Dietmar Dahmen
Dietmar Dahmen
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Karriere.at-Blog

„Der Kampf um Talente ist vorbei. Die suchen sich ihren Job nämlich aus.“

Wie sieht sie aus, die Arbeitswelt der Zukunft? Sind wir durch Maschinen ersetzbar und was passiert mit Arbeitgebern, die ihre Bewerber nicht wie Kunden hochleben lassen? Visionär Dietmar Dahmen hat in Linz einen Stopp eingelegt, wir haben uns bei dieser Gelegenheit mit ihm über die Arbeit der Zukunft unterhalten. Seine wichtigsten Gedanken zum Thema im Überblick:

Dietmar Dahmen: Alles wird zu Ökosystemen, auch der Arbeitsplatz. Solche Systeme beinhalten auch immer die anderen – beim Arbeitsplatz sind das die Familie, der Urlaub, Sport etc. Die Trennung, die wir derzeit haben, gibt es nicht mehr: Da ist der Arbeitsplatz – dazwischen die Mauer – dann kommt das Leben. Das ist vorbei. Es geht aber in beide Richtungen: Wir alle haben schon einmal am Wochenende gearbeitet, abends oder im Urlaub eine E-Mail beantwortet – genauso, wie wir am Arbeitsplatz online etwas bestellen oder zum Sport gehen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Die Trennung hört auf und wir bauen Ökosysteme. Arbeitgeber müssen wissen, wie das Ökosystem – von dem er ja ein Teil ist – ein besonders Attraktives wird: Mit wem muss er sich zusammentun? Das könnte ein tolles Fitnesscenter oder ein gutes Restaurant sein. Es sind Dinge, die das Ökosystem Arbeitsplatz plötzlich aufwerten. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, wenn Arbeitgeber für Talente attraktiv sein möchten.

Mensch und Maschine

Dietmar Dahmen: Es gibt heute zwei Arten von Arbeit: Die eine hat ein vorhersehbares Ergebnis – ich kann sagen, ob es gut oder schlecht ist. Überall dort, wo ich ein vorhersehbares Ergebnis habe ist davon auszugehen: Wenn ich das sagen kann, kann es auch eine Maschine vorhersehen – zum Beispiel durch einen Algorithmus. Das heißt, ich kann sehr leicht ersetzt werden – entweder durch ein Programm oder einen Roboter.

Diese klar strukturierten Jobs werden in Zukunft wahrscheinlich ersetzt werden. Dafür wird es wird plötzlich einen Riesenbedarf an Leuten geben, die das Nicht-Strukturierte können: Das Andere, die Innovation, Dinge, die uns nach vorne bringen. Jeder Arbeitnehmer sollte sich langsam mit der Frage auseinandersetzen: Warum bin ich besser als ein Programm? Was ist es, das ich kann?

„Sicherheit ist das Unsicherste, was es gibt“

Dietmar Dahmen: Früher hatte man einen Job, der war für’s Leben sicher: Ich arbeite in einem Plattenladen. Ich arbeite in einem Videostore. Das ist für’s Leben sicher! Und heute ist es so: Sicherheit ist das Unsicherste, was es gibt und Risikoaversion ist das Risikoreichste, was es gibt. Ich muss also diesen Sprung schaffen. Und üblicherweise ist das, was man besonders gut kann, das was man liebt – seine Leidenschaft. Üblicherweise ist man dann besser als eine Maschine, wenn man auch etwas von seiner Seele gibt. Wenn wir das schlau machen, kann es also sein, dass es viel mehr Menschen gibt, die plötzlich ihrer Leidenschaft freien Lauf lassen können und einen Beruf finden, der wirklich sinnvoll für sie ist und sie nach vorne bringt.

Job fürs Leben? Bitte nicht!

Dietmar Dahmen: Die Zyklen, in denen wir denken, werden immer kürzer. Früher hat man ein Auto besessen, heute boomt Car-Sharing. Bei Jobs ist das genauso. Es kann sehr wohl sein, dass ich nach der Uni einen Job habe, der im Moment für mich genau richtig ist – ich weiß aber ganz genau, dass ich den nicht für immer machen werde.

Früher wurde jungen Menschen oft gesagt: Steig dort ein in dieser Firma und 30 Jahre später bist du dort dann der Chef. Das macht man heute nicht mehr unbedingt. Das Problem ist, wenn sich Firmen auf die neue Situation nicht einstellen. Große Firmen denken oft wie ein Tanker und dann sagen sie zu einem jungen Bewerber – der wie ein Schnellboot denkt: Du hast bei uns eine Pensionsversicherung. Aber der junge Mensch will jetzt, in diesem Moment, einen Vorteil daraus ziehen.

Der Kampf um Talente ist vorbei

Dietmar Dahmen: Für Arbeit gibt es im Englischen zwei Begriffe: Work und Job. Job ist die Mission die man hat, Work ist das, was man tut. Angenommen ein Biologe bekämpft Ebola: Seine Mission – sein Job – ist der Kampf gegen das Virus. „Work“ ist die Arbeit im Labor – zum Beispiel das Tropfen von Blut in eine Petrischale . Der Work-Aspekt wird durch einen Roboter ersetzt, der Job nicht. Die mechanische Arbeit erledigt zwar eine Maschine, aber mein „Ding“ macht die Maschine nicht. Ich kann mich dadurch plötzlich besser erfüllen.

Es gibt also Workers und Talents. Die Worker werden irgendwann durch Roboter ersetzt, die Talents verfügen über spezielle Fähigkeiten. Es gibt auf Englisch diesen Spruch: The War for Work is over – Work lost. The War for Talent is over – Talent won. Das heißt, der Kampf um das Talent ist vorbei, das Talent sucht sich den Job nämlich aus. Der Markt hat sich einfach gedreht. Plötzlich ist die Firma kein Anbieter mehr, sondern der Arbeitnehmer ist wie ein Kunde: Was kann ich für dich tun, damit du meine Firma gut findest? Dann passiert es plötzlich, dass Dinge, die bei Kundenbeziehungen wichtig sind, im Arbeitsmarkt wichtig werden: Ist die Marke cool? Wenn ich von meinem Job bei einem Arbeitgeber erzähle – ist das cool oder uncool? Wir fangen an, Arbeit zu konsumieren und Arbeitgeber als Marke zu betrachten. Und die Marke muss mich upgraden. Jeder muss sagen: Du arbeitest bei XY? Boah geil!

Dieser Blogbeitrag entstand im Zuge einer Kooperation mit karriere.at.

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