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Start-ups

Wiener Start-up will Weltmarktführer bei Schuhreparatur werden

Als Kind begleitete Ovadia Jagudaev in den Schulferien seinen Vater morgens immer in dessen Schusterwerkstatt. In Erinnerung geblieben ist ihm vor allem der Ausdruck auf den Gesichtern der Kunden. "Wenn sie ihre Schuhe gebracht haben, waren sie traurig. Wenn sie sie am nächsten Tag wieder abgeholt haben, haben sie vor Glück gestrahlt", erinnert sich Jagudaev.

Mit Schuhen hatte er dann jahrelang nichts zu tun. Er war in der Wirtschaft und im Marketing tätig und beriet in Israel fünf Jahre lang Start-ups. 2013 kehrte er nach Wien zurück. Mit dem 2016 gemeinsam mit Yaniv Yonatanov gegründeten Unternehmen Cobbler24 ist er wieder bei der Schuhreparatur gelandet. Mit dem Online-Reparaturservice will er das Geschäft seines Vaters erweitern und das Schusterhandwerk ins digitale Zeitalter führen.

Derzeit können Kunden in Österreich, Deutschland und den Benelux-Ländern reparaturbedürftige Schuhe an Cobbler24 schicken und erhalten sie nach maximal zwei Wochen wieder zurück. Details zur Reparatur können mithilfe eines Online-Konfigurators auf der Website eingegeben werden. Die Entscheidung, was repariert werden muss, kann aber auch den Schustern des Unternehmens überlassen werden.

Große Pläne

"Derzeit reparieren wir rund 200 Schuhe pro Tag", erzählt Jagudaev, der große Pläne hat. Mit seinem Start-up will er zum größten Online-Reparaturservice der Welt aufsteigen. Dazu wird  eine Werkstatt in Wien Floridsdorf aufgebaut und mit Maschinen ausgerüstet in der künftig täglich bis zu 4000 Paar Schuhe repariert werden sollen. "Innerhalb von drei Jahren sollten wir soweit sein", sagt der Gründer. Die Prozesse müssten noch optimiert werden. Danach soll die globale Expansion in Angriff genommen werden. "Wir haben bereits Partner in den USA, Kanada und anderen Ländern."

Jagudaevs Familie repariert mit ihm bereits in der vierten Generation Schuhe. Zuerst in Russland, später in Israel. Seit 1990 betreibt Jagudaevs Vater in Wien seine Werkstatt. "Mit dem Handwerk meines Vaters und meinem Know-how haben wir das Geschäft in den Online-Bereich erweitert", sagt der Gründer. Schuster seien heute mit hohen Kosten konfrontiert. Vom stationären Geschäft könnten diese nicht mehr abgedeckt werden. Mit der Online-Reparatur könne der Kundenkreis erweitert und das Handwerk ins 21. Jahrhundert gerettet werden. Deshalb sehe er sein Unternehmen auch nicht als klassisches Start-up, sagt Jagudaev: "Wir wollen sicherstellen, dass es das Schuhreparaturgeschäft auch in den nächsten hundert Jahren noch gibt."

Trend zu nachhaltigen Produkten

Entgegen kommt ihm der Trend, zu nachhaltigen Produkten. "Die Leute schauen wieder auf Qualität." Auf lange Sicht seien hochwertige handgemachte Schuhe sogar günstiger als Billigware, meint der Cobbler24-Gründer. "Wenn man sie gut pflegt, kann man sie 15 Jahre oder länger anziehen und sie sehen immer noch neu aus." Er habe auch schon Kunden gehabt, die ihm 30 Jahre alte Schuhe zur Reparatur gebracht hätten.

65 Prozent der Kunden des Unternehmens seien Frauen, die vor allem High Heels zur Reparatur schicken würden, erzählt er. Der Rest seien Männerschuhe, darunter auch viele Arbeits- und Wanderschuhe.  Auch von Schuhherstellern habe er viele positive Reaktionen bekommen, erzählt Jagudaev. Wenn sichergestellt sei, dass Schuhe von überall zur Reparatur geschickt werden könnten, steigere das auch den Wert hochqualitativer Schuhe.

Was macht einen guten Schuh aus?

Was macht einen guten Schuh aus? "Es gibt keine guten oder schlechten Schuhe", meint der Experte. "Es gibt Leute, die All Stars lieben, und es gibt Leute, die handgemachte Lederschuhe bevorzugen. Letztlich hängt das von jedem Einzelnen ab." Er habe auch schon 50-Euro-Schuhe zur Reparatur bekommen, weil ihre Besitzer meinten, dass sie solche Schuhe nie wieder finden würden und sie sie noch weitere fünf Jahre tragen wollten. 

"Leute haben eine emotionale Bindung zu ihren Schuhen", meint Jagudaev. Eine Definition eines guten Schuhs, ist ihm dann doch noch zu entlocken: "Ein guter Schuh passt auf den Fuß und fühlt sich bequem an."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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