Die Gründer des Wiener Diabetes-Start-ups mySugr, Frank Westermann, Gerald Stangl, Fredrik Debong und Michael Forisch (v.li.)
Die Gründer des Wiener Diabetes-Start-ups mySugr, Frank Westermann, Gerald Stangl, Fredrik Debong und Michael Forisch (v.li.)
© mySugr

Interview

mySugr nach Roche-Deal: "Jetzt Geld für neue Technologien"

Das Wiener Start-up mySugr wurde vor wenigen Tagen vom Schweizer Pharmakonzern Roche übernommen. mySugr widmet sich seit 2012 der Rundumversorgung von Menschen mit Diabetes. Seine Apps werden heute von einer Million Menschen genutzt und sind in 52 Ländern sowie in 13 Sprachen verfügbar. Für die vier Gründer, Fredrik Debong, Gerald Stangl, Michael Forisch und Frank Westermann (CEO) ist der Deal mit Roche ein großer Erfolg. Sie haben der futurezone schriftlich ein paar Fragen beantwortet:

futurezone: Wie gestaltete sich der vergangene Freitag im mySugr-Büro?
mySugr-Gründer: Der entscheidende Notartermin war bereits für Donnerstag angesetzt und unser Team wurde noch am selben Tag informiert. Alle haben jedoch bereits seit Monaten gewusst, dass eine große Finanzierung ansteht und dass Donnerstag kein Tag wie jeder andere wird. Wir Gründer haben vor der versammelten Mannschaft eine kurze Präsentation darüber gehalten, warum wir uns für diesen Schritt entschieden haben, wer involviert war und vor allem wie die Zukunft von mySugr aussehen wird.

Das Büro des Wiener Diabetes-Start-ups mySugr

Wie wurde die Übernahme-Neuigkeit vom Team aufgenommen?
Das ganze Team hat nach der Präsentation fast zwei Stunden lang Fragen gestellt und war sehr engagiert und konstruktiv. Insgesamt haben die positiven Reaktionen des Teams unsere Erwartungen sogar übertroffen. Wir sind extrem stolz, so fantastische Menschen bei mySugr zu haben. Am Abend haben wir dann natürlich auch ein wenig gefeiert.

Wie profitiert mySugr von der Übernahme?
Durch den neuen Eigentümer haben wir mehr Ressourcen, um die Potenziale neuer Technologien auszuloten. Die Schlagworte dazu sind CGM (kontinuierliche Blutzuckermessung), Big Data, künstliche Intelligenz und mehr. Jedes Thema ist so spannend, dass es kaum jemand im Team noch erwarten kann damit loszulegen. Unser langfristiges Produktziel ist, dass die gesamte Diabetestherapie keine Aufmerksamkeit mehr frisst – sie soll für Diabetiker völlig autonom im Hintergrund arbeiten. Mit Roche im Rücken lässt sich so ein großes Ziel stemmen.

Die Gründer des Wiener Diabetes-Start-ups mySugr, Fredrik Debong, Gerald Stangl, Michael Forisch und Frank Westermann

Werden neue Arbeitsplätze geschaffen?
Ja. Wir können uns jetzt in Wien noch mehr Hilfe holen und nach Menschen suchen, die diese Themen interessieren. Wir werden in den nächsten zwei Jahren rund 150 zusätzliche Mitarbeiter einstellen.

Was erwartet sich Roche von mySugr?
Roche hat sich vor einigen Jahren der personalisierten Medizin verschrieben. Das Ziel für Roche Diabetes Care ist, Mehrwert für die Nutzer (User Experience) zu schaffen und die Therapiequalität zu verbessern. mySugr bringt hier ein bewährtes Konzept und wichtiges Know-how mit an Bord. Gemeinsam möchten wir die Kosten für Versicherungen weiter senken und gleichzeitig die Lebensqualität für Menschen mit Diabetes verbessern.

Hatten die mySugr-Gründer schon immer einen "Exit" - also den Verkauf - vor Augen?
Wir haben mySugr gegründet, um Probleme in der Diabetestherapie zu lösen. Speziell die Mitgründer Frank und Fredrik - beide selbst Diabetiker - spürten die Probleme am eigenen Leib. Wir haben damals natürlich gehofft, irgendwann auch davon leben zu können. Damit mySugr sinnvoll wachsen kann, war schnell klar, dass wir Kapital von außen brauchen. Zunächst in Form von Förderungen, später holten wir Business Angel Hansi Hansmann an Bord und anschließend schlossen wir eine Series-A-Runde mit Roche Ventures, iSeed und XLHealth ab. Für europäische Verhältnisse waren diese Investments durchaus sehenswert. Unsere amerikanischen Mitbewerber bewegen sich jedoch in ganz anderen finanziellen Sphären. Es zeichnete sich ab, dass wir unseren Vorsprung nur mit zusätzlichem Kapital weiter ausbauen können.

Die Gründer des Wiener Diabetes-Start-ups mySugr, Fredrik Debong, Gerald Stangl, Michael Forisch und Frank Westermann

Das zusätzliche Kapital war nur durch einen Verkauf zu erlangen?
Wir Gründer haben uns viel Zeit genommen, um eine gute Entscheidung für unsere Mitarbeiter, Kunden und für den Standort Wien zu finden. Ein Verkauf an Roche war für uns eindeutig die nachhaltigste Entscheidung. In einem offenen Brief haben wir unsere Beweggründe genauer erläutert.

Steigt jemand aus dem Gründungsteam jetzt aus und probiert etwas anderes?
Für mySugr startet jetzt ein neues Kapitel. Alle Gründer und das gesamte Management-Team bleiben natürlich Board und treiben mySugr mit voller Leidenschaft weiter voran. Wir freuen uns auf die neuen Herausforderungen!

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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