Raumfahrt

NASA-Manager spricht in Wien über bemannte Mars-Mission

Der Mars gilt als großes Ziel der bemannten Raumfahrt - doch dieses werde "überstrapaziert", meint William Gerstenmaier, Leiter der bemannten Raumfahrt in der NASA. Deshalb wollte er bei einem Besuch in Wien kein realistisches Datum für die erste Marsmission nennen. Für ihn ist ohnehin nicht so sehr der Mars das Ziel, sondern der Weg dorthin. Und der sei eine "unglaublich schwierige Aufgabe".

Stufenweise Annäherung an Mars

Wie diese "Reise zum Mars" aussieht, schilderte Gerstenmaier Montagnachmittag vor Journalisten anlässlich eines Treffens des UN-Komitees für die friedvolle Nutzung des Weltraums (Committee on the Peaceful Uses of Outer Space) in Wien. Der NASA-Manager sprach von einer "stufenweisen Annäherung" an den Roten Planeten, die drei Phasen umfasse.

In der ersten Phase befinde man sich mit der Internationalen Raumstation ISS bereits, "wir nutzen sie, um uns auf Mars vorzubereiten". Mit der Station könne man in einer Region, die noch völlig von der Erde abhängig ist, erforschen, wie sich etwa der lange Aufenthalt im All auf den menschlichen Körper auswirke oder wie lebenserhaltende Systeme funktionieren - zwei der zahlreichen Herausforderungen, die man für den langen Weg zum Mars lösen muss.

Teststrecke um den Mond

In der nächsten Phase soll die Mondumlaufbahn als "Teststrecke" dienen. Um dorthin zu gelangen, wird derzeit die Schwerlastrakete SLS und die Orion-Kapsel gebaut. "Da wollen wir lernen, was wir tun müssen, bevor wir zum Mars reisen, und die Risiken einer Marsmission verstehen", sagte Gerstenmaier.

Denn die große Herausforderung einer solchen Reise sei, dass sie völlig unabhängig von der Erde stattfinden muss: "Wenn etwas auf der ISS schief läuft, kann die Crew binnen Stunden wieder auf der Erde sein. Von der Mondumlaufbahn ist man im Notfall in vier, fünf Tagen wieder zurück. Aber auf einer Marsmission dauert es Monate, um zurückzukehren", so der Experte.

Bemannter Mondflug 2021

Seinen Jungfernflug absolvierte der Raumtransporter "Orion" im Dezember 2014. Unbemannt soll die Kapsel 2018 den Mond umkreisen und wieder zurückfliegen. Dabei soll bereits das von der Europäischen Weltraumagentur ESA gebaute "Service Modul" an "Orion" angedockt sein und dieses mit Treibstoff, später auch mit Sauerstoff und Wasser für die Crew, versorgen. Die erste bemannte Umrundung des Mondes mit "Orion" ist für 2021 geplant, sagte Gerstenmaier, wobei die NASA schon im Vorjahr eine Verzögerung dieses Flugs um zwei Jahre angekündigt hat.

Als nächster Schritt soll in einer unbemannten Mission ein mehrere Meter großer Brocken auf einem Asteroiden geborgen und in eine Mondumlaufbahn gebracht werden. Mitte der 2020er Jahre könnten dann Astronauten Proben von diesem Stück entnehmen und zur Erde bringen. In dieser "finalen Vorbereitungsphase" werde dies nur einer von vielen Tests in der Mondumlaufbahn sein. Schließlich soll 2029 in einem einjährigen Raumflug rund um den Mond "mit einer Crew und der endgültigen Hardware die Reise zum Mars simuliert werden", sagte Gerstenmaier. Dann sei man bereit für die erdunabhängige Region, dann könne man zu einem Asteroiden fliegen, in den Marsorbit, zu einem Marsmond oder am Mars landen.

Ressourcen-Nutzung am Mars

Auf Schätzungen, wann dies realistischerweise der Fall sein könnte, wollte sich der NASA-Manager nicht einlassen. Die Frage sei dabei, was man beim Mars machen wolle. So sei eine Landeeinheit "eine weitere riesige Herausforderung", so Gerstenmaier unter Hinweis darauf, dass man bei den Mars-Rovern eine Masse von rund einer Tonne abgesetzt habe, für eine bemannte Mission müsste man aber zehn bis 20 Tonnen landen.

Der Mars sei vor allem interessant, weil es die bewohnbarste Region in der Nähe der Erde sei und es dort Wasser und andere Ressourcen gebe. Man hofft deshalb, nicht alles für eine bemannte Mission zum Mars mitnehmen zu müssen. So soll etwa auf dem für 2020 geplanten Mars-Rover ein Gerät versuchen, aus der primär aus Kohlendioxid bestehenden dünnen Mars-Atmosphäre Sauerstoff zu extrahieren.

Menschen am Mars machen Sinn

Dass eine bemannte Mission zum Mars Sinn macht, davon ist Gerstenmaier überzeugt: "Die menschliche Intuition, Intelligenz, die Fähigkeit zu analysieren und sich an bestimmte Situationen anzupassen ist ein großer Vorteil." Auch die große Frage, ob es Leben am Mars gibt, könne man wahrscheinlich viel schneller durch Menschen am Mars klären als ohne. Er verweist auf das Apollo-Programm, wo man in nur drei Missionen mit den Mondautos (Lunar Roving Vehicle) weiter gefahren sei als mit allen Mars-Rover zusammen bisher.

Die Risiken einer bemannten Marsmission seien "sicher höher als bei dem, was wir derzeit tun". Man werde versuchen, das Risiko zu minimieren, "völlig ausschalten können wir es aber nicht".

Skepsis bei Mars One

Befragt, was er von privaten Vorhaben wie "Mars One" hält, in dessen Rahmen ein Mensch ohne Rückfahrkarte zum Roten Planeten gebracht werden soll, macht Gerstenmaier aus seiner Skepsis keinen Hehl und verweist auf Studien, die die Durchführbarkeit infrage stellen. "Zum Mars zu fliegen ist wirklich, wirklich schwierig", so Gerstenmaier.

Vortrag am Dienstag

William Gerstenmaier hält heute, Dienstag, um 17.00 Uhr im Naturhistorischen Museum Wien einen öffentlich zugänglichen Vortrag zum Thema "The Continuity of Human Spaceflight"

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