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Curiosity Serie, Teil 5

Terraforming: Wird der Mars bewohnbar werden?

Die Freude und Begeisterung stand NASA-Chef Charles Bolden im Gesicht geschrieben. Auf der Pressekonferenz nach der sanften Bilderbuchlandung des 900 Kilogramm schweren Mars Rovers erklärte er: „Heute, gerade jetzt, haben Curiositys Räder den Weg für den Menschen auf dem Mars gebahnt." Das kann man nun im poetischen Sinn verstehen. Doch die Befürworter von Terraforming halten es sicher lieber mit der wörtlichen Interpretation.

Terraforming" heißt: eine Erde schaffen. Der Begriff stammt aus der Sci-Fi-Literatur der 1940er-Jahre. Und die Überlegungen, den roten Planeten in eine kleine, heimelige Erde zu verwandeln, klingen genauso fantastisch. Auch wenn man sich sogar bei der NASA zumindest eine Zeitlang gedankenspielerisch dazu Szenarien überlegt hat.

Warum ausgerechnet der Mars?
Es ist nicht nur die relative Nähe, die den Mars interessant macht, sondern auch seine Geschichte und Gegebenheiten. Vor etwa vier Milliarden Jahren dürften dort erdähnliche Zustände geherrscht haben. Auf dem Planeten war es warm und feucht. Niemand weiß, warum diese Phase plötzlich endete. Und auch wieviel flüssiges Wasser es tatsächlich gegeben haben könnte, wird von Marsforschern heftig diskutiert.

Heute herrschen auf dem roten Planeten sibirische Temperaturen (durchnittlich minus 60 Grad Celsius). Die Atmosphäre besteht zu 95 Prozent aus Kohlendioxid. Das vorherrschende Element in der Erdatmosphäre dagegen: 78.1 Prozent Stickstoff. Die Mars-Schwerkraft ist um zwei Drittel geringer als auf der Erde. Doch es gibt auch Ähnlichkeiten zwischen der Erde und dem etwa halb so großen Mars: Beide Planeten haben Jahreszeiten und drehen sich in einem vergleichbaren Zeitraum um die eigene Achse. Ein Sol, also ein Marstag, beträgt 24 Stunden 37 Minuten.

Wird man aus dem Mars mit viel Technologie eine zweite Erde basteln können? Wohl kaum. Doch die Befürworter von Terraforming meinen: Ein etwas wärmeres Klima, mit flüssigem Wasser und der Möglichkeit, Pflanzen anzubauen, sollte machbar sein.

Von Riesenspiegeln und Treibhauseffekt
Der ursprüngliche Bauplan für Mars Terraforming stammt von Christopher McKay vom Ames-Institut der NASA und Robert Zubrin, dem Präsidenten der Mars Society. „Mars-Terraforming könnte uns helfen, mehr über die Erde zu verstehen", begründet Christopher McKay, warum man sich ein solches Projekt überhaupt überlegen soll. „Ich meine auch: Wenn man wo Leben schaffen kann, ist das eine gute Sache". Er schränkt allerdings ein: „Man baut den Mars nicht komplett um. Man erwärmt ihn und sät ein paar Samen aus."

Damit diese auch wachsen, braucht man Wasser, CO2 und Stickstoff. „Wir haben Informationen über Wasser und Kohlendioxid. Aber über Stickstoff wissen wir nichts", meint Christopher McKay. Daher verfolgt er die Curiosity-Mission mit besonderem Interesse. Denn das Mars Science Laboratory ist der erste Rover, der organische Verbindungen und Moleküle wahrnehmen kann.

Bodenproben vom Mars
Der Rohstoff zur Klimaerwärmung ist auf dem Planeten vorhanden: reichlich CO2 in gefrorener Form. Das Geheimnis zur Marserwärmung ist also, was man auf der Erde eigentlich verhinden möchte: die Schaffung des Treibhauseffekts. „Idealerweise würde man so vorgehen", erklärt Christopher McKay. „Astronauten bringen vom Mars Bodenproben auf die Erde zurück. Wir analysieren sie im Labor und testen, wie man damit Treibhausgase erzeugen kann. Und dann schickt man eine Mission mit den passenden Instrumenten wieder zum Mars." Mit Marserde und Marsluft produzieren diese das Treibhausgas PFC (Perfluorcarbone). „Innerhalb von 100 Jahren sollte der Mars eine dichte, warme Atmosphäre haben".

Auf diese Weise bringe man auch nach und nach das gefrorene CO2 zum Schmelzen. Von den Überlegungen von Riesenspiegeln in der Marsumlaufbahn, die das Sonnenlicht bündeln und auf die Pole lenken, sei man wieder abgekommen. „Wir wissen ja nicht, wie man solche Riesenspiegel baut." Andere Terraforming-Vordenker propagieren eine – derzeit auch noch utopische - Hauruck-Methode: einen Kometen oder Asteroiden umzulenken, damit er in den Mars kracht. Die dadurch freigesetzte Energie würde die große Schmelze in Gang bringen.

Zwischen 100 und 100.000 Jahren
Kritiker halten dagegen: Die Marsamtosphäre werde nie dicht und stabil bleiben. Denn dem roten Planeten fehlt – im Gegensatz zur Erde – ein Magnetfeld. Solarstürme würden also die Atmosphäre ins All verblasen.

Von diesem Einwand hält Christopher McKay gar nichts. Wenn man eine wirklich dichte Atmosphäre schafft, halte diese den Solarwinden auch ohne Magnetfeld stand. Das sei also nicht das größte Hindernis. Sondern: „Wir wissen nicht, wie man Sauerstoff erzeugt. Pflanzen produzieren es durch die Photosynthese. Aber um auf diese Weise genug Sauerstoff auf dem Mars zu erzeugen, braucht es 100.000 Jahre."

Was dagegen spricht
An erster Stelle: Die Kosten. Wie teuer Mars-Terraforming sein könnte, lässt sich nicht einmal annähernd abschätzen. Die Rede ist vage von mehreren hundert Milliarden Dollar. Doch die Willigkeit, ehrgeizige Weltraummissionen zu finanzieren, schwindet zunehmend. Zumindest in den USA. Während Curiosity sich zur Landung auf dem roten Planeten einschwenkte, diskutierte eine Expertengruppe die Zukunft des Mars-Programms. Denn die staatlichen Subventionen werden immer knapper.

In Barack Obamas Budget für 2013 wird das Mars-Programm von derzeit 587 auf 360 Millionen Dollar gekürzt. 2015 sollen es gar nur noch 189 Millionen Dollar sein. Als diese Pläne heuer im Februar bekannt wurden, stieg die NASA aus dem Mars-Kooperationsprojekt mit der ESA aus. „ExoMars" hätte bis 2018 einen Satelliten und zwei Rover zum roten Planeten schicken sollen. Wie sich angesichts der Finanzknappheit die, von der NASA irgendwann nach 2030 geplante bemannte Mars-Mission ausgehen soll, steht - im wahrsten Sinn des Wortes - in den Sternen. Die US-Amerikaner gehen von der Annahme aus, dass sich auch andere Staaten daran beteiligen werden.

Eine niederländische - nicht unumstrittene - Privatfirma ist bereits im Alleingang unterwegs:  Mars One plant bemannte Mars-Missionen ab 2023. An eine Rückholung der Besatzung ist nicht gedacht. Die Astronauten sollen gleichzeitig die ersten Kolonisten sein.

Und was noch dagegen spricht
Den Mars wird man kaum mit einer Flotte von Rovern und Robotern in einen, für den Menschen akzeptablen Lebensraum umkrempeln. Es führt also kein Weg um bemannte Missionen herum. Doch sobald Astronauten den Low Earth Orbit (von 200 bis 1200 Kilometern) verlassen, sind sie der, für den menschlichen Organismus höchst schädlichen, kosmischen Strahlung ausgesetzt. So erging es auch den Apollo-Astronauten, doch die Mondmissionen dauerten nur wenige Tage. Curiosity war achteineinhalb Monate unterwegs. Das heißt: Inklusive der geplanten Aktivitäten auf dem Mars würde eine bemannte Mission zwei Jahren dauern. Mindestens. Wie man Menschen so lange vor der Strahlung schützen kann, ist noch Stoff von Experimenten.


Ende der Serie

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