Forschungserfolg

Linzer Physiker messen erstmals einzelne Atom-Spins

Linzer Physikern ist es erstmals gelungen, den Eigendrehimpuls (Spin) von einzelnen Atomen mittels Magnetresonanz zu messen. Bisher konnte man mit dieser Methode nur das Signal von Billionen Spins erfassen. Das neue Verfahren ermöglicht es dagegen, ein einzelnes Molekül an verschiedenen Stellen zu untersuchen, berichten die Wissenschafter im Fachjournal Physical Review Letters.

Abgestrahlte Radiowellen

In der Medizin liefern Magnetresonanz-Tomografen (MRT) gestochen scharfe Bilder von Geweben und Organen. Dafür macht man sich den physikalischen Effekt der sogenannten Kernspinresonanz zunutze: Der Körper muss dazu in ein starkes Magnetfeld gebracht werden. Dadurch richten sich bestimmte Atomkerne des Gewebes (Wasserstoff, Phosphor, Kohlenstoff) ähnlich wie kleine Stabmagneten aus.

Diese Ordnung wird im MRT durch Radiowellen gestört, die Kerne kommen dadurch ins Taumeln. Hören die Radiowellen auf, kehren die Kerne in ihre Ausgangslage zurück. Dabei geben sie die zuvor aufgenommene Energie wieder als Radiowellen ab. Ein solches Signal von einzelnen Atomen zu erfassen, ist bisher nicht möglich. Vielmehr benötigte man ein Ensemble von mindestens einer Billion Spins, um die abgegebenen Radiowellen zu messen.

Wechselstrom statt Radiowellen

Stefan Müllegger vom Institut für Halbleiter- und Festkörperphysik der Universität Linz verwendet statt Radiowellen hochfrequenten Wechselstrom, um die Probe in "Unordnung" zu bringen. Der Strom wird dabei über die hauchdünne Spitze eines Rastertunnelmikroskops gezielt zu einem bestimmten Atom eines Moleküls geleitet.

Das derart angeregte Atom reagiert nicht durch Abstrahlung von Radiowellen. "Wir messen eine Erhöhung der Leitfähigkeit des Moleküls", sagte Müllegger gegenüber der APA. Daraus lässt sich auf den Spin einzelner Atome rückschließen.

Extreme Erhöhung der Sensitivität

Für ihre Arbeit haben die Wissenschafter ein spezielles Molekül verwendet, ein sogenanntes Terbium-Doppeldecker-Molekül, zwischen dessen beiden parallelen Teilen ein einzelnes Terbium-Atom eingebettet wurde. Und alle erwarteten Messergebnisse (von Übergängen der von Kern- und Elektronenspin beeinflussten sogenannten Hyperfeinniveaus) "wurden dort gefunden, wo sie sein sollen - das hat unser Vertrauen in die Methode deutlich erhöht", sagte Müllegger.

Gegenüber existierenden Methoden bedeutet das neue Verfahren eine extreme Erhöhung der Sensitivität. Die Wissenschafter erwarten, dass die neue Methode in zahlreichen Nano-Systemen angewendet werden kann und wollen sie in weiteren Schritten an anderen Molekülen testen. Noch wissen sie nicht im Detail, wie der Anregungsmechanismus mit Hilfe von Wechselstrom funktioniert, sie können sich aber bereits konkrete Anwendungen wie atomare Speicher oder Forschung an Wirkstoffmolekülen im medizinischen Bereich vorstellen.

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