Borkenkäferbefall

Borkenkäferbefall

© APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand/futurezone

Science

Kranke Wälder: Künstliche Intelligenz gegen Borkenkäferbefall

Unsere Wälder sind stark vom Klimawandel betroffen. Hohe Temperaturen, Trockenheit und sich häufende Stürme können diese Ökosysteme aus der Bahn werfen. Aktuell bangt unter anderem Tirol um seine durch starke Stürme beschädigten Wälder. Die Schäden belaufen sich auf 30 Millionen Euro. Da der Klimawandel und seine Auswirkungen den Wald schwächen, droht nun aufgrund der hohen Menge an Schadholz auch ein Borkenkäferbefall – ein ernsthaftes Problem. 

Denn wird der nicht rechtzeitig bekämpft, vergrößert sich der Schaden enorm. Die Käfer fressen Gänge in die Baumstämme, wodurch verhindert wird, dass der Zucker aus den Nadeln die Wurzeln erreicht. Dadurch können sie kein Wasser mehr aufnehmen – die Bäume sterben ab. 

Fakten

Die neue EU-Waldstrategie zielt auf den Schutz und die Wiederherstellung der Wälder sowie die Sicherung klimaresilienter Waldökosysteme ab. Das Projekt AIDForHeRi wird mit technologischen Entwicklungen zu einer klimafitten Waldbewirtschaftung beitragen.

Die Waldstrategie ist Teil des Green Deals, der übergeordneten Rahmenstrategie der EU zur Erreichung einer nachhaltigen EU-Wirtschaft.

40 Prozent aller gemeldeten Waldschäden in Österreich entstehen durch Borkenkäferbefall – derzeit die wichtigste Ursache für Waldschäden.

Befall vorhersagen

In Zukunft könnten sich Waldbedrohungen wie diese mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) vorhersagen lassen. Im Rahmen des Projekts AIDForHeRi, das von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützt wird, entwickelt das Unternehmen Beetle For Tech gemeinsam mit Geosphere Austria und Joanneum Research ein datenbasiertes Werkzeug für Fichten- und Kiefernwälder.

„Das System zur Detektion von Waldschäden basiert auf klassischen Methoden des maschinellen Lernens. Als Datengrundlage dienen optische Satellitenbilder, die alle 5 Tage aufgenommen werden“, sagt Martin Puhm von Joanneum Research der futurezone. Die Bilder stammen aus der Sentinel-2-Mission der Europäische Weltraumorganisation ESA. 

Rotfärbung wesentlich

„Ein Bildpixel entspricht dabei am Boden einer Fläche von 10x10 Meter, das heißt, einzelne Bäume können nicht unterschieden werden. Zuerst lernt das System anhand von historischen Daten, wie sich gesunder Wald in den verschiedenen aufgenommenen Spektralbereichen über den Jahresverlauf verhält. Nach dieser Lernphase, die für jedes Bildpixel durchgeführt wird, können abnormale Entwicklungen detektiert werden“, ergänzt Puhm.

➤ Mehr lesen: Gesunder Wald als Klimaretter: Worauf es jetzt ankommt

Ein Borkenkäferbefall werde auf der Karte dann angezeigt, wenn ein Baum beginnt, abzusterben und die Nadeln sich nach und nach rot verfärben und austrocknen. „Diese Rotverfärbung und die Änderung des Feuchtigkeitsgehalts sind die für eine erfolgreiche Detektion entscheidenden Informationen, die in den verwendeten Daten enthalten sind.“ Üblicherweise werde versucht, befallene Bäume möglichst schnell aus dem Wald zu entfernen, bevor eine neue Generation Käfer ausschwärmt. Dazu sei laut Puhm nach wie vor die Arbeit der Förster*innen vor Ort unersetzlich.

„Frühanzeichen an vereinzelten Bäumen sind in den großflächig und hochautomatisiert auswertbaren Satellitenbildern leider nicht sichtbar. Wenn jedoch größere Ausbrüche auftreten, kann mit unserem Überwachungssystem das Ausmaß flächendeckend und relativ zeitnah bestimmt werden, wodurch die regionale Koordination von Maßnahmen, z. B. durch die Forstbehörden, unterstützt werden kann“, sagt er. 

Abgestorbene Fichten durch Borkenkäfer im Nationalpark Harz 

Erhöhtes Schadrisiko

Zusätzlich will das Forschungsteam das Schadrisiko eines Waldes bestimmen. „Bei der Risikoprognose soll ein KI-System getestet werden, aber auch klassischere Methoden. Der Gedanke ist, verschiedene Parameter wie Hang- und Höhenlage, Wetter sowie bereits kartierten Borkenkäferbefall oder Schäden wie Sturmwürfe zusammenzuführen“, erzählt der Joanneum-Research-Forscher Andreas Wimmer.

Idealerweise sollte das System Muster erkennen, die zu höherem Risiko führen. „Für kurzfristige Vorhersagen können aktuelle Wetterdaten integriert werden, längerfristige Vorhersagen müssen sich auf unveränderliche Parameter stützen. Uns erscheinen kurzfristige Vorhersagen zur Abgrenzung lokaler Risiko-Hot-Spots relevanter und darauf konzentrieren sich auch die Arbeiten im Projekt“, so Wimmer. 

Generalisierbarkeit

Generell diene AIDForHeRi vorerst dazu, Erkenntnisse aus früheren Arbeiten mit neuen Ansätzen und Technologien zu verknüpfen und Potenziale abzuschätzen. Dazu wurden laut Wimmer Versuche in den Testgebieten Allentsteig (NÖ) und Mölltal (K) durchgeführt, in denen es erhöhte Borkenkäferaktivität gab bzw. gibt.

In den Testgebieten kann untersucht werden, ob ein Risikomodell lokal plausible Ergebnisse geliefert hätte. „Hier befinden wir uns in der Evaluierungsphase. Ebenfalls gilt es noch zu prüfen, ob das Risikomodell eines Gebietes auf andere übertragbar ist, man spricht hier von Generalisierbarkeit.“ 

Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).

Künftige Verteilung der Artenvielfalt erkennen

Der fortschreitende Klimawandel ist eine Bedrohung für die Artenvielfalt. Um katastrophale Folgen zu vermeiden, kann der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Vorhersage der Lebensraumeignung dienen.
Normalerweise wird dieser Prozess von Ökolog*innen und Umweltwissenschaftler*innen durchgeführt.

Dabei wird die Wahrscheinlichkeit des Überlebens und Gedeihens einer Spezies in einem bestimmten Lebensraum auf Basis verschiedener Faktoren – etwa die Verfügbarkeit von Nahrung und Wasser oder die Eignung des Klimas – beurteilt. Mit dem Einsatz von KI kann diese Prognose künftig aber um ein Vielfaches verbessert werden. 

Klimaszenarien

Mithilfe KI-gestützter Programme können Umweltdaten analysiert und die potenzielle Verteilung der Arten als Reaktion auf den Klimawandel vorhergesagt werden. Mit dieser Methode können Gebiete, die für verschiedene Arten geeignet sind, effizient identifiziert werden.

KI-Algorithmen werden mit riesigen Datenmengen zu Artenvorkommen und Umweltvariablen gefüttert. Sie können trainiert werden, Muster zu erkennen und Vorhersagen darüber zu treffen, wo Arten unter verschiedenen Klimaszenarien wahrscheinlich aufblühen werden.

Artenverteilung

Durch die Simulation verschiedener Klimaszenarien können Vorhersagen getroffen werden, wie sich die Artenverteilung in Zukunft ändern könnte. Auch könnten Arten identifiziert werden, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihren Lebensraum verlieren. Mit diesem Wissen können folglich wirksame Schutzstrategien und die Abmilderung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt abgeleitet werden. 

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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