn eine Ladung beschlagnahmten Elfenbeins mehr als 500 Kilogramm wiegt, dann soll man künftig mit forensischen Tests die Herkunft bestimmten", erklärt Stefan Ziegler. Dafür hat sich der Vertreter des WWF Deutschland schon seit Jahren engagiert. Kennt man den Herkunftsort, dann weiß man auch, wo gewildert wird, wo Gesetze lax bis gar nicht überwacht werden und auf welche Regierung man daher einwirken muss.

Information aus Elefantenhäufchen
Ob ein Elefant mit seiner Herde durch die Weiten Kenias, Südafrikas oder Botswanas zog, lässt sich zu mehr als 90 Prozent korrekt bestimmen. Am Center for Conservation Biology der University of Washington in Seattle entwickelten Forscher eine von zwei existierenden Bestimmungsmethoden: Sie analysieren die DNA eines beschlagnahmten Stoßzahns und vergleichen dessen Erbgut-Sequenzen mit Elefantenpopulationen. Diese quasi DNA-Referenzbibliothek ist engagierten Feldforschern und Wildhütern zu verdanken. Denn sie sammelten über die Jahre genug Elefantenhäufchen, damit Forscher im Labor Populationsprofile der Herden anlegen konnten.

Das Center for Conservation Biology ist weltweit das einzige Labor, das Elfenbein-DNA analysiert. Doch es gibt noch eine andere Methode zur Herkunftsbestimmung, nämlich über die stabilen Isotope von fünf Elementen: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Schwefel. Der WWF Deutschland entwickelte diese in Zusammenarbeit mit der Universität Mainz. Und nun rekrutieren die Artenschützer weltweit Labors, die solche Tests routinemäßig durchführen würden. Eines der WWF-Partnerlabors ist  AIT in Tulln.

Der chemische Fingerabdruck der Natur
Die Methode, Herkunft über Isotope zu bestimmen, sei bestens erprobt und wird vor allem bei Nahrungsmitteln verwendet, erklärt Andrea Watzinger von der Austrian Institute of Technology. „Kommt der Safran wirklich aus dem Iran? Ist der Kaffee in Brasilien gewachsen? Das kann man alles feststellen". Auch mit der Herkunft von Vögeln während einer Grippeepidemie hat man sich in diesem Labor schon befasst. „Wir haben die Federn getestet. Denn wenn ein Vogel Wasser in der Mongolei getrunken und dort gefressen hat, dann haben die Federn eine andere chemische Signatur als wenn er aus Europa stammt."

Sicherheitshalber sind solche Tests meist als Ringversuche angelegt. Die gleichen Proben werden also von mehreren Labors parallel getestet. Genau das ist auch mit den ersten Versuchen zur Herkunftsbestimmung von Elfenbein geplant.

Elfenbein ist nicht gleich Elfenbein
Nicht minder wichtig ist die zeitliche Bestimmung. Handelt es sich bei einer Ladung um altes Elfenbein? Oder wurde es von Schmugglern künstlich gealtert, damit es bloß antik aussieht? Technologische Lösungen sind deshalb nötig, denn die rechtliche Situation ist für Elfenbein kompliziert. Nicht jeder Stoßzahn, nicht jede Figurine ist automatisch illegales Schmuggelgut. Das internationale Handelsverbot wurde 1989 erlassen. Elfenbein, das aus der Zeit davor stammt, ist also legal. Es sei denn, es handelt sich um Elfenbein von asiatischen Elefanten. Denn das darf schon seit 1975 nicht mehr gehandelt werden. Legal ist außerdem afrikanisches Elfenbein aus einmaligen ausdrücklich erlaubten Verkäufen aus Beständen einiger afrikanischer Länder, und das nur in den Jahren 1997, 2002, 2008.

Es sind nicht nur Artenschützer oder Zollbehörden, die Elfenbein gerne datieren möchten. Die Notwendigkeit dazu kann jeden betreffen. Denn wer beispielsweise Elfenbeingegenstände geerbt hat und diese verkaufen möchte, muss die Legalität des Elfenbeines bescheinigen können.

Unerwarteter Nutzen von Atomwaffentests
Dass man Elfenbein datieren kann, ist eine unerwartete Begleiterscheinung der oberirdischen Kernwaffentests der 1950er- und 1960er-Jahre. Die Folge war ein dramatischer Anstieg des Kohlenstoff-Isotops C-14 in der Atmosphäre. Seit 1963 sind oberirdische Tests verboten. Und seither sinken die Werte sukzessive. Dieses Phänomen nennt man Bombenkurve.

C-14 gelangt über die Nahrungskette in den Organismus von Lebewesen. Der C-14-Gehalt im Organismus stimmt mit dem in der Atmosphäre überein und kann gemessen werden. Kevin Uno von der Columbia University in New York testete 29 Museumsobjekte, deren Datum bekannt war: u.a. Rhinozeros-Horn, Nilpferdzähne, Fell von Affen sowie Stoßzähne von Elefanten. Seine Ergebnisse waren erstaunlich präzise. „Im Durchschnitt über alle Proben betrug der Unsicherheitsfaktor nur 0.9 Jahre".

Ähnliche Versuche mit einer anderen Methode wurden auch an der Universität Regensburg durchgeführt. Dort wurden zur Datierung außer C-14 noch Isotope von Strontium und Thorium herangezogen. Der Nachteil dabei ist: Die Forscher brauchen zwischen fünf und zehn Gramm Elfenbeinstaub. Das ist also das Ende einer Figurine oder eines Briefbeschwerers. Kevin Uno kommt mit sehr viel weniger aus: „Angenommen, man kocht. Und dann gibt man eine Prise Salz dazu. Wir brauchen zum Datieren von Elfenbein einen Bruchteil der Menge, die eine Prise Salz ausmacht."

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