© Screenshot, IBM

Cognitive Computing

IBM entwickelt Chip mit Gehirnfunktionen

Forscher von IBM haben im Fachmagazin Science eine Weiterentwicklung des weltweit ersten neurosynaptischen Computerchips vorgestellt. Die Architektur des „True North“ genannten Chips ist vom menschlichen Gehirn inspiriert und verfügt über ein Netzwerk von 4096 neurosynaptischen Prozessorenkernen mit einer Million programmierbarer Neuronen und 256 Millionen Synapsen. Das entspricht in etwa dem Gehirn einer Biene. Der Chip mit 5,4 Milliarden Transistoren verbraucht unter Spitzenlast lediglich 72 Milliwatt, was 400 Milliarden synaptischen Rechenoperationen pro Seklunde und Watt entspricht. Das ist 769 mal effizienter als moderne Systeme, die versuchen die Funktionsweise des Gehirns mit herkömmlichen Computerchips zu simulieren. Das liegt vor allem daran, dass der IBM-Chip immer nur die Komponenten nutzt, die gerade gebraucht werden. Wird kein Signal übertragen, wird auch kein Strom verbraucht.

Infografik
Jeder der in einem 64x64-Gitter angeordneten 4096 Kerne des Chips ist eine unabhängige Einheit mit 256 Neuronen, die jeweils einen Signal-Ein- und Ausgang besitzen. Fallen einzelne Kerne aus, funktioniert der Chip trotzdem noch. Eine Speicherbank und ein Signal-Router machen den Kern komplett. Jedes Neuron kann über seinen Ausgang Signale an andere Neuronen schicken, entweder im selben Kern oder anderswo auf dem Chip. Es kann aber nicht jedes Neuron mit jedem kommunizieren. Der Maximalabstand für direkte Signalübertragung beträgt 255 Kerne. Dadurch entsteht die komplexeste Verschaltung, die je in einem Chip realisiert wurde. Die Synapsen sind programmierbar und leiten elektrische Reize nur dann weiter, wenn sie einen bestimmten Schwellenwert übersteigen, genau wie im Gehirn. Dieser Aufbau erfordert komplett neue Software, um den Chip steuern zu können, da die Information ganz anders verarbeitet wird. IBM hat hier eigene Programme geschrieben.

„Lernende“ Computer

Im Unterschied zur traditionellen „Von-Neumann-Architektur“, bei der programmierte Befehle sukzessive abgearbeitet werden, sollen Computer mit dem neuem Chip selbstständig Erfahrungen machen und „lernen“ sowie Zusammenhänge selbst erkennen können. Entwickelt wurde „True North“ gemeinsam mit Wissenschaftlern der Cornell Universität. Schon heute werden neuronale Netzwerke in vielen Bereichen verrwendet. allerdings werden sie für gewöhnlich auf konventioneller Hardware simuliert. Mit IBMs Chip können solche Modelle direkt auf der Hardware realisiert werden. Vor allem bei der Mustererkennung sind neuronale Netzwerke von Bedeutung. Bildverarbeitung, Optimierungsprobleme, Spracherkennung oder künstliche Intelligenz sind einige der Gebiete, auf denen die Technik angewendet wird.

Einzelnen Chips von IBM können miteinander verbunden werden und so künftig eine Basis für einen neurosynaptischen Supercomputer bilden, heißt es in einer Aussendung von IBM. Einen ersten Prototypen des Chips mit lediglich 256 künstlichen Neuronen, hatte IBM bereits 2011 vorgestellt. Der Chip wurde im Rahmen des SyNAPSE-Programms (Systems of Neuromorphic Adaptive Plastic Salable Electronics) entwickelt, das von der der militärischen US-Forschungseinrichtung DARPA unterstützt wird.

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